Gedenken an Suhler Antifaschist:innen
7. Januar 2022
Rede von Elke Pudszuhn (BG Südthüringen)
Am 5. Januar 1945 wurden acht Antifaschist:innen der Widerstanssgruppe „Friedberg“ im „20-Sekunden-Takt“ im Lichthof des Landesgerichtsgefängnisses Weimar hingerichtet. Am Mittwoch, den 5. Januar 2022 gedachten Angehörige, Freund:innen und Mitglieder des TVVdN/BdA am Gedenkstein an der Wendeschleife Friedbergsiedlung der Ermordeten. Für unseren Verband sprach Elke Pudszuhn die Gedenkworte:
Vor 77 Jahren, am 5. Januar 1945 wurden die Mitglieder der Suhler Widerstandsgruppe „Friedberg“ Adolf Anschütz, Rudolf Gerngroß, Friedrich Heinze, Ernst König, Emil und Minna Recknagel, Carl Stade und Ewald Stübler im Hof des Landesgerichtsgefängnisses zu Weimar hingerichtet.
In der offiziellen Mitteilung vom 8.1.45 des Oberstaatsanwaltes von Weimar an den Reichsjustizminister, betrifft: Hinrichtung des Adolf Anschütz, Ernst König,und Ewald Stübler heißt es: „Die Hinrichtung erfolgte am 5.1.1945, sie dauerte je 20 Sekunden“. In einem standesamtlichen Dokument wurde die infame Lüge festgehalten,das Adolf Anschütz an einem plötzlichen Herztod verstorben sei.
An die Tochter von Adolf Anschütz, Hedwig Epple, schreibt er vor seiner Hinrichtung am 5.1.45 u.a.: „Ich bin unschuldig verurteilt […] sterben ist Gewinn, Leben ist Kampf […] ich habe für euch Kinder gelebt und gehofft, ein besseres Los zu erreichen, ich hoffe zuversichtlich, dass ihr es einmal besser bekommt als dein Vater. Mein letzter Gruß, mein letzter Gedanke, bleibt stark und treu.“
Seine Frau Anna (geborene Günther) und Tochter Hilde (verheiratete Zieglebner), seine Schwägerin Emma Koburg waren unter den 150 Verhafteten der zweiten großen Vierhaftungswelle am 8. Juni 1944 in Suhl. Sein Sohn und zwei Schwiegersöhne waren „gefallen“, der Mann von Annas Schwester Luise Otto-Keiner (bis 1933 kommunistischer Bürgermeister in Benshausen) wurde am 22.9.44 in Buchenwald ermordet und ihr jüngster Bruder Alwin Günther „saß“ in der Schweiz im Gefängnis. Anna konnte aus dem Todestransport aus Ichtershausen fliehen und traf einige Tage nach der Befreiung Suhls durch amerikanische Truppen in Suhl ein und konnte drei ihrer Töchter Ella, Wanda, Hilde mit ihren 6 Kindern in die Arme schließen.
Die letzten Zeilen von Friedrich Heinze an seine Frau Margarete, seine Tochter Ursula und Sohn Bodo: „Wenn ihr diesen Brief erhaltet, bin ich nicht mehr am Leben […] zu meinem Geburtstag denkt halt an mich […] ich sterbe als Deutscher für mein Vaterland! Ihr braucht euch nicht zu schämen.“
Die Nachricht über die Vollstreckung des Urteils wird Margarete an die Heimatadresse geschickt,die sie gar nicht empfangen kann, da sie selbst noch im Frauengefängnis Leipzig-Kleinmeusdorf eingesperrt ist.
Im Abschiedsbrief von Minna und Emil Recknagel an ihre zwei Kinder steht: „Ihr braucht Euch nicht zu schämen, wir sterben unschuldig. Wir werden gerächt […] Wir sind die unzähligen Opfer des Faschismus“.
Das sind nur einige Zeugnisse von den 28 ermordeten Frauen und Männern aus Suhl und Umgebung, die im Widerstand gegen Faschismus und Krieg ihr Leben gegeben haben für eine bessere Welt. Sie hätten bestimmt alle den Schwur der Überlebenden von Buchenwald vom 19. April 1945 mit geleistet:
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.
Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“