Bericht von der Antifa – Bildungsreise nach Norddeutschland (30.05. – 02.06.2013)
10. Juni 2013
Für den Thüringer Verband der VVN/Bund der Antifaschisten war es die 21. Fahrt zu Orten des antifaschistischen Widerstandes und den Greul des Faschismus. Für uns war es die erste Tour, doch bestimmt nicht die letzte.
Mit dem Bus, bestens gesteuert von Achim, war der erste Haltepunkt in der Gedenkstätte Esterwegen im Emsland. Bekannt wurde es durch das Lied der Moorsoldaten und Carl von Ossietzky, dessen Gesundheit hier 1934 brutal ruiniert wurde. Bei der Führung durch das ehemalige Lager mit wechselvoller Geschichte wurde uns klar, dass in der BRD erst in den 1990-iger Jahren ein teilweises Umdenken in Bezug auf das Dritte Reich stattfand. Hier mussten viele Widerstände durch die Antifaschisten überwunden werden, bis es zur Neugestaltung des ehemaligen Lagers am Rande des Moors gekommen ist.
Durch Fietje Ausländer, unseren Betreuer während des Besuches, wurden alle unsere Fragen zur Geschichte des Lagers gründlich beantwortet. Weiter ging es per Bus nach Buchholz in der Nordheide. Unsere Unterkunft für die Tage in Norddeutschland war das Wohn- und Ferienheim Heideruh e. V. (www.heideruh.de, info@heideruh.de) romantisch im Wald versteckt. Achim, der Busfahrer, lieferte hier ein Meisterstück seiner Fahrkunst ab. Da wir deutlich verspätet ankamen, hatte der Koch mächtig zu kämpfen, dass das Abendbrot in guter Qualität bei den Gästen ankam. Er hat es geschafft. Mir persönlich schmeckte es sehr gut, obwohl ich kein Fan von Spinat bin. Wieder ein Vorurteil weniger. Am Freitag brachte uns der Bus nach Bergen – Belsen. Ein Lager der unendlichen Qualen, die politische Häftlinge, Kriegsgefangene, Juden, Deserteure und viele andere Opfergruppen erleiden mussten. Den größten Blutzoll mussten die sowjetischen Kriegsgefangenen erbringen, die man vielfach bewusst verhungern ließ. 20 000 Tote Rotarmisten liegen auf dem lagereigenen Friedhof. Viele unbestattete Leichen fanden englische Soldaten bei der Befreiung des Lagers vor. Erschreckend war, dass der Friedhof viele Jahre zu einem Truppenübungsplatz der Engländer gehörte und Panzer die Totenruhe störten. Heute erinnerte ein schlichtes Ehrenmal an die Opfer. Auch hier, wie in Esterwegen legte die Gruppe ein Blumengebinde nieder und verharrte eine Minuten im schweigenden Gedenken. Nur wenig erinnerte noch an das Lager. Die modern gestaltete Erinnerungsstätte ließ viele Zeitzeugen dank moderner Technik zu Wort kommen. Erschüttert verließen wir Bergen – Belsen und dankten unserer dortigen Begleiterin Elke von Meding von der Arbeitsgemeinschaft Bergen-Belsen e.V. von ganzem Herzen für die informative Führung. Die anschließende Fahrt durch die Heide mit 2 PS machte allen viel Freude. Am Abend erläuterte die Chefin des Ferienheimes Bea uns die wechselvolle Geschichte des Objektes „Heideruh“, die vielen Schwierigkeiten, die die engagierten Antifaschisten seit 1945 dort überwinden mussten und weiter müssen. Hut ab vor so einer Einsatzbereitschaft. Wer in der Heide einmal Urlaub machen will, dem ist „Heideruh“ zu empfehlen. Urlaub unter Gleichgesinnten ist doppelt schön. In Bremen besuchten wir am nächsten Tag das Außenkommando des KZ Neuengamme am „Schützenhof“ und Orte der Deportation von jüdischen Mitbürgern in die Vernichtungslager der Faschisten im Ortsteil Gröplingen. Mit Raimund Gaebelein von der VVN Bremen stand uns ein „schnelllaufendes Lexikon der Stadt Bremen“ zur Verfügung. Dank auch ihm. Abends wurden Projekte der anwesenden Kameraden vorgestellt und zu Gitarrenklängen wie jeden Abend Volks- und Kampflieder gesungen. Am Sonntag verabschiedeten uns die Heideruher unter den Klängen von „Venceremos“. Etwas Wehmut lag über der Szene. Nach 1700 Fahrtkilometern kam Erfurt in Sicht. Eine interessante und tolle Reise war zu ende. Danken möchten wir allen Beteiligten und besonders der rührigen Elke Pudszuhn. Im nächsten Jahr soll Achim den Bus zu Karl Marx fahren. Es wird bestimmt wieder ein Erlebnis. Wer dabei sein will, meldet sich einfach in der Geschäftsstelle.