Erinnerung an den Widerstandskämpfer Magnus Poser zum 105. Geburtstag

15. Juli 2017

Von Elke Pudszuhn.

26. Januar 1907 – 21. Juli 1944

In meiner Heimatstadt Zella-Mehlis erinnert eine Straße, die seinen Namen trägt, an den aufrechten Antifaschisten Magnus Poser.
Der 27. Januar, vor 67 Jahren wurden die Häftlinge des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee befreit, ist seit Jahren der Nationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.
Was verbindet Magnus Poser mit unserer Stadt und meinen Eltern Hans und Else Raßmann?

Von der ersten Stunde des sich formierenden faschistischen Herrschaftssystems an gehörten sie zu den entschiedensten Gegnern der Naziregimes. Gemeinsam mit anderen Antifaschisten in Thüringen, so auch in Zella-Mehlis und Jena beschlossen sie, als illegale Gruppe aktiven Widerstand zu leisten, Solidarität zu organisieren, Losungen und Flugblätter gegen den Faschismus herzustellen und zu verbreiten. Ein eingeschleuster Spitzel der Gestapo, der als Bezirkskurier der KPD tätige Erich Thieme aus Erfurt, verriet über 200 Antifaschisten aus ganz Thüringen, darunter auch meine Eltern- Hans und Else Raßmann aus Zella-Mehlis, die alle in das erste KZ in Thüringen nach Bad Sulza in „Schutzhaft“ genommen wurden. Im KZ Bad Sulza lernten meine Eltern Magnus und Lydia kenne. Lydia war mit meiner Mutter in einer Zelle in der sogenannten Frauenabteilung und wusste, dass meine Eltern bei den Verhören die Aussagen verweigert hatten und man ihnen mit „dauernder Schutzhaft“ drohte.
Über den Austausch von Kassibern zwischen meinem Vater und meiner Mutter, die Magnus über Lydia organisierte, ist es ihnen gelungen ihre Aussagen vor den Gestapo abzustimmen um das Strafmaß eventuell zu verringern. Auf diesem Wege wurden auch Informationen über politische Ereignisse und über Zu- und Abgänge aus dem KZ weitergeleitet. Magnus Poser gehörte im KZ zur illegalen Parteileitung und er unternahm alles, um den Gefangenen Mut und Zuversicht zu geben, Solidarität zu üben, das viele Inhaftierte später bestätigten.
Von der Verhaftung im November 1933 bis zur Verurteilung im Mai 1934 vor dem Oberlandesgericht Jena wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ im KZ Bad Sulza, mussten sie nun ihre Haftstrafen (Magnus P. 2 J. 3 Mon. Lydia 2 J. Hans 2 J. 3 Mon., Else 2 J.) „absitzen“. Poser und Raßmann kamen in das Landesgefängnis Ichtershausen, die Frauen in das Frauengefängnis Gräfentonna und danach nach Hohenleuben.
Auch im Gefängnis Ichtershausen entwickelte Magnus mit anderen Kameraden unter den politischen Gefangenen ein solidarisches Netzwerk, in dem Informationen ausgetauscht und Hafterleichterungen für schwächere Häftlinge organisiert wurden.
Nach der Entlassung aus den Gefängnissen heirateten Magnus und Lydia im September 1936, zwei Jahre später kam Tochter Ruth zur Welt.
Beide kannten sich schon lange aus gemeinsamer politischer Arbeit. Lydia Orban (1909- 1984) in einer Arbeiterfamilie in Heidersbach geboren, lebte seit 1912 in Jena .
Für beide stand die Fortsetzung ihres Widerstandes gegen das Naziregime auch nach der Haftentlassung außer Frage. Die veränderten Verhältnisse verlangten jedoch auch eine neue Form und Richtung des illegalen Widerstandes. Sie standen unter Beobachtung und mussten sehr umsichtig wieder Kontakte knüpfen.
Es gehört zu den großartigen Leistungen Posers, dass es ihm trotz Haft und polizeilicher Überwachung gelang, eine Widerstandsorganisation in Jena zu errichten und Verbindungen zu vielen Orten, auch nach Zella-Mehlis zu meinen Eltern aufzubauen.
1941 begann die illegale Zusammenarbeit mit Theo Neubauer und ab 1942 entwickelte die „ Neubauer–Poser-Gruppe“ direkte und indirekte Kontakte zu anderen Widerstandsorganisationen in Deutschland bis hin zur militärischen Opposition um Claus Graf Schenk von Stauffenberg und dem Kreisauer Kreis.
Beim letzten Treffen Posers in Zella-Mehlis zu Pfingsten 1944 übergab Magnus die letzten Flugblätter „ Brief an die gefangenen Rotarmisten, Ostarbeiter und Ostarbeiterinnen“ in russischer Sprache, die er in einem von ihn gefertigten Tablett versteckt hatte. Am 14. Juli 1944 wurden Magnus und Lydia Poser verhaftet und in das berüchtigte Weimarer Gestapo- Gefängnis eingeliefert. Lydia kam nach zwei Tagen wieder frei und konnte alle Verbindungsleute zu den Gruppen in Thüringen von der Verhaftung in Kenntnis setzen und warnen. Poser wusste, dass die Gestapo ihm unter allen Umständen ein Geständnis abpressen wollte. Um dieser Gefahr zu entgehen, unternahm er in der Nacht vom 20. zum 21. Juli 1944 einen Fluchtversuch, bei dem er von mehreren Schüssen getroffen und schwer verletzt aufgegriffen wurde. Die Gestapo transportierte ihn ins Krankenrevier des KZ Buchenwald, wo die Gestapo mit einer Befragung begann. Auf die drängenden Fragen des Gestapo-Mannes antwortete Poser für alle gut vernehmbar: „Grüßt mir meinen Freund Theo Neubauer!“ Danach wurde er operiert, verstarb aber an den Folgen seiner schweren Verletzungen.
Viele Antifaschisten verdanken Magnus Poser und seinem mutigen Schweigen ihr Leben. Er kämpfte gegen den Hitlerfaschismus, erwies sich im illegalen Widerstand als ausgezeichneter Organisator und hatte durch seinen lauteren Charakter viele Freunde, nicht nur unter den Genossen. Er opferte sein Leben für ein neues Deutschland , das verdient unsere uneingeschränkte Achtung.
Es gab mal eine Schule, die seinen Namen trug, jetzt ist es das Heinrich-Erhardt-Gymnasium, aber im „Volksmund“ bleibt es die „Poserschule“,wenn die Rede darauf kommt.
In Zella-Mehlis erinnern die Straßen Magnus Poser, Theo Neubauer, Karl Zink und der Marcel Callo – Platz an Opfer der Naziherrschaft.