Nachruf Heinz Koch

4. Januar 2016

Thüringer Antifaschist Heinz Koch (09.10.1929 – 01.01.2016) im Alter von 86 Jahren verstorben.

Wir müssen Abschied nehmen von Heinz Koch, unser langjähriges verdienstvolles Mitglied des Landesvorstandes des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten.
Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt seiner Ehefrau Inge, seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln.
Ihnen wandte er stets große Aufmerksamkeit zu und nahm regen Anteil an ihrer lebensbejahenden Entwicklung.

Als Kind und Jugendlicher hatte er die Wirklichkeit faschistischer Herrschaft erleben müssen. Durch Gespräche und Kontakte zu ehemaligen Häftlingen des KZ Buchenwald war ihm der „Schwur von Buchenwald“ vom 19. April 1945 „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“ zum Lebensmotto geworden. Sein politisches Wirken war darauf gerichtet, den antifaschistischen Konsens herbeizuführen.

Das Vermächtnis der Buchenwalder und des gesamten antifaschistischen Widerstands für nachfolgende Generationen zu bewahren, empfand er als eine sich ständig erneuernde Aufgabe.
Der unter seiner Leitung veröffentlichte „Heimatgeschichtliche Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945 in Thüringen“, die Publikation „Das deutsche Buchenwaldkomitee 1945-1958“ sowie seine vielfältigen Presseveröffentlichungen ebenso wie seine Forschungen zum antifaschistischen Widerstand sind bleibend, wichtige Beiträge zum Geschichtsverständnis und zur Pflege antifaschistischer Traditionen. Sein Wissen, sein Rat und seine Meinung zu aktuellen Fragen werden uns fehlen.

Als Vertreter des TVVdN/BdA setzte er sich in Weimar gegen Naziumtriebe und andere Formen der Rechtsentwicklung, des Neonazismus und Rassismus ein.

Wir werden Heinz als guten Kameraden, Genossen, Freund in Erinnerung behalten und dessen Andenken bewahren.

Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten
Elke Pudszuhn

Einladung zum antifaschistischen Gedenken in Bechstedt

13. Dezember 2015

Vor 74 Jahren wurden in Bechstedt 11 polnische Zwangsarbeiter aus dem KZ Buchenwald durch deutsche Faschisten im Rahmen einer Vergeltungsmaßnahme ermordet. 1963 wurde an der Hinrichtungsstelle ein Gedenkstein errichtet. Im Mai 1969 erweiterten Kinder des Kinderheimes Bad Blankenburg und polnische Arbeiter den Ort zu einer würdigen Gedenkstätte mit 11 Namenstafeln der Opfer.

Das Schicksal eines polnischen Jugendlichen, der auf dem Transport nach Bechstedt aus Verzweiflung verstarb, war damals noch nicht bekannt. Am 19.12.2015 um 11 Uhr will die Basisgruppe der VVN-BdA Saalfeld – Rudolstadt die Gedenkstätte in Bechstedt (Links aus Richtung Allendorf am Ortseingangsschild führt ein schmaler Plattenweg zur Gedenkstätte) gemeinsam mit den Bürgern und Antifaschisten an diesen Akt der Barbarei erinnern und am Gedenkort eine Gedenkplatte mit dem Namen des 12. Opfer installieren.

Mit „Erinnern, Gedenken, Mahnen“ wollen wir der Geschichtsrevision und der Gefahr von rechts entgegenwirken.
Die Toten, nicht nur die von Bechstedt, mahnen!

Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten- Landesvorstand
Basisgruppe der VVN-BdA Saalfeld – Rudolstadt

Grußwort unserer Landesvorsitzenden an die Delegierten und Gäste der 1. Tagung des 5. Landesparteitages der Partei „Die Linke“ am 14./15. November 2015 in Gotha

22. November 2015

Liebe Genossinnen und Genossen,
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,

da ich aus terminlichen Gründen nicht selbst zu euch sprechen kann, möchte ich euch und allen Genossinnen und Genossen in den Basisgruppen im Namen der Mitglieder des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten für das Engagement danken, dass ihr uns bei allen Aktivitäten entgegen gebracht habt.
Besonders möchte ich hier den Beschluss des Landtages nennen, der den „Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des 2. Weltkrieges in Europa“ zum gesetzlichen Feiertag erklärt hat.
Das Vermächtnis und der Auftrag des 8. Mai gebieten es, die Forderung „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“ in den Mittelpunkt aller politischen Kämpfe zu rücken. Der Schwur der befreiten Häftlinge von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“, das ist der Auftrag, den die vielen Opfer, die für den Tag der Befreiung gebracht werden mussten, uns heute geben und dem wir uns weiterhin verpflichtet fühlen.
Dieses Vermächtnis des 8. Mai 1945 ist heute mehr denn je gefährdet. Der Frieden ist brüchiger denn je. In vielen Ländern der Welt toben Kriege. Während es 1945 hieß: „Nie wieder Krieg vom deutschen Boden!“, sind heute deutsche Waffen und auch wieder deutsches Militär fast überall beteiligt. Die Bereitschaft, „deutsche Interessen“ zur Sicherung von Rohstoffen, Transportwegen, Exportmärkten erneut mit militärischen Mitteln durchzusetzen, ist gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung in Regierung und Bundestag wieder politische Praxis geworden.
Rassismus, Chauvinismus, Antisemitismus und Antiziganismus, Islamfeindlichkeit- alle möglichen Theorien zur Begründung sozialer Ungleichheit und gesellschaftlicher Ausgrenzung haben Konjunktur. Ihre Folgen erleben wir in schrecklicher Deutlichkeit. Wir erleben einen rasanten Aufstieg neofaschistischer und rechtpopulistischer Kräfte in nahezu allen europäischen Ländern. Der Aufstieg geht einher mit vielfältigen Formen der Rehabilitierung faschistischer Kollaborateure und anderer Formen der Geschichtsrevision. Das verlangt unsere entschiedene Gegenwehr. Wir wollen darüber aufklären, warum Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Kriegen, Verfolgung, Umweltkatastrophen und den Verwüstungen der globalen Wirtschaftsordnung, die immer mehr Menschen die Lebensgrundlagen raubt. Die Fluchtursachen muss man benennen, die die deutsche und europäische Politik wesentlich zu verantworten haben.
Die Fluchtursachen von Mitgliedern unseres Verbandes kennen wir. Sie wurden aus Deutschland vertrieben ab 1933 und fanden Asyl in anderen Ländern, viele ihrer Angehörigen kamen in den Vernichtungslagern ums Leben.
Wir wollen über unsere Erfahrungen im Kampf gegen den Faschismus berichten, aufklären und den menschenfeindlichen Parolen widersprechen, die oftmals in der Ideologie des Nationalsozialismus begründet sind.
Wir üben Solidarität, so wie wir sie empfangen haben und sind in Bündnissen für Demokratie, Vielfalt und Mitmenschlichkeit an eurer Seite.

Wir hoffen auf eure Zustimmung, wenn wir fordern:

  • grundsätzliche Abkehr von der Politik der Abschottung,
  • menschenwürdige Aufnahme der Geflüchteten und
  • das Verbot der NPD und aller Nazistrukturen und -umtriebe.

Mit dem Leitantrag habt ihr euch eine gute Grundlage für die politische Arbeit geschaffen und ich hoffe auch weiterhin auf gute Zusammenarbeit.

Ich wünsche dem Landesparteitag einen guten Verlauf.

Mit antifaschistischen Grüßen,
Elke Pudszuhn
Landesvorsitzende des TVVdN/BdA

Aufruf des Bündnisses „Mitmenschlich in Thüringen“

6. November 2015

Bündnis für ein Thüringen der Demokratie, Vielfalt und Mitmenschlichkeit

Krisen, Kriege und Katastrophen verursachen Flucht.

Bedingt durch Krisen, Kriege, Katastrophen und politische Verfolgung sind zurzeit weltweit Millionen Menschen auf der Flucht. Viele Geflüchtete werden aus politischen und religiösen Gründen verfolgt, wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder Ethnie vertrieben oder sind Kriegen und Bürgerkriegen entkommen.

Geflüchtete suchen Schutz.

Die meisten Geflüchteten suchen Schutz im eigenen Land oder finden Zuflucht in den unmittelbar benachbarten Ländern. Ein erheblicher Anteil der nach Europa kommenden Geflüchteten sucht Zuflucht und eine neue Heimat in Deutschland, tausende Menschen davon auch in Thüringen. Es ist kaum zu erwarten, dass sich diese Situation in naher Zukunft ändern wird.

Wir sind weltoffen und menschenfreundlich.

Wir setzen uns dafür ein, Weltoffenheit und Mitmenschlichkeit nicht nur nach außen zu zeigen, sondern auch jeden Tag zu leben. Ein Vierteljahrhundert nach der friedlichen Revolution erinnern wir uns besonders an das mutige Streben nach Demokratie, Meinungsfreiheit und einer offenen Gesellschaft. Dieser Kampf für die Demokratie und Menschenrechte ist uns auch heute noch Verpflichtung. Es ist ein Gebot der Mitmenschlichkeit, den Geflüchteten beizustehen und ihnen zu helfen.

Wir stehen für die Menschenrechte von Geflüchteten und Asylsuchenden ein.

Die Würde des Menschen ist unantastbar und unteilbar. Die Aufnahme von Geflüchteten ist eine humanitäre Notwendigkeit und eine rechtliche Verpflichtung zugleich. Das Recht auf Asyl ergibt sich aus dem christlichen und humanistischen Menschenbild sowie besonders aus den Erfahrungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und ist deshalb Bestandteil des Grundgesetzes. Dies ist Konsens aller Demokratinnen und Demokraten in unserem Land, ebenso wie die Meinungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, das Demonstrationsrecht und die freie Religionsausübung.

Wir schützen das zivilgesellschaftliche Engagement im Sinne des Grundgesetzes.

Zum Schutz der Menschenwürde bedarf es eines handlungsfähigen Staates und einer wehrhaften Demokratie. Die menschenwürdige Aufnahme und Begleitung von Geflüchteten kann nur mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Engagement vieler Menschen gelingen und nicht allein durch politische Maßnahmen bewältigt werden. Wir stellen in Thüringen mit großer Dankbarkeit fest: Es gibt eine Vielzahl ehrenamtlicher Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Verbänden, Sozialpartnern und Religionsgemeinschaften, die Geflüchtete in ihrem Alltag unterstützen. Diese Unterstützung ist ein wertvolles Gut, das hohe gesellschaftliche Anerkennung verdient, geschützt und weiterentwickelt werden muss.

Wir nehmen Ängste ernst.

Die aktuelle Situation löst bei vielen Menschen Verunsicherung und Ängste aus. Wir nehmen diese ernst und stellen uns ihnen. Sie entstehen oftmals auch durch falsche und verkürzte Informationen. Eine Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gegebenheiten und Fakten kann dem entgegenwirken. Mit geeigneten Maßnahmen müssen wir verhindern, dass Verteilungsneid entsteht und gesellschaftlich benachteiligte Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Mit Sorge betrachten wir die erhöhte Anzahl von Übergriffen auf Geflüchtete oder deren Unterkünfte. Für uns ist klar, dass die aktuelle Situation nicht in Menschenfeindlichkeit oder Gewalt enden darf.

Das Grundgesetz bildet die Basis für Aufnahme und Integration.

Wir sehen die Notwendigkeit, dass die Werte unseres Grundgesetzes für alle gelten. Denn das Grundgesetz ist die Basis für das Zusammenleben in unserem Land. Diese gemeinsame Wertebasis ist nicht verhandelbar.

Wir widersprechen menschenfeindlichen Parolen.

Damit Geflüchtete in unserem Land nicht neuen Ängsten ausgesetzt werden und zivilgesellschaftliches Engagement weiter wachsen kann, möchten wir Mut machen, populistischen, rechtsextremen, antisemitischen, islamophoben, antiziganistischen, homophoben und anderen menschenfeindlichen Parolen, also jeder Art von Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit zu widersprechen und entgegenzutreten. Wer gegen Geflüchtete hetzt oder gar Gewalt anwendet, der verlässt den Konsens unseres Grundgesetzes und muss mit dem deutlichen Widerspruch und dem entschlossenen und friedlichen Widerstand aller Demokratinnen und Demokraten in Thüringen rechnen.

Wir suchen das Gespräch und unterstützen unsere Kommunen.

Es gelingt nicht immer, richtig und notwendig erkannte Entscheidungen im Umgang mit Geflüchteten so zu kommunizieren, dass sie bei den Menschen vor Ort Akzeptanz und Zustimmung erfahren. Aus unserer Erfahrung bedürfen Ängste und Vorbehalte innerhalb der Bevölkerung des Gespräches. Auch durch die direkten Begegnungen und Erfahrungen mit Geflüchteten werden Vorurteile und Ängste abgebaut. Weil wir keine Ghettoisierung wollen, helfen wir Wohnungen dezentral zu finden und Nachbarschaften zu stärken. Gemeinsam werden wir uns vor Ort in den Städten und Gemeinden bemühen, dies nach Kräften zu ermöglichen.

Wir warnen vor parteipolitischer Instrumentalisierung.

Politiker und Politikerinnen in unserem Land stehen bei der Aufgabe einer menschenwürdigen Aufnahme von Geflüchteten vor großen verantwortungsvollen Herausforderungen. Wir erwarten einen parteiübergreifenden Konsens darüber, dass dieses Thema keine parteipolitische Profilierung und Instrumentalisierung erfährt.

Wir fördern die öffentliche Meinungsbildung durch Transparenz und Offenheit.

Die Medien haben mit ihrer Berichterstattung über den Umgang mit Geflüchteten eine hohe Verantwortung. Eine ausgewogene und differenzierte Berichterstattung trägt dazu bei, dass Ressentiments gegen Menschen in Notsituationen abgebaut werden und die Offenheit unentschlossener Bürgerinnen und Bürger für die Not der Geflüchteten wachsen kann. Die meinungsbildende Kraft von Sprache und Bildern sind bei einem solch sensiblen Thema besondere Herausforderung.

Wir unterstützen die Integration von Geflüchteten

Geflüchtete sind in Thüringen willkommen, zuallererst wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit. Ihre erfolgreiche gesellschaftliche Integration braucht Bildung, soziale Integration und Integration in den Arbeitsmarkt. Den Menschen, die zu uns kommen, bietet der Thüringer Arbeitsmarkt aufgrund des sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verstärkenden Fachkräftemangels vielfältige berufliche Perspektiven. Deutschland braucht Zuwanderung, wenn unsere Sozialsysteme auch künftig funktionieren sollen. Viele Unternehmen sind bereit, Geflüchtete zu beschäftigen. Deshalb begrüßen wir die verstärkte Unterstützung und Förderung der Geflüchteten durch die Bundesagentur für Arbeit. Damit noch mehr geflüchtete Menschen schnell die Möglichkeit bekommen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, müssen Regelungen vereinfacht und Förderinstrumente der Berufsausbildung für Geduldete und Asylsuchende mit Bleiberechtsperspektiven geöffnet sowie Angebote zur Sprachförderung ausgebaut werden.

Wir rufen auf: Werden Sie Anwälte der Mitmenschlichkeit, treten Sie Brandstiftern entgegen!

Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger Thüringens auf, sich als Anwälte der Menschlichkeit gegenüber den Geflüchteten zu verstehen. Zugleich nehmen wir die Sorgen der Menschen in unserem Land ernst. Wir möchten dazu beitragen Ängste abzubauen, um Raum für das notwendige Gespräch zwischen verschiedenen Standpunkten zu schaffen. Wer dabei rechtsextreme Parolen und Halbwahrheiten postuliert oder versucht, mit Gewalt seine Positionen durchzusetzen, schürt Ängste und ist an einem konstruktiven Dialog nicht interessiert. Von diesen geistigen und tatsächlichen Brandstiftern gilt es, sich klar zu distanzieren. Dabei müssen sich Zivilcourage und staatliches Gewaltmonopol ergänzen.

Wir vertrauen auf Ihr Engagement für Mitmenschlichkeit.

Unser Dank, unsere Unterstützung und Solidarität gilt all denjenigen, die sich tagtäglich für Geflüchtete haupt- oder ehrenamtlich engagieren. Damit stärken Sie die Grundlagen des Zusammenlebens in unserem Land: Demokratie, Vielfalt und Mitmenschlichkeit.

Informationen, Termine, Unterstützer und weiteres unter: www.mitmenschlich-in-thueringen.de

TVVdN/BdA unterstützt Bündnis für ein Thüringen der Demokratie, Vielfalt und Mitmenschlichkeit

3. November 2015

Der Thüringer Landesverband der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (TVVdN/BdA) unterstützt das heute der Öffentlichkeit vorgestellte „Bündnis für ein Thüringen der Demokratie, Vielfalt und Mitmenschlichkeit“.

Die Vorsitzende des Landesverbandes Elke Pudszuhn erklärt dazu: „Mitglieder unseres Verbandes haben aus eigenen Erfahrungen in ihrem Leben Krieg, Verfolgung und Inhaftierung, Flucht, Vertreibung, Asyl und Emigration während der Nazizeit 1933 bis 1945 durchlitten und viele ihrer Angehörigen und Freunde verloren. Die Überlebenden des Naziterrors konnten als Flüchtlinge in anderen Ländern, in denen das Naziregime nicht herrschte, überleben. Auch daher setzen wir uns für die Menschenrechte von Geflüchteten und Asylsuchenden ein. Wir wollen über unsere Erfahrungen im Kampf gegen den Faschismus berichten, aufklären und den menschenfeindlichen Parolen widersprechen, die oftmals in der Ideologie des Nationalsozialismus begründet ist. Wir üben Solidarität, so wie wir sie empfangen haben und sind Teil der zivilgesellschaftlichen Engagement im Sinne des Grundgesetzes.“

Die Landesvorsitzende der TVVdN/BdA Elke Pudszuhn unterstützt als Erstunterzeichnerin den Aufruf des Bündnisses „Mitmenschlich in Thüringen“ (www.mitmenschlich-in-thueringen.de) und ruft dazu auf, sich an der Kundgebung am 9. November 2015 um 18 Uhr in Erfurt zu beteiligten.

Offener Brief der Basisgruppe Gotha an die politischen Verantwortlichen des Kreises

1. November 2015

Herrn Landrat Konrad Gießmann,
Herrn Oberbürgermeister Knut Kreuch,
die Damen und Herren BürgermeisterInnen des Landkreises Gotha,
die und Mitglieder des Kreistages, der Stadt- und Gemeinderäte des Landkreises Gotha
sowie die Beamten, Mitarbeiter und Angestellten der Kreis-, Stadt- und Gemeindeverwaltungen
Sehr geehrte Damen und Herren,

in tiefer Sorge um das Gemeinwohl der Mitmenschen und um den Zusammenhalt der Einwohner der Städte und Gemeinden unseres Landkreises wende ich mich namens der Mitglieder der Kreisorganisation der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten auf diesem ungewöhnlichen Wege an Sie.
Spätestens seit dem feigen Anschlag in Ballstädt wissen Sie, welche Art faschistoider Marodeure sich in unserem Landkreis herumtreiben. Der Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Friemar ist nicht das letzte Wetterleuchten einer Bedrohung der Bürger, ihres Eigentums sowie der öffentlichen Ordnung in unserem Kreis.
Naziparolen brüllende, einschlägig bekannte Rechtsradikale rotten sich regelmäßig unter dem Deckmantel gesetzlich erlaubter Demonstrationsfreiheit zusammen und dürfen diesen Wegs den Faschismus und ihren Rassismus verbreiten.
„Der Anstreicher kam zur Macht nicht nur durch einen Staatsstreich, sondern auch auf gesetzmäßige Weise. Seine Partei war plötzlich die größte aller Parteien, so dass ihm die Bildung der Regierung nach dem Gesetz zustand. Im Volke herrschte die größte Verwirrung. Viele stimmten für den Bekämpfer der Demokratie, weil sie Demokraten waren. Dann gab es die vielen Unzufriedenen, die mit bestimmten Parteien unzufrieden waren, nämlich den vorhandenen, und auf die Partei des Anstreichers blickten als auf eine, die noch nicht regiert, also noch nicht versagt hatte. Die Kälber, unzufrieden mit ihren Scherern und Futtermeistern und Hütern, entscheiden, nun einmal den Metzger ausprobieren zu wollen.“ Bertolt Brecht
Seit Jahrzehnten fordert die VVN-BdA gemäß Artikel 139 des Grundgesetzes das Verbot und die Auflösung aller neofaschistischen Parteien und Organisationen.
Nun werden Sie einwenden, dass dies in Ihrer Macht nicht liege.

Sehr geehrte Damen und Herren,
dann wenigstens zeigen Sie Flagge, öffentlich, nehmen Sie an den Gegendemonstrationen der antifaschistischen und gesellschaftlichen Organisationen sichtbar und engagiert teil, geben Sie Ihren Mitbürgern die Sicherheit, Sie als die politisch Verantwortlichen an ihrer Seite zu haben! Je mehr wir alle unseren Mitmenschen die Ängste nehmen, umso weniger verirren sich als mitlaufende Kälber bei denen, die jederzeit bereit sind, den Metzger zu spielen.

Martin Mürb, 29. Oktober 2015

Redebeitrag: Gedenken an Rudolf Breitscheid

7. Oktober 2015

Am 24. August 2015 fand in der Gedenkstätte des KZ Buchenwald eine gemeinsame Veranstaltung der SPD Thüringen und der „Thüringer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der AntifaschistInnen“ (TVVdN/BdA) zum Gedenken an den sozialdemokratischen Politiker Rudolf Breitscheid statt, der vor 71 Jahren starb. Wir dokumentierten die Rede der Landesvorsitzenden der TVVdN/BdA, Elke Pudszuhn.

Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen seiner Mitmenschen“ (Albert Schweitzer). In Anlehnung an Albert Schweitzers Worte, stehe ich heute hier am steinernem Denkmal für Rudolf Breitscheid, der am 24. August 1944 beim Bombenangriff ums Leben gekommen ist. Wer weiss schon, ob ihn die Nazis nicht auch noch umgebracht hätten, wenn er nicht an diesem Tag als Opfer des Bombenangriffs gestorben wäre, wo sterben täglich, auch ohne Bomben von oben, an der Tagesordnung war.

56.000 Häftlinge wurden hier auf dem Ettersberg in den Jahren des Bestehens des Konzentrationslagers Buchenwald erschossen, gehenkt, zertrampelt, erschlagen, erstickt, ersäuft, verhungert, vergiftet, abgespritzt.

Als mein Vater am 20. August 1944 von der Gestapo verhaftet und hierher verbracht wurde, erhält er am 22. August laut Eintragung in der Veränderungsliste die Häftlingsnummer 81706. Zwei Tage zuvor, in der Nacht vom 17. zum 18. August wurde Ernst Thälmann beim Betreten des Krematoriums hinterrücks erschossen. Seine Ermordung sollte geheim gehalten werden, deshalb verbreitete man die Lüge, Thälmann sei bei dem Bombenangriff am 24. August ums Leben gekommen.

Unser LAG-Vorsitzender und Vizepräsident des IKBD Günter Pappenheim schreibt in seinen Erinnerungen, das er den Auftrag hatte, bei Rudolf Breitscheid in der Isolierbaracke das Schloss einer Schranktür zu reparieren, um erneut Kontakt der illegalen Widerstandsgruppe zu dem bekannten Sozialdemokraten zu knüpfen. Dazu kam es leider nicht mehr, da Rudolf bei dem Angriff der alliierten Luftstreitkräfte am 24. August auf die Gustloff-Werke auch die Baracke getroffen wurde, in der er gefangen gehalten wurde und nur noch tot geborgen erden konnte.

Seit April 1944 befindet sich unter den Häftlingen auch Klaus Trostorff, der vor einigen Tagen, am 7. August fast 95-jährig verstarb. Klaus stammt aus Breslau, wo die Familie stark durch die poltisch engagierte Großmutter geprägt war. Sie war für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands als Stadträtin in Breslau tätig. Und in seinen Erinnerungen schreibt er, dass der damalige SPD-Reichstagspräsident Paul Loebe wohl der prominennteste Besucher bei ihr war. Die Großeltern wurden in Auschwitz ermordet. Klaus wird Ende 1943 verhaftet und im Breslauer Gestapo-Gefängnis vernommen und unter Schlägen versucht man von ihm Aussagen zu erpressen. Nach 5-monatiger Haft wurde er Anfang April 1944 ins KZ Buchenwald verbracht. Hier wurde er als „deutscher politischer Häftling“ mit der Nummer 1819 – nach der üblichen Prozedur- Haare entfernen – desinfizieren – duschen – Häftlingskleidung empfangen zur Quarantäne in den Block 63 – Kleines Lager- gebracht. Danach wird er strafverschärfend – als einziger deutscher Häftling – in das sowjetische Kriegsgefangenen – Lager eingewiesen. Nach anfänglichem Argwohn wurde er in die Gemeinschaft der sowjetischen Kriegsgefangenen aufgenommen und er schreibt darüber in seinen Erinnerungen: „Ich habe in Buchenwald großartige Kumpels, großartige Freunde, Kameraden kennengelernt, mutig – ehrlich – hilfsbereit – ich habe ihnen wirklich mein Leben zu verdanken“.

Klaus Trostorff war von 1969 bis 1989 Direktor der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald und es hat immer am 24. August ein Gedenken für Breitscheid gegeben. Ihm und seinem Kumpel Ottomar Rothmann, der heute leider nicht hier sein kann, war Gedenken – Erinnern – Mahnen immer sehr wichtig. Dem Schwur von Buchenwald, ,..den Kampf erst einzustellen, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Welt steht, die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln und für eine Welt des Friedens und der Freiheit war und ist ihnen immer wichtig gewesen und die Überlebenden haben ihr Vermächtnis in unsere Hände gelegt. In ihrem Vermächtnis „Erinnerung bewahren – authentische Orte erhalten – Verantwortung übernehmen“ erklärten KZ -Überlebende, die die internationalen Komitees von neun Lagern vertraten, öffentlich: „Unsere Reihen lichten sich. In allen Instanzen unserer Verbände, auf nationaler wie internationaler Ebene, treten Menschen an unsere Seite, um die Erinnerung aufzunehmen. Sie geben uns Vertrauen in die Zukunft, sie setzen unsere Arbeit fort. Der Dialog, der mit uns begonnen wurde, muss mit ihnen fortgeführt werden. Für diese Arbeit benötigen sie die Unterstützung von Staat und Gesellschaft. Die letzten Augenzeugen wenden sich an Deutschland, an alle europäischen Staaten und die internationale Gemeinschaft, die menschliche Gabe der Erinnerung und des Gedenkens auch in der Zukunft zu bewahren und zu würdigen. Wir bitten die jungen Menschen, unseren Kampf gegen die Naziideologie und für eine gerechte, friedliche und tolerante Welt fortzuführen, eine Welt, in der Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus keinen Platz haben sollen…“

Eben, aus dieser Verantwortung heraus, bin ich fast täglich unterwegs für Flüchtlinge und gegen die Hass und Angst verbreitenden Nazis. Ja, es sind keine sogenannten „Wutbürger“, es sind eindeutig Nazis, die diese Demos gegen Flüchtlinge anmelden und durchführen. Ich erlebe das in Suhl. Verbietet ein Stadtoberhaupt die Demo, wird sie unter dem Deckmantel Demokratie vom Oberverwaltungsgericht Weimar genehmigt. Wie lange soll das noch gehen, frage ich? Wir von der VVN und andere fordern seit Jahren das Verbot der NPD und ihrer Gliederungen. Seit Jahren sind Staat und Regierung nicht bereit, das Verbot durchzusetzen. Die Morde vom NSU-Trio und die vielen Anschläge auf Menschen reichen wohl noch nicht aus? Da sind wir heute bei erinnern – gedenken – mahnen bei Geschichte und Gegenwart. Und ich bin mir sicher, dass Rudolf Breitscheid am 19. April 1945 den Schwur der Überlebenden von Buchenwald mit geleistet hätte, nicht eher zu ruhen, bis der letzte Schuldige vor den Richtern der Welt steht. Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln bleibt auch unsere Losung und der Aufbau und die Gestaltung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist auch unser Ziel, so, wie es im Vermächtnis der KZ-Überlebenden an uns heißt: Erinnerung bewahren – authentische Orte erhalten – Verantwortung übernehmen.

Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ gastiert vom 28. September bis 10. Oktober 2015 in Erfurt

25. September 2015

Die Ausstellung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN/BDA) „Neofaschismus in Deutschland“ wird in der Zeit vom 28. September bis 10. Oktober 2015 auf Empfehlung des verdienstvollen Antifaschisten und Pfarrer im Ruhestand Herrn Karl Metzner im Kreuzgang des Augustinerklosters Erfurt gezeigt.

Die Eröffnung ist am Montag, den 28. September, 14.00 Uhr.

Dazu wird herzlich eingeladen.

Pressemitteilung des Augustinerkloster Erfurt

Ausstellung im Ev. Augustinerkloster zu Erfurt

Über 180 Todesopfer hat die Gewalt von Neonazis und Rassisten seit 1990 in Deutschland gefordert. Viele weitere Menschen wurden beschimpft, getreten und geschlagen. Mit der Ideologie, den Ursachen und der Ausbreitung von Rechtsextremismus und Rassismus befasst sich die Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“. Sie wird vom 28. September bis 12. Oktober im Evangelischen Augustinerkloster zu Erfurt gezeigt. Die Schau beleuchtet unter anderem die faschistischen Bewegungen in Europa zwischen den beiden Weltkriegen, die Entwicklung von Rechtsextremismus im geteilten Deutschland und seit der deutschen Einheit, das Verhältnis zu Demagogie, Krieg und Gewalt, Nazis und Popkultur, ihre Finanz-Quellen und die Debatte um das Verbot rechtsextremer Parteien.

Die Ausstellung ist von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) zusammengestellt worden und wird in Schulen, von Gewerkschaften oder in kirchlichen Einrichtungen gezeigt. Im Augustinerkloster wird die Schau auf Anregung des Erfurter Pfarrers i. R. Karl Metzner gezeigt. Metzner hatte als Schüler während der Nazi-Zeit Flugblätter gegen die Diktatur verteilt und war deshalb inhaftiert worden. Auch nach dem Krieg engagierte er sich weiter für Frieden und Gerechtigkeit und gegen jede Art von Rassismus. Metzner eröffnet die Ausstellung zusammen mit Elke Pudszuhn, der Vorsitzenden der Landesvereinigung Thüringen im Bund der Antifaschisten.

Die Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ wird am Montag, 28. September, um 14 Uhr im Kreuzgang des Klosters eröffnet. Sie kann bis zum 12. Oktober besichtigt werden, und zwar montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr, samstags von 10 bis 16 und sonntags von 11 bis 15 Uhr.

Kontakt: Kurator Carsten Fromm 0361/57660-32

Quelle: Augustinerkloster Erfurt

13. September: Gedenken an „Opfer des Faschismus“ und antifaschistische Widerstandskämpfer

20. September 2015

Der zweite Sonntag im September ist traditionell Anlass, die Opfer des Faschismus und die antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer zu ehren. Auch 2015 fanden in mehreren Städten Thüringens unter der Beteiligung der TVVdN/BdA Gedenkveranstaltungen statt, unter anderem in Erfurt, Suhl und Arnstadt. Am Ehrenhain auf dem Erfurter Friedhof sprachen auf Einladung der TVVdN/BdA der Bundestagsabgeordnete Steffen Claudio Lemme (SPD) und der stellvertretende TVVdN/BdA-Vorsitzende Paul Wellsow. Die Rede unseres stellvertretenden Vorsitzenden dokumentieren wir hier:

Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kameradinnen und Kameraden und liebe Genossinnen und Genossen,

der zweite Sonntag im September, das ist traditionell Anlass, die „Opfer des Faschismus“ und die antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer zu ehren. Hier am Ehrenhain auf dem Erfurter Hauptfriedhof wollen wir ihnen heute in Würde gedenken.

Im Namen der „Thüringer Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes / Bund der Antifaschisten“ begrüße ich zuerst sehr herzlich Karl Metzner aus Erfurt. Er hat aktiven Widerstand gegen den deutschen Faschismus geleistet. Ich freue mich sehr, dass Sie heute hier sind! Ich begrüße auch die anwesenden Angehörigen von Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern und Angehörige von Opfern des Faschismus herzlich!

Seit nun 70 Jahren, seit 1945, wird alljährlich im September den „Opfern des Faschismus“ gedacht. Seit 1947 liegt der Termin auf dem zweiten Sonntag im September. Eine gute Tradition der Erinnerns und Ehrens, die bis heute an vielen Orten gepflegt wird. Das Jahr 2015 ist dabei für das Gedenken ein besonderes Jahr. Ich will in diesem Zusammenhang hier nur einige Daten nennen: Am 27. Januar war der 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslager Ausschwitz durch die „Rote Armee“, am 7. April jährte sich die Befreiung des KZ Wiesengrund durch die französische Armee, am 11. April die Befreiung Buchenwalds durch die US-Truppen nachdem bereits in den Tagen zuvor die Häftlinge selbst gegen die Bewacher revoltiert und ihre Selbstbefreiung begonnen hatten, am 12. April die Befreiung des KZ Westerborg in den Niederlanden durch die kanadische Armee und am 15. April die Befreiung von Bergen-Belsen durch britische Truppen. Und natürlich – der 8. Mai als „Tag der Befreiung“ – ein Datum, dass nun auch in Thüringen zum gesetzlichen Gedenktag werden wird. Gerade die Debatte um den 8. Mai hier in Thüringen hat in den letzten Monaten klar gemacht, wie wichtig das Gedenken und das Erinnern an die historischen Fakten ist – leider haben zu viele vergessen, was war. Noch immer werfen einige Menschen längst überwunden geglaubte Stichworte, wie die einer angeblich „sauberen Wehrmacht“, in die Debatten.

Eine gute und notwendige Tradition des Gedenkens an die Opfer des Faschismus war und ist es, dass die Ehrungen überparteilich angelegt sind. Denn eine Lehre aus dem deutschen Faschismus und dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus war und ist es, dass Antifaschistinnen und Antifaschisten zusammen stehen müssen – was auch immer sie in anderen politischen, kulturellen, religiösen oder lebensweltlichen Fragen trennt. Daher freue ich mich sehr, eine Reihe von Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Organisationen, Institutionen und Parteien begrüßen zu dürfen – und bitte entschuldigen Sie, wenn ich nicht alle nenne. Für die Stadt Erfurt – auch ausdrücklich in Vertretung für Oberbürgermeister Andreas Bausewein – Frau Kathin Hoyer, Beigeordnete für Wirtschaft und Umwelt der Stadt Erfurt. Die Mitglieder des Erfurter Stadtrates und Mitglieder des Thüringer Landtages Karola Stange (DIE LINKE), Birgit Pelke (SPD) und Frank Warnecke (SPD) – außerdem die Stadträte Reinhard Duddek (DIE LINKE) und Rüdiger Bender (Bündnis90/Die Grünen).

Besonders begrüße ich in diesem Jahr Steffen Claudio Lemme, Bundestagsabgeordneter der SPD. Du warst ja auch in den vergangenen Jahren als Teilnehmer beim jährlichen Gedenken hier auf dem Friedhof – dieses Jahr konnten wir dich gewinnen, die Rede hier zu halten. Herzlich willkommen und vielen Dank für dein Kommen!

„Ehrendes Gedenken dem Antifaschistischen Widerstand und den Opfern des Naziregimes“ und: „Im ehrenden Gedenken an die durch den Faschismus in den Jahren 1933 – 1945 ermordeten jüdischen Bürger der Stadt Erfurt“ – das steht hier am Ehrenhain auf dem Erfurter Friedhof. Das soll auch unser Anliegen hier und heute sein. Wir sind aber auch hier, um das antifaschistische Vermächtnis der Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer ins Heute zu tragen, um die Mahnung der Opfer des Faschismus nicht ungehört verklingen zu lassen.

Fast jeden Morgen lesen wir in diesen Tagen von Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte – oder Häuser, allein deren Nutzung als Unterkunft für Geflüchtete geprüft wird. Menschen werden aufgrund ihrer Herkunft attackiert, und zugleich müssen wir in einigen Landesparlamenten die Reden geistiger Brandstifter hören, die sich nicht um eine Willkommens-Kultur für Menschen und um Integration bemühen, sondern die alles tun, um Öl ins Feuer zu gießen. In Mecklenburg-Vorpommern ist das die NPD, hier in Thüringen ist es derzeit die AfD. Die Unterschiede, die es gab, verwischen zunehmend.

Ich denke, es ist eine unserer Aufgaben, im Alltag rassistischen Ressentiments zu widersprechen. Überall dort, wo Neonazis aufmarschieren, Protest und Widerstand zu organisieren. Und zugleich Mitmenschlichkeit, Humanität und Hilfe für Menschen in Not zu organisieren. Dass, was wir in den letzten Tagen erlebt haben, macht Mut. Die Begrüßung von Geflüchteten am Bahnhof von Saalfeld durch Hunderte Menschen und Vertreter der Landesregierung und die Soforthilfe mit Lebensmitteln, Decken und Getränke. Oder die hunderten Kisten und Tüten mit gespendeter Kleidung, mit Kinderspielzeug, mit dem Bedarf des Alltags durch Menschen und die vielen Freiwilligen die Betten aufbauen, mit Kindern Fußball spielen, übersetzen oder Tipps für ein Leben hier in Deutschland geben. Offenbar gibt es beides in diesen Tagen: eine akute Bedrohung von Rechts, der wir uns offensiv entgegen stellen müssen – und eine überraschende, immense Bereitschaft zu helfen, und so ganz praktisch zu zeigen: Flüchtlinge sind hier willkommen.

Ich möchte Sie, ich möchte Euch in Erinnerung an die Opfer des Faschismus und an die antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und -kämpfer und aus Respekt für die Überlebenden um eine Minute des Schweigens bitten.

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Nachruf: Klaus Trostorff, 12. November 1920 – 7. August 2015

15. August 2015

Am 7. August 2015 starb in Erfurt der ehemalige Häftling des Konzentrationslagers Buchenwald, Klaus Trostorff, im fünfundneunzigsten Lebensjahr. Weil er Widerstand gegen den deutschen Faschismus geleistet hatte, verhaftete ihn die Gestapo Ende 1943 und wies ihn nach monatelangen Verhören im Gestapo-Gefängnis Breslau in das KZ ein. Dort war er der politische Häftling mit der Nummer 1819.

Nachdem er einige Wochen im Block 63 des Kleinen Lagers war, wies ihn die SS strafverschärfend als einzigen deutschen Häftling in das Lager für sowjetische Kriegsgefangene ein. Diese Ausnahmesituation führte zunächst zu Argwohn und großer Distanz. Nachdem seine Zuverlässigkeit überprüft und erprobt war, nahmen ihn die Kameraden in die Gemeinschaft der sowjetischen Kriegsgefangenen auf. »Ich habe in Buchenwald großartige Kumpel, großartige Freunde, Kameraden kennen gelernt – mutig, ehrlich, hilfsbereit […] ich habe ihnen wirklich mein Leben zu verdanken […]«, sagte er in einem Gespräch. Klaus Trostorff erlebte den 11. April 1945 als den Tag der Selbstbefreiung der Häftlinge. Gemeinsam mit den 21.000 Überlebenden des KZ leistete er am 19. April 1945 den Schwur von Buchenwald, der ihm Kompass für sein weiteres Leben wurde. In Erfurt fand der gebürtige Breslauer eine neue Heimat. Als Neulehrer unterrichtete er mehrere Jahre in Erfurt. An der Jenaer Universität beendete er ein Studium als Diplom-Gesellschaftswissenschaftler und nach einem Fernstudium erwarb er das juristische Staatsexamen. In den Jahren 1956 bis 1969 wirkte er in Erfurt als Kommunalpolitiker.

Am 1. September 1969 wurde er zum Direktor der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald berufen. Bleibende Verdienste erwarb sich Klaus Trostorff in engem Zusammenwirken mit dem Nestor der Zeitgeschichte der DDR, dem Buchenwaldkameraden Walter Bartel, bei der Schaffung des Buchenwaldarchivs, dem Aufbau der Wissenschaftlichen Abteilung, bei der Herausgabe der »Buchenwald-Informationen«, der »Buchenwald-Hefte« sowie einer Vielzahl weiterer wissenschaftlich fundierter Publikationen. Die Pädagogische Abteilung konnte sich zu einem wichtigen, anerkannten Bereich entwickeln. Am 31. August 1989 ließ er sich von seiner Funktion abberufen und ging in den Ruhestand. Im Thüringer Landesverband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten arbeitete er weiter mit und stand insbesondere jungen Gesprächspartnern stets zur Verfügung, so es sein Gesundheitszustand erlaubte. Die Mitglieder der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e.V. trauern um Klaus Trostorff, ihren guten Kameraden, Genossen, Freund, dessen Andenken sie in Ehren halten werden.

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Klaus Trostorff (hintere Reihe, 3. v.l.) im Kreis politischer Häftlinge unmittelbar nach der Selbstbefreiung der Häftlinge des KZ Buchenwald, April 1945.
Quelle: Sammlung Gedenkstätte Buchenwald 013-02.076, Aufnahme Alfred Stüber.


Letzte Begegnung der Landesvorsitzenden e.p. mit Klaus Trostorff und Günter Pappenheim am 11. April 2015 um 15.15 Uhr an der Gedenkplatte im ehemaligen Lager. Die Stunde der Selbstbefreiung beschreiben beide als „den schönsten Moment im Leben“.
V.l.n.r: Helmut Rook, dahinter Enkel Steffen, Klaus, sein Sohn Markus, davor Günter Pappenheim

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