Gedenkworte von Elke Pudszuhn anlässlich des 72. Jahrestages der Ermordung von 20 polnischen Männern bei Poppenhausen

14. Mai 2014

Gehalten auf der Gedenkveranstaltung am 11. Mai 2014 bei Poppenhausen.

Als „Abschreckungsmaßnahme“ für die Tötung eines Bewachers durch zwei polnische Zwangsarbeiter, Nikolaus Studnik gelang offentsichtlich die Flucht, während Jan Sowka in Bamberg gefasst wurde, wurden 19 Häftlinge des KZ Buchenwald zur Massenhinrichtung durch Erhängen hierher gebracht.

Für den 11. Mai 1942 informierte der Landrat von Hildburghausen seine Kollegen in Arnstadt über die bevorstehende Massenhinrichtung.

Im Orginaltext des Landrates heißt es:

„Die Vollstreckung des Urteils an Sowka und weiteren 20 Polen findet am Montag, den 11. Mai 1942, gegen 11 Uhr vormittags an der Mordstelle, im Wald zwischen Poppenhausen und Einöd statt… Es sollen nach Möglichkeit alle Polen aus dem Kreis Hildburghausen und aus den angrenzenden Gemeiden der benachbarten Kreise als Zuschauer anwesend sein. Diese Polen müssen bis 10 Uhr vormittags am Exekutionsort eintreffen. Die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen. Ukrainer dürfen nicht erscheinen. An der Exekution sollen auch die Herren Landräte, die Kreisleiter sowie sonstige Vertreter von Partei und Staat aus den angrenzenden Gemeinden teilnehmen und zwar recht zahlreich.“

Seit über 40 Jahren gibt es hier diesen Gedenkstein, der an das Verbrechen erinnert.
20 ist eine Zahl, aber bei dieser Zahl handelt es sich um Menschen, denen ihr junges Leben unschuldig genommen wurde. Bis 1989/90, solange es Grenzbereich war, war das jährliche Gedenken für die Öffentlichkeit schwierig, trotzdem wurde es nicht vergessen.
Es ist besonders Bernd Ahnicke zu verdanken, der sich auf die Suche nach den Namen und deren Angehörigen gemacht hat. Unterstützt wurde die Recherche durch Schüler der Regelschule in Bad Colberg-Heldburg und einer Schule in Kolno mit ihrer engagierten Lehrerin Frau Urszula Banach und ihrem Ehemann Robert.
Frau Urszula Banach hat mit Hilfe der Sterbeurkunden von Poppenhausen nach den Hinterbliebenen gesucht, die bis dahin keinerlei Nachricht über den Verbleib ihrer Angehörigen nach der Deportation nach Deutschland erhalten hatten.
Ihr ist es zu verdanken, das der Kontakt zu Familienangehörigen hergestellt werden konnte.

Zum Beispiel ein Schicksal: Bronislaw Pokorski

Im Totenbuch des KZ Buchenwald steht dazu: Bronislaw Pokorski, geboren am 17.10.1909 in Czeskow/Lask, ermordet am 11.5.1942 in Poppenhausen, Häftlingsnummer: 1668
Seine Ehefrau Zofia Pokorska, ist heute 97 Jahre alt und sie hat einen Sohn.
Bronislaw war damals 33 Jahre alt.

Nikodom Zawadzki war 19, Jan Jaros 21 Jahre und Stanislaus Kaprzyk 22 Jahre alt.

Es hat lange gedauert, aber heute werden aus den Zahlen Namen und besser wie Julius Fucik kann ich es nicht in Worte fassen.

Julius Fucik, tschechischer Journalist und Widerstandskämpfer, hat vor seiner Hinrichtung am 8. September 1943 in seiner Zelle folgende Zeilen in seinem Buch „Reportage unter dem Strang“ geschrieben, die heute noch aktuell sind:

„…um eins bitte ich: Ihr, die ihr diese Zeit überlebt, vergesst nicht.
Vergesst die Guten nicht und nicht die Schlechten.
Sammelt geduldig die Zeugnisse über die Gefallenen.
Eines Tages wird das Heute Vergangenheit sein, wird man von der großen Zeit und von den namenlosen Helden sprechen, die Geschichte gemacht haben.
Ich möchte, dass man weiß, dass es keine namenlosen Helden gegeben hat…
dass es Menschen waren, die ihren Namen, ihr Gesicht, ihre Sehnsucht und ihre Hoffnungen hatten,
und das deshalb der Schmerz auch des Letzten unter ihnen nicht kleiner war, als der Schmerz des Ersten, dessen Name erhalten bleibt.
Ich möchte, dass sie alle euch immer nahe bleiben,
wie Bekannte, wie Verwandte, wie ihr selbst.“