Und sonntags wird die Stadt geputzt
8. Januar 2023
Leider ist es fast schon eine Alltäglichkeit, dass Nazis in Eisenach scheinbar ungestört ihre Botschaften an Wänden verteilen. Jüngst beschmierte die braune Brut die letzte Wohnstätte des Widerstandskämpfers Heinrich Zieger in der Frankfurter Straße. Kamerad:innen der Basisgruppe Eisenach machten sich am Vormittag des 8. Januar auf den Weg, diesen kleinen Ort des Gedenkens wieder seine Würde zurück zu geben.
Habt Dank für Euer Engagement ❤️
Wer war Heinrich Zieger?
Als Sohn eines Arbeiters wurde Heinrich Zieger am 24. Februar 1900 in Eisenach geboren. Er wuchs in Armut auf und besuchte die Volksschule nur bis zum 14. Lebensjahr. Trotz seiner sehr guten Zeugnisnoten, musste er früh damit beginnen zur Unterstützung der Familie einer Arbeit nachzugehen. Als ungelernter Arbeiter war er in den Hörselwerken angestellt, einem auf die Produktion von Zollstöcken spezialisierten Unternehmen. Dort war er bis zu seinem Tode beschäftigt.
Als er in das Berufsleben trat, begann der 1. Weltkrieg. Heinrich Zieger erfuhr in dieser Zeit, was kapitalistische Produktionsverhältnisse in Form von Lohndruck und Arbeitshetze bedeuten. Die Kriegsjahre wurden für Ziegler damit harte, aber auch prägende Jahre. Er begann, sich nach der Arbeit den Schriften der großen Theoretiker wie Marx, Engels und Lenin zu widmen. Er wurde Mitglied in der Gewerkschaft und trat schließlich 1920 auch der KPD bei.
In den Hörselwerken wählte man ihn 1925 zum Betriebsratsvorsitzenden. 1928 wurde er Organisationsleiter im Unterbezirk der KPD in Eisenach. Außerdem gehörte Heinrich Zieger zu den Gründern des Rot-Front-Kämpferbundes in Eisenach. Es gelang ihm und seinen Mitstreitern, diesen auch während der Verbotszeit einsatzfähig zu halten.
Ende 1932 wurde Heinrich Zieger Stadtverordneter. Die Partei berief ihn zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. In dieser Funktion erwarb er sich hohes Ansehen. Es heißt, dass seine Argumente überzeugend waren und er stets sachlich blieb, selbst wenn seine Gegner unsachlich wurden.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten gehörte er der Führung der illegalen KPD-Ortsgruppe Eisenach an. Doch das entging leider den Faschisten nicht. Nach einer kurzzeitigen Festnahme im März 1933 wurde Heinrich Zieger am 26. Oktober 1933 erneut verhaftet. Diesmal musste er wochenlange Verhöre und Folterungen im Eisenacher Bezirksgefängnis über sich ergehen lassen. Irgendwann waren seine Kräfte und sein Wille aufgebraucht. Noch hatte er keinen Namen verraten, keine Struktur preisgegeben. Aber die Angst schwach zu werden, zum Verräter zu werden, wuchs. Er wählte in der Nacht vom 28. zum 29. Dezember 1933 die letzte verbliebene Möglichkeit sich den Schergen zu entziehen und setzte seinem Leben selbst ein Ende.
In Eisenach ist er unvergessen. Heute erinnert im Südviertel eine Straße an ihn
und seit 2014 befindet sich hier vor seinem letzten Wohnsitz in der Frankfurter
Straße 104 ein Stolperstein.