Gegen das Vergessen – Die 26. Antifa – Bildungsreise, Ende Mai 2018 – 73 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus

13. Juni 2018

In diesem Jahr begaben wir uns auf die Spuren der letzten Häftlinge des KZ in Bad Sulza, die am 9. Juli 1937 in das KZ Lichtenburg deportiert wurden, und später im neu gebauten KZ Buchenwald weiter leiden und sterben mussten.
Mit der massenweise Verfolgung von Kommunisten, Sozialdemokraten und bürgerliche Patrioten nach dem von den Faschisten durchgeführten Reichstagsbrand Ende Februar 1933 wurde am 13. Juni 1933 die Lichtenburg als „Sammellager“ für politische Gefangene in der Kleinstadt Prettin/ Sachsen Anhalt eröffnet. Die Lichtenburg wird damit zu einem der fünf von der SS geführten und der Inspektion der Konzentrationslager (IKL) unterstellten Lagern. Die Leiterin der Gedenkstätte, Frau Melanie Engler, erläuterte uns den brutalen, menschenverachtenden Gefangenenalltag und dass man die Schreie der Gepeinigten im Ort hören konnte. Der Terror und die Angst um das eigene Leben ließ die Einwohner schweigen und das Erlebte verdrängen. Die Lichtenburg war eines der Konzentrationslager, das über die gesamte dunkle Zeit des Faschismus betrieben wurde. Die bekannten Kommunisten Theodor Neubauer und Ernst Busse waren hier inhaftiert und wurden von hier in das KZ Buchenwald überführt. Von1937 bis 1939 wurde die Lichtenburg nach der Inbetriebnahme der großen Barackenlager in Buchenwald und Sachsenhausen eine brutale Peinigungsstätte für Frauen. Das Schicksal von Olga Benario, sie wurde 1942 in der »Euthanasie«-Anstalt Bernburg ermordet, steht für all die anderen gequälten und ermordeten Frauen. Im Prettiner Schloss befand sich damit das erste zentrale Frauen-KZ, das von der SS geführt wurde. Auch nach seiner weiteren Umnutzung gehen für die dort eingelieferten Häftlinge die Qualen weiter. Der ehemalige Bunker im Keller des Schlosses ist heute Mahnmal als Ort der Misshandlungen und des Todes. Die Inschrift »Es ist böse Zeit, mehr denn 1200 Menschen sind hier, die man zu Grunde richtet« in einer Zelle der Folterstätte belegt dies.

Am 23. April 1945 fliehen die SS-Männer vor der Roten Armee in Richtung Süden und zwingen die Gefangenen auf einen Todesmarsch. Anfang Mai verhaften Angehörige der U.S. Army die Bewacher in Hof (Bayern) und befreien die Gefangenen.
Im Bunker legten wir im Gedenken an die überlebenden und toten Häftlinge der Lichtenburg ein Gebinde nieder. Unklar blieb, was aus den Tätern wurde.
Bei unserem Besuch in Frankfurt an der Oder beschäftigten wir uns bei einem antifaschistischen Stadtrundgang mit dem Widerstand gegen die Nazibarbarei. Die Nationalsozialisten sperrten ihre politischen Gegner (darunter den späteren Oberbürgermeister Willy Jentsch) ins historische Gerichtsgefängnis ein, welches von 1933 bis 1945 Gestapo-Gefängnis war.

Während der Novemberpogrome 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagogevon Nationalsozialisten zerstört. Das Schicksal der Mitglieder der Widerstandsgruppen der KPD und auch der SPD nach ihrem Auffliegen waren Tod und Leiden in langer Gefangenschaft. Zwischen 1933 und 1945 kamen tausende Frankfurter durch die Nationalsozialisten zu Tode. Bis 2018 wurden mehr als 170 von ihnen ein Stolperstein gesetzt. Ihnen gedachten wir am Denkmal der Opfer des Faschismus. Die Stadt fiel im Frühjahr 1945 kurz vor ihrer Befreiung durch die Rote Armee einer Brandstiftung zum Opfer. 93% der Bausubstanz waren nur noch Trümmer.

Guben, der ehemaligen Wilhelm – Pieck – Stadt, galt unser nächster Besuch. Am Ende des Zweiten Weltkrieges erlitt die Stadt bedingt durch massive Kampfhandlungen vom 18. Februar bis 24. April 1945 schwere Zerstörungen. Fast 90 Prozent des historischen Stadtzentrums wurden zerstört. Am Denkmal für unseren ersten Präsidenten legten wir ein Gebinde ihm zu Ehren nieder.

Von Forst aus besuchten wir die beiden Städte, da sich hier unser Hotel befand.
Die SA schändete in der Progromnacht 1938 die Synagoge von Forst. Durch die Tat eines Feuerwehrmannes wurde sie vor dem Abbrennen gerettet, fiel aber 1945 den Kämpfen zum Opfer. Ein Gedenkstein erinnern an dieses Geschehen. Am 25. Februar 1945 begann die Schlacht um die Stadt. Mitte April eroberte die Rote Armee die Stadt Forst. Nach Beendigung der Kämpfe lagen 85 Prozent der Stadt in Trümmern. Am sowjetischen Ehrenmal für die Gefallenen Rotarmisten bei der Befreiung der Stadt erinnerten wir an ihr Opfer für uns. In der Nähe befindet sich ein Denkmal mit Ehrenhain für die Opfer des Faschismus und ein Gedenkstein für 80 erschossene Deserteure. 73 Jahre sind seitdem vergangen. Mit Hilfe der heutigen Medien und durch die Politik stehen die hier geschilderten Ereignisse nicht mehr im Fokus der Menschen. Gleichgültigkeit und Unwissen breiten sich aus und bereiten den Boden für das Anwachsen einer neuen faschistischen Gefahr. Dies kam in vielen Gesprächen zum Ausdruck. Mit unserem Handeln stellen wir uns der braunen Gefahr in den Weg.

In den besuchten Städten konnten wir schön renovierte Häuser, Kirchen, schöne Grünanlagen und große Wiesen, auf denen früher Häuser voller Menschen standen sowie Ruinen ehemaliger Betriebe sehen. Alle drei Städte haben seit 1990 über 40 % der Einwohner verloren.
Auch in diesem Jahr kam trotz aller Krisen die Lebensfreude bei der Reise nicht zu kurz. Eine Spreewald – Kahnfahrt und die gemütlichen Abende werden uns in Erinnerung bleiben.
An dieser Stelle möchten wir uns bei Elke, unserer Landesvorsitzenden, für die schwierige aber mit tollen Ergebnissen beendete Planung der Reise bedanken. Dank gilt auch dem Busfahrer Jürgen vom Busunternehmen Schmidt-Reisen, der Inhaberin Frau Wurmehl.

Ein weiterer besonderer Dank für die Führungen durch die besuchten Städte und die interessanten Ausführungen gelten den Kameradinnen und Kameraden
Melanie Engler, Leiterin der Gedenkstätte Lichtenburg in Prettin Gerhard Hoffmann, LAG-Mitglied, Frankfurt/Oder
Edeltraud Mäser, Andreas Peter in Guben
Günther Mattern, Horst Beier, Elke Schubert in Forst
Außerdem bedanken wir uns für die finanzielle Unterstützung der diesjährigen Antifa- Bildungsreise bei: dem Verein der Bundestagsfraktion DIE LINKE e.V., der Alternative 54 e.V. der Thüringer Landtagsfraktion DIE LINKE und der Abgeordneten des Europäischen Parlaments Gabriele Zimmer.

J. Powollik
Basisgruppe des TVVdN-BdA SLF-RU, Mai 2018