Gedenkworte der Landesvorsitzenden zur Gedenkveranstaltung am 7. April 2018 im Jonastal

15. April 2018

Liebe Teilnehmer des heutigen Gedenkens, anlässlich 73. Jahrestages der Befreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers SIII,

Heute vor 73 Jahren befanden sich die Häftlinge der Lager aus Ohrdruf, Crawinkel und Espenfeld auf dem Marsch ins Hauptlager Buchenwald.
Viele von ihnen haben es nicht geschafft, wurden auf dem Marsch erschlagen, erschossen und liegen gelassen am Wegesrand.
Die entkräfteten, aber lebenden Häftlinge, erlebten am 11. April die Selbstbefreiung und leisteten am 19. April 1945 auf dem Appellplatz den Schwur der 21.000 Überlebenden, der seit einiger Zeit unerträglichen Angriffen ausgesetzt ist und der zugleich verfälscht und falsch interpretiert wird.

Jegliche Diskreditierung dieses Schwurs ist eine 21.000-fache Beleidigung der Überlebenden und zugleich eine Schändung der 56.000 Opfer von Buchenwald.
Die „Deklaration“ ist als Schwur von Buchenwald in die Geschichte eingegangen und sehr viele, die von den deutschen Faschisten in Gefängnissen, Zuchthäusern, KZ`s gemartert wurden, die Zwangsarbeit leisteten, die emigrieren mussten, die der Verfolgung ausgesetzt waren, die in Spanien oder in den alliierten Streitkräften gegen die Nazis gekämpft hatten, machten sich die Grundaussagen dieses Schwurs zu eigen und sie lebten dafür, dass er eines Tages Wirklichkeit werde.
Der Schwur von Buchenwald wurde zum Fanal des Neuanfangs und wirkte auf nachfolgende Generationen.

Die von hoher politischer Verantwortung getragene Aussage, dass der Kampf erst einzustellen sei, wenn „auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völkern steht“, dass „die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln unsere Losung (ist)“ und der „Aufbau neuen Welt des Friedens und der Freiheit (…) unser Ziel“ ist so beschworen worden. Das befreite Aufatmen nach 12 bitteren Jahren Faschismus war alternativlos und es gibt bis heute nichts Vernünftigeres als eine Welt ohne Faschismus und Krieg.
Da weder der Faschismus vernichtet, noch der Frieden gesichert ist, besitzt der Schwur höchste Aktualität.
Deshalb haben die Überlebenden im April 2017 in Buchenwald ihr Vermächtnis in die Hände nachfolgender Generationen gegeben und sind überzeugt, dass das Richtige getan wird, um die Gedanken des Schwurs Wirklichkeit werden zu lassen.

Günter Pappenheim, Vizepräsident des IKBD und Vorsitzender der LAG Buchenwald sagt dazu:

Aus Erfahrung wissen wir, dass der zu gehende Weg steinig ist. Mit der Zuversicht, dass Vernunft sich durchsetzen wird, lohnt es sich, den Weg zu gehen.
Jene, die heute in bequemen Sesseln an hessischen Verfassungsschutzschreibtischen Steuergelder vergeuden und es unternehmen pseudowissenschaftlich zu begründen, dass der Schwur von Buchenwald die „kommunistische Faschismustheorie“ stütze und damit die Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Frage stellt, sei ins Stammbuch geschrieben: sie sind folgsame Schüler ihrer Lehrer geworden, jener, die uns einsperrten und folterten. Nach unserer Befreiung taten sie eine Zeit lang, als hätten sie von nichts gewusst. Nach dem sie sich unter den Schwingen des Bundesadlers sicher fühlten, bekleideten sie wieder ihre Ämter.
Da könnte man genügend Beispiele anführen.
Heute reiben sich manche die Augen über Anmaßungen der AfD in den Landesparlamenten und im Bundestag. Geflissentlich wird übersehen, dass die Führenden bereits in der CDU dienten. Gaulands Gaunerstück als Staatssekretär und Chef der hessischen Staatskanzlei ist doch nicht vergessen.

Wer mehr darüber wissen will, kann ja bei Wikipedia „Gauland“ nachschlagen.

Seit 1964 gibt es in der Bundesrepublik eine mit Steuergeldern finanzierte neofaschistische und – gerichtsnotorisch festgestellt – verfassungsfeindliche NPD, die zu verbieten und ihr die Legalität zu nehmen, politisch nicht gewollt ist.
Inzwischen sind funktionierende Ersatzorganisationen entstanden, wie die Identitären. Sie sind ungehindert die Fußtruppen der AfD geworden.
Eine gefährliche, zum Teil bewaffnete sogenannte Reichsbürgerbewegung wird seit Jahren geduldet.
Hass, Aufrufe zu Gewalt kursieren im Internet. Juden, vermeintliche Ausländer und andere zum Feindbild zu erklären, Muslime als „abstoßendes, hinterhältiges Menschenmaterial“, Migranten als „Ungeziefer“ zu bezeichnen, bleibt nahezu folgenlos.

Da hätte, meiner Meinung nach, der Verfassungsschutz sein Betätigungsfeld, und nicht in der Bespitzelung von Antifaschistinnen, Antifaschisten und FriedenskämpferInnen, wie im Falle von Silvia Gingold, die „verfassungsfeindliche“ Lesungen aus den Erinnerungen ihres Vaters Peter Gingold macht, und ihr damit unterstellt wird, wörtlich:
„… das sie und die VVN-BdA sich positiv auf den Schwur von Buchenwald bezögen. Wer sich aber auf den Schwur von Buchenwald beruft, lehne die „Freiheitlich-Demokratische Grundordnung“ ab.“
Wir fordern die Bundesregierung und die Landesregierungen und die für die Verfassungsschutzämter Zuständigen auf:

Nehmen Sie den Angriff auf das konstituierende Dokument für Frieden, Freiheit und Demokratie zurück! Hören Sie auf diejenigen zu bespitzeln, die – wie Silvia Gingold – dieses Dokument verteidigen und seine Verwirklichung zu ihrer ureigenen Sache machen.

Dazu zähle ich mich auch, da ich in Gesprächen mit jungen Leuten, bei Führungen in Buchenwald, bei Veranstaltungen usw. den Schwur verlese und darüber spreche, das habe ich von meinem Vater übernommen, der Buchenwald überlebt hat.

So sehe ich die Verbindung des Schwurs von Buchenwald und die Friedensbewegung, wie den Ostermarsch am vergangenen Samstag in Ordruf denn

… die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.
Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
Das sind wir unseren Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.

Das ist unser gemeinsames Anliegen, unabhängig von politischen Ansichten, für eine Welt des Friedens zu kämpfen.

Wir vertreten den Gedanken einer europäischen Friedensordnung und wenden uns gegen jede Art von Nationalismus.

Für eine Welt des Friedens und der Freiheit getreu dem Schwur von Buchenwald!

Danke für eure Aufmerksamkeit.


Foto: Klaus-Ulrich Hubert


Foto: Klaus-Ulrich Hubert