Schuldumkehr im Stadtmuseum Kahla
29. September 2022
Autorin: Anna Maddouch (BG Jena)
Die Basisgruppe Jena hatte sich für dieses Jahr vorgenommen, Referenten*innen zu verschiedenen Themen einzuladen. Am 14. Juni stand ein Vortrag über den Walpersberg bei Kahla und eine Führung vor Ort mit einer Besichtigung des dortigen Stadtmuseums an. Die Veranstaltung wurde vom Förderverein Mahn- und Gedenkstätte e.V. unter Frau Steffi Brion durchgeführt.
Neben Informationen zu dem Walpersberg und der REMAG im Stadtmuseum Kahla, wurde der Mord eines belgischen Inhaftierten zu „seiner“ eigenen Schuld umgedeutet.
„Der Häftling hätte sich, wie jede andere Person anstellen sollen bei der Essensausage. Er habe sich jedoch das Recht herausgenommen und sich vorgedrängelt, indem er, vorbei an den anderen durch den Hintereingang der Essensbaracke den Weg nehmen wollte. Es wäre zu einem Streit gekommen mit einem Aufseher. Dieser hat den Inhaftierten erschossen.“
„Hätte er gewartet, wie alle anderen auch, dann wäre er nicht erschossen worden.“
Frau Brion wurde sofort auf die Schuldumkehr hingewiesen. Sie reagierte jedoch ausweichend und behielt ihren Standpunkt. In dem Kontext äußerte sie, dass die NS-Zeit nicht nur, schwarz und weiß wäre, sondern aus vielen Grautönen bestehen würde.
Aus „falschem“ Anstand blieb die Gruppe bis zum Ende ihres Rundgangs. Im Vorfeld wurde eine Besichtigung des Walpersberg im Herbst mit Frau Brion geplant, welche wir nicht umsetzten werden.
Die Führung durch eine Ausstellung der NS-Zeit ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Wenn diese mit Täter-Opfer-Umkehr in Bezug auf die Opfer durchgeführt wird, ist es nicht verwunderlich, dass der Nährboden sich für Geschichtsrevisionismus weiter ausbreitet. Zukünftig werden wir solchen Personen keine Plattform mehr bieten.
Der nächste Vortrag wird am 10. Oktober um 18 Uhr an der Universität Jena im Rahmen der Alternativen Orientierungstage stattfinden. Der Journalist Frank Döbert wird über Carl Zeiss während des Nationalsozialismus sprechen.