13. September: Gedenken an „Opfer des Faschismus“ und antifaschistische Widerstandskämpfer

20. September 2015

Der zweite Sonntag im September ist traditionell Anlass, die Opfer des Faschismus und die antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer zu ehren. Auch 2015 fanden in mehreren Städten Thüringens unter der Beteiligung der TVVdN/BdA Gedenkveranstaltungen statt, unter anderem in Erfurt, Suhl und Arnstadt. Am Ehrenhain auf dem Erfurter Friedhof sprachen auf Einladung der TVVdN/BdA der Bundestagsabgeordnete Steffen Claudio Lemme (SPD) und der stellvertretende TVVdN/BdA-Vorsitzende Paul Wellsow. Die Rede unseres stellvertretenden Vorsitzenden dokumentieren wir hier:

Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kameradinnen und Kameraden und liebe Genossinnen und Genossen,

der zweite Sonntag im September, das ist traditionell Anlass, die „Opfer des Faschismus“ und die antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer zu ehren. Hier am Ehrenhain auf dem Erfurter Hauptfriedhof wollen wir ihnen heute in Würde gedenken.

Im Namen der „Thüringer Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes / Bund der Antifaschisten“ begrüße ich zuerst sehr herzlich Karl Metzner aus Erfurt. Er hat aktiven Widerstand gegen den deutschen Faschismus geleistet. Ich freue mich sehr, dass Sie heute hier sind! Ich begrüße auch die anwesenden Angehörigen von Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern und Angehörige von Opfern des Faschismus herzlich!

Seit nun 70 Jahren, seit 1945, wird alljährlich im September den „Opfern des Faschismus“ gedacht. Seit 1947 liegt der Termin auf dem zweiten Sonntag im September. Eine gute Tradition der Erinnerns und Ehrens, die bis heute an vielen Orten gepflegt wird. Das Jahr 2015 ist dabei für das Gedenken ein besonderes Jahr. Ich will in diesem Zusammenhang hier nur einige Daten nennen: Am 27. Januar war der 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslager Ausschwitz durch die „Rote Armee“, am 7. April jährte sich die Befreiung des KZ Wiesengrund durch die französische Armee, am 11. April die Befreiung Buchenwalds durch die US-Truppen nachdem bereits in den Tagen zuvor die Häftlinge selbst gegen die Bewacher revoltiert und ihre Selbstbefreiung begonnen hatten, am 12. April die Befreiung des KZ Westerborg in den Niederlanden durch die kanadische Armee und am 15. April die Befreiung von Bergen-Belsen durch britische Truppen. Und natürlich – der 8. Mai als „Tag der Befreiung“ – ein Datum, dass nun auch in Thüringen zum gesetzlichen Gedenktag werden wird. Gerade die Debatte um den 8. Mai hier in Thüringen hat in den letzten Monaten klar gemacht, wie wichtig das Gedenken und das Erinnern an die historischen Fakten ist – leider haben zu viele vergessen, was war. Noch immer werfen einige Menschen längst überwunden geglaubte Stichworte, wie die einer angeblich „sauberen Wehrmacht“, in die Debatten.

Eine gute und notwendige Tradition des Gedenkens an die Opfer des Faschismus war und ist es, dass die Ehrungen überparteilich angelegt sind. Denn eine Lehre aus dem deutschen Faschismus und dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus war und ist es, dass Antifaschistinnen und Antifaschisten zusammen stehen müssen – was auch immer sie in anderen politischen, kulturellen, religiösen oder lebensweltlichen Fragen trennt. Daher freue ich mich sehr, eine Reihe von Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Organisationen, Institutionen und Parteien begrüßen zu dürfen – und bitte entschuldigen Sie, wenn ich nicht alle nenne. Für die Stadt Erfurt – auch ausdrücklich in Vertretung für Oberbürgermeister Andreas Bausewein – Frau Kathin Hoyer, Beigeordnete für Wirtschaft und Umwelt der Stadt Erfurt. Die Mitglieder des Erfurter Stadtrates und Mitglieder des Thüringer Landtages Karola Stange (DIE LINKE), Birgit Pelke (SPD) und Frank Warnecke (SPD) – außerdem die Stadträte Reinhard Duddek (DIE LINKE) und Rüdiger Bender (Bündnis90/Die Grünen).

Besonders begrüße ich in diesem Jahr Steffen Claudio Lemme, Bundestagsabgeordneter der SPD. Du warst ja auch in den vergangenen Jahren als Teilnehmer beim jährlichen Gedenken hier auf dem Friedhof – dieses Jahr konnten wir dich gewinnen, die Rede hier zu halten. Herzlich willkommen und vielen Dank für dein Kommen!

„Ehrendes Gedenken dem Antifaschistischen Widerstand und den Opfern des Naziregimes“ und: „Im ehrenden Gedenken an die durch den Faschismus in den Jahren 1933 – 1945 ermordeten jüdischen Bürger der Stadt Erfurt“ – das steht hier am Ehrenhain auf dem Erfurter Friedhof. Das soll auch unser Anliegen hier und heute sein. Wir sind aber auch hier, um das antifaschistische Vermächtnis der Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer ins Heute zu tragen, um die Mahnung der Opfer des Faschismus nicht ungehört verklingen zu lassen.

Fast jeden Morgen lesen wir in diesen Tagen von Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte – oder Häuser, allein deren Nutzung als Unterkunft für Geflüchtete geprüft wird. Menschen werden aufgrund ihrer Herkunft attackiert, und zugleich müssen wir in einigen Landesparlamenten die Reden geistiger Brandstifter hören, die sich nicht um eine Willkommens-Kultur für Menschen und um Integration bemühen, sondern die alles tun, um Öl ins Feuer zu gießen. In Mecklenburg-Vorpommern ist das die NPD, hier in Thüringen ist es derzeit die AfD. Die Unterschiede, die es gab, verwischen zunehmend.

Ich denke, es ist eine unserer Aufgaben, im Alltag rassistischen Ressentiments zu widersprechen. Überall dort, wo Neonazis aufmarschieren, Protest und Widerstand zu organisieren. Und zugleich Mitmenschlichkeit, Humanität und Hilfe für Menschen in Not zu organisieren. Dass, was wir in den letzten Tagen erlebt haben, macht Mut. Die Begrüßung von Geflüchteten am Bahnhof von Saalfeld durch Hunderte Menschen und Vertreter der Landesregierung und die Soforthilfe mit Lebensmitteln, Decken und Getränke. Oder die hunderten Kisten und Tüten mit gespendeter Kleidung, mit Kinderspielzeug, mit dem Bedarf des Alltags durch Menschen und die vielen Freiwilligen die Betten aufbauen, mit Kindern Fußball spielen, übersetzen oder Tipps für ein Leben hier in Deutschland geben. Offenbar gibt es beides in diesen Tagen: eine akute Bedrohung von Rechts, der wir uns offensiv entgegen stellen müssen – und eine überraschende, immense Bereitschaft zu helfen, und so ganz praktisch zu zeigen: Flüchtlinge sind hier willkommen.

Ich möchte Sie, ich möchte Euch in Erinnerung an die Opfer des Faschismus und an die antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und -kämpfer und aus Respekt für die Überlebenden um eine Minute des Schweigens bitten.

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Nachruf: Klaus Trostorff, 12. November 1920 – 7. August 2015

15. August 2015

Am 7. August 2015 starb in Erfurt der ehemalige Häftling des Konzentrationslagers Buchenwald, Klaus Trostorff, im fünfundneunzigsten Lebensjahr. Weil er Widerstand gegen den deutschen Faschismus geleistet hatte, verhaftete ihn die Gestapo Ende 1943 und wies ihn nach monatelangen Verhören im Gestapo-Gefängnis Breslau in das KZ ein. Dort war er der politische Häftling mit der Nummer 1819.

Nachdem er einige Wochen im Block 63 des Kleinen Lagers war, wies ihn die SS strafverschärfend als einzigen deutschen Häftling in das Lager für sowjetische Kriegsgefangene ein. Diese Ausnahmesituation führte zunächst zu Argwohn und großer Distanz. Nachdem seine Zuverlässigkeit überprüft und erprobt war, nahmen ihn die Kameraden in die Gemeinschaft der sowjetischen Kriegsgefangenen auf. »Ich habe in Buchenwald großartige Kumpel, großartige Freunde, Kameraden kennen gelernt – mutig, ehrlich, hilfsbereit […] ich habe ihnen wirklich mein Leben zu verdanken […]«, sagte er in einem Gespräch. Klaus Trostorff erlebte den 11. April 1945 als den Tag der Selbstbefreiung der Häftlinge. Gemeinsam mit den 21.000 Überlebenden des KZ leistete er am 19. April 1945 den Schwur von Buchenwald, der ihm Kompass für sein weiteres Leben wurde. In Erfurt fand der gebürtige Breslauer eine neue Heimat. Als Neulehrer unterrichtete er mehrere Jahre in Erfurt. An der Jenaer Universität beendete er ein Studium als Diplom-Gesellschaftswissenschaftler und nach einem Fernstudium erwarb er das juristische Staatsexamen. In den Jahren 1956 bis 1969 wirkte er in Erfurt als Kommunalpolitiker.

Am 1. September 1969 wurde er zum Direktor der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald berufen. Bleibende Verdienste erwarb sich Klaus Trostorff in engem Zusammenwirken mit dem Nestor der Zeitgeschichte der DDR, dem Buchenwaldkameraden Walter Bartel, bei der Schaffung des Buchenwaldarchivs, dem Aufbau der Wissenschaftlichen Abteilung, bei der Herausgabe der »Buchenwald-Informationen«, der »Buchenwald-Hefte« sowie einer Vielzahl weiterer wissenschaftlich fundierter Publikationen. Die Pädagogische Abteilung konnte sich zu einem wichtigen, anerkannten Bereich entwickeln. Am 31. August 1989 ließ er sich von seiner Funktion abberufen und ging in den Ruhestand. Im Thüringer Landesverband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten arbeitete er weiter mit und stand insbesondere jungen Gesprächspartnern stets zur Verfügung, so es sein Gesundheitszustand erlaubte. Die Mitglieder der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e.V. trauern um Klaus Trostorff, ihren guten Kameraden, Genossen, Freund, dessen Andenken sie in Ehren halten werden.

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Klaus Trostorff (hintere Reihe, 3. v.l.) im Kreis politischer Häftlinge unmittelbar nach der Selbstbefreiung der Häftlinge des KZ Buchenwald, April 1945.
Quelle: Sammlung Gedenkstätte Buchenwald 013-02.076, Aufnahme Alfred Stüber.


Letzte Begegnung der Landesvorsitzenden e.p. mit Klaus Trostorff und Günter Pappenheim am 11. April 2015 um 15.15 Uhr an der Gedenkplatte im ehemaligen Lager. Die Stunde der Selbstbefreiung beschreiben beide als „den schönsten Moment im Leben“.
V.l.n.r: Helmut Rook, dahinter Enkel Steffen, Klaus, sein Sohn Markus, davor Günter Pappenheim

Zweiter Stolpersteinlauf am 17.10.2015 in Gera

15. August 2015

In der Geraer Innenstadt findet am 17. Oktober 2015 der zweite Stolpersteinlauf unter dem Motto „Bewegt Erinnern“ statt. Der Stolpersteinlauf soll gesellschaftliche Erinnerungskultur in sportlicher Aktivität ermöglichen und bietet mehrere Möglichkeiten, bewegt zu erinnern.

Alles rund um den Lauf findet ihr auf der Internetseite www.stolpersteinlauf-gera.de

Rede von Ludwig Elm zum Magnus-Poser-Gedenken 2015

27. Juli 2015

Ansprache am Mahnmal für Magnus Poser, Jena-Nordfriedhof, 21. Juli 2015 von Ludwig Elm, Jena

Wir kommen an diesem Tag zum Gedenken an den mutigen und opferbereiten antifaschistischen Widerstandskämpfer Magnus Poser zusammen. Am 21. Juli 1944 erlag er in Buchenwald den schweren Schussverletzungen, die ihm beim nächtlichen Fluchtversuch aus dem Gestapo-Gefängnis Weimar von den ihn verfolgenden Schergen zugefügt wurden. Der 1907 geborene Jenaer beendete ein Leben als Tischlergeselle, Gewerkschafter, Naturfreund, Freidenker und Kommunist, der trotz Verfolgung und wiederholter Haft ab 1933 immer wieder selbstlos und wirksam in Jena und Thüringen mit Weg- und Kampfgefährten Widerstand organisierte.

Die Landesvorsitzende des Thüringer Verbandes VdN-BdA e. V., Elke Pudszuhn, hat vor einem Jahr an dieser Stelle das Leben und Sterben von Magnus Poser gewürdigt. Ihre Eltern, Else und Hans Raßmann aus Zella-Mehlis, hatten als Antifaschisten Ende 1933 Magnus und Lydia Poser im KZ Bad Sulza kennengelernt. Ein Foto von Pfingsten 1944 in Zella-Mehlis zeigt die Ehepaare Poser und Raßmann, ihre Kinder Ruth sowie Rolf und Elke und weitere Freunde. An diesem Mahnmal und mit unserer Begegnung am heutigen Tag gedenken wir Magnus Posers und ehren mit ihm die Kämpfer des Widerstandes gegen Rassismus, Nazismus und Militarismus sowie alle Opfer des Faschismus in Jena, Thüringen und darüber hinaus.

Noch stehen wir unter dem Eindruck des nur einige Wochen zurückliegenden 70. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus. Es sei Anlass, heute an die Lebens- und Kampfgefährtin von Magnus Poser, Lydia, geborene Orban, zu erinnern. Sie steht persönlich für ein Leben im Widerstand an seiner Seite und für den folgenden revolutionären Übergang und Neubeginn. Die Stenotypistin und Angestellte war bereits sechzehnjährig zum KJVD und vier Jahre später zur KPD gekommen. Damit gehörte sie einer Partei an, zu deren Wahl und Zusammengehen mit der SPD beim „Aufbau einer einheitlichen Arbeiterfront“ herausragende Persönlichkeiten des deutschen Geisteslebens vor der Reichstagswahl am 5. März 1933 in einem leidenschaftlichen Appell aufgerufen hatten, darunter Emil Julius Gumbel, Käthe Kollwitz, Robert Kuczynski, Heinrich Mann und August Siemsen.

Sie stand mit Magnus und anderen in jener Zeit auf der richtigen Seite und sie blieb sich treu, als es noch schwerer wurde. Lydia und Magnus wurden am 26. November 1933 verhaftet und sie im April 1934 vom Oberlandesgericht Jena wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Sie verbüßte ihre Haftstrafe bis Februar 1936 zunächst im Frauengefängnis Gräfentonna, danach in Hohenleuben. Kurz nach seiner Haftentlassung heirateten Magnus und Lydia am 26. September 1936. 1938 wurde die Tochter Ruth geboren. Lydia arbeitete von 1937 bis 1945 als Stenotypistin und Kassiererin. Sie wurde wie Magnus am 14. Juli 1944 erneut verhaftet, kam jedoch zwei Tage später frei.

1945 ging es darum, nach dem Ende des Verbrecherstaates und angesichts europa- und weltweiter Opfer und Verwüstungen eine grundlegende gesellschaftliche Erneuerung zu wagen. In Deutschland kam es darauf an, mit den machtpolitisch, militärisch und ideologisch Verantwortlichen für einen über dreißigjährigen Zyklus von Hochrüstungen, Vernichtungskriegen, Krisen, Verelendung und weiteren Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie einer weltgeschichtlich unübertroffenen Bilanz an Opfern und Zerstörungen zu brechen, sie zu entmachten und einen radikalen, antifaschistisch-demokratischen Umbruch zu verwirklichen. Lydia Poser ging diesen Weg mit, darunter als Bürgermeisterin von Jena (1946-48), Mitglied des Landtages (1946-50), Abgeordnete der Volkskammer (1950-59), Bezirkstagsabgeordnete und Vorsitzende des Rates des Bezirks Gera (1952-1959) sowie schließlich Vorsitzende des Bezirkskomitees Gera der Antifaschistischen Widerstandskämpfer.

Unter wenigen flüchtigen Begegnungen, bei denen ich sie als bescheidene und aufmerksame Frau wahrnahm, erinnere ich mich an die Verleihung der Würde einer Ehrensenatorin der Friedrich-Schiller-Universität anlässlich der 400-Jahrfeier 1958 im Volkshaus. Zum 75. Geburtstag wurde ihr am 30. Januar 1974 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Jena verliehen. Deren Aberkennung durch die Stadtverordnetenversammlung im März 1991 widerspiegelte den restaurativen Zeitgeist einschließlich der nachwirkenden Ressentiments der Täter und Mitläufer des Dritten Reiches. Dieses Votum sollte nicht das letzte Wort im historisch-politischen Selbstverständnis unserer Stadt sein. Die Teilnahme an dem mit persönlichen Entbehrungen, Opfern und großen Risiken verbundenen antifaschistischen Widerstand muss gerade in diesem Land als eigenständiger Wert gelten, mit dem nicht nach parteipolitischem oder zeitgeistigen Belieben umgegangen werden darf.

Unser Gedenken wendet sich auch im Jahre 2015 der Gegenwart zu: Internationale Spannungen und Krisen, Hochrüstung, Interventionen und langjährige Besatzungsregimes, staatlicher und nichtstaatlicher Terrorismus, aus allem erwachsende riesige Flüchtlingsströme prägen beträchtliche Regionen der Welt ebenso wie unaufgearbeitete Vergangenheiten und neue faschistische, rassistische und weitere menschenfeindliche Bewegungen und Umtriebe. Manche historischen Erfahrungen und Lehren sind umstritten. Auseinandersetzungen um den Ersten und den Zweiten Weltkrieg sowie den 8. Mai 1945 als bedeutendste Zäsur des 20. Jahrhunderts lebten seit Anfang 2014 neu und intensiv auf.

Die Fraktionen der LINKEN brachten im Bundestag sowie – gemeinsam mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen – im Thüringer Landtag Anträge zur Einführung eines gesetzlichen Gedenktages 8. Mai ein. Während er im Bundestag auch nach über 65 Jahren Bundesrepublik erneut routinehaft abgelehnt wurde, kann Thüringen dem Beispiel von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg folgen. Die Initiative wird von uns begrüßt und nachdrücklich unterstützt.

Allerdings erscheinen dazu kritische Anmerkungen unumgänglich. Die „Begründung“ im Antragstext ist gedanklich und stilistisch unausgewogen und insbesondere in ihrer historisch-politischen Grundtendenz unakzeptabel (bis beschämend) für alle, die das Vermächtnis der Hauptströme des antifaschistischen Widerstands wahren und offensiv in heutige Auseinandersetzungen einbringen wollen. Es kann nicht zugelassen werden, dass auf diese Weise auch unser Gedenken plakativ und konturlos wird, damit seinen radikaldemokratischen Ursprung verleugnet und auf diese Weise in die heutigen offiziellen konformistischen Erinnerungs- und Gedenkrituale überführt wird.

Die den genannten Text einleitende historische Skizze verdient an geeigneter Stelle eine kritische Durchsicht und Bewertung. Sie verfehlt das eigentliche Anliegen des Antrags bereits dadurch, dass eine ausdrückliche Würdigung der Leistungen und Opfer der Antihitlerkoalition sowie des europaweiten antifaschistischen Widerstandes einschließlich der Partisanenbewegungen fehlt. Darüber hinaus wäre es im Dienst geschichtlicher Wahrheit und Gerechtigkeit sowie angesichts der erheblichen Verzerrungen in der Geschichts- und Gedenkpolitik dieses Landes überfällig, die seit Beginn der dreißiger Jahre aus der Arbeiterbewegung kommenden Widerstandskräfte endlich als früheste, breiteste und opferreichste Hauptkraft des deutschen Widerstands zu würdigen.

Anschließend wird in jenem Text bemerkt, dass des 8. Mai „in Ost- und Westdeutschland sehr verschieden gedacht“ wurde. Wie wahr! Bezüglich der Bundesrepublik ist zu lesen: „Die Verbitterung über zerrissene Illusionen und das Leid, das der Krieg auch über deutsche Familien gebracht hatte, standen der Aufarbeitung lange im Weg.“ Es folgt eine langes Zitat aus der bekannten Rede R. von Weizsäckers anlässlich des 8. Mai 1985. Anscheinend gab es nach 1949 jahrzehntelang in der BRD keine verantwortlichen politischen Kräfte, keine Politiker und Parteien, nach deren Rolle in der Geschichts- und Gedenkpolitik zu fragen ist und die doch zumindest zu erwähnen wären?

Oder setzen die Verfasser voraus und fügen sich darein, dass es unerwünscht ist, daran zu erinnern, dass die Bundesrepublik von ihren Gründungstagen an ein Glücksfall für die Masse der Mitläufer und Täter des deutschen Verbrecherstaates – darunter auch zahlreiche schwerbelastete Nazi- und Kriegsverbrecher – gewesen ist?! Das reicht von der Schlussstrichpolitik der Mitte-Rechts-Regierung ab September 1949 über Strafffreiheit, Verjährungen, Amnestien, Bagatellstrafen für Massenmörder oder Strafminderung, Verfahrenseinstellungen, Haftverschonung usw. usf. über das Nazi-Schutz- und Förderungsgesetz zu Art. 131 GG von April 1951 sowie – bis heute wirksam – bis zur Nichtauslieferung von NS-Tätern, die im Ausland wegen ihrer Verbrechen verfolgt und verurteilt wurden. Es sei bei diesen Andeutungen belassen und es kann – wo immer eine Wille zu Aufklärung vorhanden ist – mit reichem Beweis- und Anschauungsmaterial ergänzt und untersetzt werden.

Die Kehrseite war und ist die feindselige Grundhaltung zum Antifaschismus, die bloß zeitgemäß bedingte Modifikationen seit 1949/50 erfuhr und die bis heute bei Politikern, Behörden, Medien, „Verfassungsschützern“, Juristen und Polizisten sowie weiteren staatstragenden Kräften in unterschiedlichen Facetten beobachtet und erlebt werden kann. Wir protestieren gegen die unsägliche offene Diskriminierung des bayerischen Landesverbandes der VVN-BdA. e. V. durch einen Verfassungsschutz, der von der CSU, der Nachfolgepartei der rechtsextremen Bayerischen Volkspartei (BVP), im Geiste dieses Erbes geleitet und geprägt wird. Deren Koalitionspartner in Berlin üben sich auch in diesem Fall in frag- und kritikwürdiger Nichteinmischung.

Im Unterschied – besser Gegensatz – zu diesem peinlich großmütigen Übersehen des Wesentlichen im Fall der alten Bundesrepublik wird in schlechtem Deutsch aus heutiger geschichtsideologischer Massenware entnommen, womit die DDR mit den üblichen Klischees denunziert und ihre antifaschistische Herkunft herabgesetzt wird. Dort sei der 8. Mai, so heißt es in einem Monstersatz, „ein zentraler Strang der geschichtspolitischen Untermauerung der SED-Herrschaft – verankert im kommunistischen Widerstand und mit Bezug auf die Rolle der Sowjetunion“ gewesen. Anderer Widerstand und die Shoah hätten „wenig Erwähnung gefunden“.

Zu diesen verbreiteten, von Unwissen und Ignoranz gespeisten und auf die Diskreditierung der antifaschistischen Herkunft der DDR gerichteten Entstellungen beschränke ich mich auf eine persönliche Erinnerung: Auf meine Initiative sowie unterstützt von weiteren Freunden und der Universität fand anlässlich des 20. Jahrestages der Ermordung der Geschwister Scholl und weiterer Mitglieder der Weißen Rose im Februar 1963 im Foyer der Aula der Universität Jena eine Ausstellung statt. An der Eröffnung hatte der rassistisch verfolgte, nach Frankreich emigrierte Kommunist und Widerstandskämpfer Otto Stamfort teilgenommen, den zu erwähnen die Autoren der Universitätsgeschichte von 2009 nicht mehr für notwendig oder angebracht hielten. Übrigens: An wieviel der zahlreichen westdeutschen Universitäten und Hochschulen – außer München – hat es in den fünfziger bis siebziger Jahren zu diesem oder vergleichbarem Anlass Gedenkveranstaltungen, Ausstellungen und Ehrungen gegeben?

Woraus erklärt sich der in diesem Rahmen bloß angedeutete Befund zu einem für sich doch sehr begrüßenswerten geschichtspolitischen Antrag von Mitte-Links im Thüringer Landtag? Liegt es an Unkenntnis, Unterschätzung und Nachlässigkeit, an Vorurteilen und Opportunismus, am Vorrang des politisch-taktischen Kalküls oder ist es einfach Auswirkung dessen, was fast ausnahmslos und mit hohem staatlichen Aufwand seit rund einem Vierteljahrhundert weithin einseitig, selektiv und apologetisch als Geschichte im öffentlichen Raum dominiert? Privatwirtschaftlich agierende Zeitungen, Zeitschriften, Internetdienste etc. wetteifern mit staatlichen und parteinahen Stiftungen und Institutionen, zahlreichen Einrichtungen der politischen Bildung und Schulbuchautoren darum, sich im Sinne der herrschenden Ideologie und Politik zu bewähren und dafür ihre Nützlichkeit zu beweisen.

Wahrscheinlich wirken die angedeuteten ursächlichen Aspekte irgendwie verflochten und in individuell unterschiedlicher Mischung zusammen und treten dann geschichtspolitisch in Erscheinung. Sie unkritisch hinzunehmen und nicht um Verständigung und angemessene geschichtspolitische Positionen bereits innerhalb der deutschen Linken und bis in die Mitte der Gesellschaft hinein zu ringen, wäre mit unseren Bekenntnissen zum antifaschistischen Erbe und Vermächtnis sowie zu den daraus immer neu erwachsenden Verpflichtungen, nicht vereinbar.

Literatur
Ruth Bahmann: Magnus Poser. Lebensbild eines Kommunisten, Jena 1981 (Lebensbilder revolutionärer Kämpfer, Heft 1) Die Autorin ist die Tochter von Lydia und Magnus Poser
Manfred Weißbecker: Ihm gebührt Hochachtung und ehrenvolles Gedenken: Magnus Poser, in: ALSO, PDS Jena- Stadt, 1 und 2/2007, S 3
Elke Pudszuhn: Erinnerung an den Widerstandskämpfer Magnus Poser zum 70. Todestag, http://thueringen.vvn-bda.de/2014/07/07/erinnerung-an

Persönliche Nachbemerkungen als ehemaliges MdB
(13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages 1994-1998)

Im März 1995 brachte die Gruppe der PDS im Bundestag den Gesetzentwurf „über den Tag der Mahnung und Erinnerung an die jüdischen Opfer des Massenmordes während der Nazidiktatur zwischen 1933 und 1945 in Deutschland“ ein mit dem Vorschlag: „Der 27. Januar wird zu einem gesetzlichen Feiertag erklärt.“ (Drucksache 13/810) Das war noch zum 50. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus der einzige förmliche Antrag im Parlament für einen solchen lange überfälligen Gedenktag in der Bundesrepublik. Zumindest die damalige Regierungskoalition (CDU/CSU und FDP) war jedoch unabhängig vom Inhalt weder bereit noch fähig, jemals einem Antrag der PDS zuzustimmen. Andererseits war sie vor diesem europäischen Gedenkereignis bemüht, zu vermeiden, im Parlament eine solche Initiative abzulehnen ohne eigene angemessene Vorschläge einbringen zu wollen oder zu können. Es kam zu einem interfraktionellen Kompromiss: Die PDS-Gruppe verzichtete auf Plenardebatte und Beschlussfassung, da zugesagt wurde, unverzüglich in eine parteienübergreifende Verständigung über Schritte zu einem solchen Gedenktag der Bundesrepublik einzutreten. Dies geschah mit dem Ergebnis, dass der Bundespräsident Anfang Januar 1996 den 27. Januar als Gedenktag dekretierte, der am Monatsende erstmalig vollzogen wurde. Bei Erörterungen anlässlich des 8. Mai 2015 im Bundestag blieb die Initiative der PDS von 1995 unerwähnt, während sie gelegentlich fälschlicherweise dem damaligen Bundespräsidenten Herzog (CDU) zugeschrieben wurde. Dieser hatte jedoch lediglich von amtswegen das Ergebnis der Meinungsbildung der Parteien in die gebotene Rechtsform umgesetzt.

Im folgenden Jahr reichte die Gruppe der PDS einen Gesetzentwurf „über den Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus“, also für einen Gedenktag 8. Mai, ein. (Drucksache 13/7287) In der ersten Lesung am 24. April 1997 äußerte Ludwig Elm bei der Begründung des Antrags u. a.: „Der eigentliche Beweis, dass der Bruch und das Neubeginnen nach 1945 radikal genug waren, ist von der größer gewordenen Bundesrepublik mit ihrer gewachsenen Verantwortung und mit ihren neuen Handlungsspielräumen erst noch zu erbringen.“ (Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode, 172. Sitzung, S. 15574) Aus der Perspektive von 2015 erweist sich die darin erkennbare Skepsis zumindest hinsichtlich wesentlicher Momente der seitherigen Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik leider als allzu begründet und zutreffend. Der Antrag wurde nach der Plenardebatte an den Innenausschuss verwiesen. Er empfahl die Ablehnung, die von der Mehrheit beschlossen wurde. L. Elm gab am 7. Mai 1998 eine Erklärung gegen diese Beschlussempfehlung zu Protokoll. (Ebenda, 235. Sitzung, S. 21643)

Reisebericht: Antifa-Fahrt zu den Partisanen im Piemonte in Italien vom 03. – 06.07.2015

14. Juli 2015

Die 23. Antifa–Fahrt des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten stand im Zeichen des 70. Jahrestages der Befreiung von Faschismus und Krieg. Wir widmeten sie den Menschen, die den Widerstand gegen den italienischen und deutschen Faschismus 1943-1945 mit dem Leben bezahlen mussten. Auf der Passhöhe des Colle del Lys (1.311 m) /Region Piemonte/ Provinz Turin wurden am 2. Juli 1944 auf grausame Weise 26 junge zum Teil unerfahrene Partisanen der Garibaldi-Brigade nach ihrer Gefangennahme während einer Durchkämmungsoperation grausam von SS-Bestien ermordet. 1955 wurde dort ein Turm des Gedenkens auf der Passhöhe errichtet, der nicht nur an das strategische Zentrum der hier operierenden Partisanen erinnert, sondern an alle 2.024 Partisanen, unter denen auch Internationalisten aus vielen Ländern Europas kämpften, die während der 20 Monate der Resistenza ihr Leben gaben. Vor den heranrückenden alliierten Truppen, die die Partisanen während ihres Kampfes nur unzureichend unterstützten, konnten die Partisanen aus eigener Kraft Städte, wie Turin, im April 1945 befreien. Während bei uns die Selbstbefreiung des KZ Buchenwald offiziell in Frage gestellt wird, überwiegt hier in Italien die Geschichtsschreibung der Partisanen.
Das Resistenza-Museum in Turin, welches wir besuchten, zeigt an Hand von Aussagen der Zeitzeugen und Filmen die Situation im damaligen Italien, die Grausamkeit der Faschisten gegen jegliche Opposition und den unbeugsamen Willen der Antifaschisten aus allen Kreisen der Bevölkerung. Eine weitere Gedenkstätte in Turin dokumentiert die Hinrichtungsstätte von 59 Italienern durch die Faschisten in der Zeit vom 8. September 1943 bis zum 28. April 1945. Nach dem Niederlegen eines Blumengebindes gedachten wir in einer Schweigeminuten diesen Opfern.
Der Höhepunkt der Reise war die Gedenkveranstaltung an die Erinnerung der Resistenza auf der Passhöhe. Es sollte eine große Überraschung für uns deutsche Antifaschisten werden. In Italien und speziell in dieser Region ist die Erinnerung an den Kampf gegen den Faschismus sehr tief verwurzelt. Man verspürte einen großen Stolz der Menschen auf ihre Geschichte. Alle Bürgermeister der Region, Carabinieri in ihren Ausgehuniformen und nicht wie bei uns Polizei in Kampfausrüstung anlässlich ähnlicher Gedenkfeiern oder Demonstrationen, Gebirgsjäger, die die Gewehre präsentierten beim Einmarsch der Fahnenträger mit den Traditionsfahnen der Dörfer, jede der Medaillen auf ihnen symbolisieren einen toten Widerstandskämpfer aus der Gemeinde. Junge Menschen aus Italien und Deutschland trugen Schilder, die an die einzelnen Partisaneneinheiten und die Nationen erinnerten aus denen Kämpfer sich am aktiven Widerstand beteiligten. Lieder der Partisanen aus Italien und aus Spanien wurden vorgetragen, das berühmte „bella ciao“ erklang mehrfach in den vielen Sprachen der Teilnehmer dieser Gedenkveranstaltung.
Als unsere Gruppe unter der Fahne der VVN-BdA einmarschierte, wurden auch wir mit viel Beifall empfangen. Überall wurden wir nach unserer Herkunft und den Symbolen auf der Fahne und unseren Halstüchern gefragt. Mit Händen und Füßen konnten wir uns oft nur aber gut verständigen. Es war eine große Herzlichkeit überall. Unser Ehrenvorsitzender Prof. Heinrich Fink überbrachte die Grüße der Thüringer Antifaschisten und erinnerte an die italienischen Zwangsarbeiter, die auch in Thüringen schuften mussten und oft ihr Leben dadurch verloren und an den Schwur von Buchenwald, den er an dieser Stelle erneuerte: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg. Besonders die ehemaligen Partisanen dankten ihm aus tiefen Herzen für seine Worte und erinnerten an den großen Deutschen, Ernst Thälmann. Übrigens, Heiner Fink wird noch heute von der bundesdeutschen Justiz wegen angeblicher aber unbewiesener Vorwürfe weiter verfolgt. Ihm, dem aufrechten Christen, galt und gilt unsere Solidarität.
Ein Kranz mit den Schleifen der Ravensburger VVN-BdA und unserer Gruppe zierte neben vielen anderen Kränzen und Blumengebinden den Sockel des Gedenkturmes. Die Ravensburger, die unsere Gruppe bei der Vorbereitung der diesjährigen Fahrt sehr unterstützte, pflegt schon seit 25 Jahren enge Kontakte zu den Partisanen im Piemonte.
Nach der Feierstunde begann ein buntes Volksfest auf der Passhöhe, wir wurden in einem großen Zelt mit italienischen Köstlichkeiten verwöhnt. Das gewaltige Rauschen der vielen hundert Gespräche wurde nur gelegentlich von italienischen Gesängen unterbrochen. Nach einem Bummel über den Festplatz brachte uns unser seit vielen Fahrten bekannter Busfahrer, Achim, sicher durch die engen und steilen Kurven der Passstraße zurück nach Turin/Rivoli. Er lieferte an diesem Tag sein Meisterstück ab. Es gab viel Beifall für diese Leistung.
Die Teilnehmer der Fahrt führten unendlich viele Gespräche, Nachkommen ehemaliger Häftlinge aus den KZs berichteten authentisch von ihren Eltern im Widerstand. Einige Teilnehmer berichteten von ihren neuen Büchern und anderen Vorhaben, die eng mit der Antifa verbunden sind. Beim Rotwein wurde viel gelacht und gescherzt, denn die Bejahung des Lebens ist für uns Antifaschistinnen und Antifaschisten eine wichtige Motivation für unser Tun. Eine Stadtrundfahrt machte uns mit Turin und seiner Geschichte bekannt.
Danke an alle, die zum Gelingen dieser Reise beigetragen haben, besonders möchten wir Elke Pudszuhn und Jupp Kaiser sowie Enzo Savarino von den Ravensburger Kameraden für ihre perfekte Organisation und die Beseitigung von Hindernissen nochmals danken. Im kommenden Jahr wird die Gedenkstätte des KZ-Friedhofes Birnau und des Goldbacher Stollen bei Überlingen am Bodensee das Ziel sein. Beim Bau dieses Stollens durch KZ-Häftlinge kamen damals auch viele Italiener ums Leben.
Eine Mitarbeit in der VVN-BdA bildet, erweitert den Freundeskreis und ist wichtig für die Zukunft. Ihr seid herzlich dazu eingeladen.

Im Namen der Teilnehmer: J. Powollik, BG der VVN-BdA SLF-RU, 07.07.2015

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Fahne der Brigade Garibaldi

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Vortragsveranstaltung zur Aufklärung von Naziverbrechen in Suhl

16. Mai 2015

Die Basisgruppe Suhl/Südthüringen lädt zu einer interessanten Veranstaltung zum Thema:

„Aufklärung von Nazi – und Kriegsverbrechen in der DDR“

an Hand von Recherchen in Akten und Dokumenten zur Vorbereitung von Ermittlungsverfahren wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
Darüber sprechen die Sachbuchautoren Dr. Reinhard Grimmer, Dieter Skiba und Reiner Stenzel aus Berlin.

Die Veranstaltung findet am
Donnerstag, den 21. Mai 2015
um 17.00 Uhr in der Kulturbaustelle (Friedrich-König-Str. 35)
statt.

Träger der Veranstaltung sind der Landesvorstand und die Basisgruppe Suhl/Südthüringen des TVVdN/BdA sowie die Regionalgruppe des RotFuchs.

Rede unserer Vorsitzenden Elke Pudszuhn am 7. Mai vor dem Erfurter Landtag

10. Mai 2015

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

Ich habe eine Einladung vom Präsidenten des Thüringer Landtages Herrn Carius erhalten zu einer Veranstaltung anlässlich des 70. Jahrestages des Endes des 2. Weltkrieges.

Am 8. Mai wurde eine Urkunde unterzeichnet, die bestimmte, dass das deutsche Oberkommando allen Streitkräften befehlen werde, am 8. Mai um 23.01 Uhr sämtliche Kampfhandlungen einzustellen, an ihren Orten zu verbleiben und ihre Waffen und alles Kriegsgerät unzerstört zu übergeben.

Der denkwürdige Ort, an dem die drei Vertreter des deutschen Oberkommandos das Papier zu unterzeichnen hatten, war Berlin-Karlshorst, wo sich heute ein Museum befindet.
Der letzte Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht, ausgefertigt am 9. Mai, suchte das klägliche und schändliche Scheitern der Welteroberer zu beschönigen. Sein Text sprach von einem „heldenhaften Ringen“, von „großen Siegen“ und „schweren Niederlagen“, von „einmaliger Leistung von Front und Heimat“.

Das interessierte die Menschen nicht mehr, obwohl sie jahrelang nach den Erfolgsmeldungen der OKW–Berichte gelechzt hatten.

In ihrer Mehrheit fragten sie sich, wie sie weiterleben könnten und müssten, wo sie eine Bleibe fanden und wie sie sich ernähren könnten. Millionen führte der Weg nach Osten und Westen in die Kriegsgefangenschaft.

Die Bedeutung des 8. Mai 1945 geht weit über die Markierung eines „Kriegsendes“ hinaus, wie das in der Einladung von Herrn Carius steht.

Mit diesem so wertneutralen und im Grunde nichts aussagenden Begriff, den offizielle Verlautbarungen und Medien in der Bundesrepublik Deutschland meist vorziehen, wird die welthistorische Zäsur des Sieges über den Faschismus und der Vollendung der Befreiung aller europäischen Völker nicht gerecht.
Auf ihrem schwer errungenen Weg von den Ufern der Wolga und den Küsten der Normandie in das Innere des Deutschen Reiches hatten die Soldaten der Alliierten Millionen Menschen aus der Gewalt der Eroberer befreit, Franzosen und Russen, Belgier und Luxemburger, Niederländer, Ukrainer und Polen.

Für sie alle hatte das Wort Befreiung einen unzweideutigen, im Wandel ihres Alltags sofort spürbaren Sinn.
Von vielen war die Last der Jahre währenden Todesdrohung genommen. Manche sagten, ihnen sei ein zweites Mal das Leben geschenkt worden. Indessen veränderte sich die Situation für die Befreier, als sie die Reichsgrenzen überschritten.

Bis dahin waren sie begrüßt, gefeiert, von frommen Menschen bekreuzigt und gesegnet worden. Nun also Deutschland, das Land, dessen Politik, gestützt auf die Massenaktion seiner Bewohner so viel Unheil angerichtet hatte. Über die Grenzen wurden Gefühle des Hasses, der Revanche und Rache mitgenommen, vielfach abhängig von dem Leid, das denen und ihren Nächsten widerfahren war, die nun hoffen konnten, dass sie den Tag des Sieges erleben würden.

Und die Deutschen? Wenn sie nicht wussten, so ahnten sie doch, was ihnen geschehen würde, wenn nun eine Abrechnung erfolgte und Gleiches mit Gleichem vergalt.
Das Gefühl des Befreitseins konnte nicht aufkommen.
Nicht bei denen, die Haus und Hof hatten verlassen müssen, nicht bei den Millionen, die den Weg in die Kriegsgefangenschaft anzutreten hatten, nicht bei den Millionen „kleinen“ oder sich klein machenden Nazis, die damit rechnen mussten, dass von ihrer Rolle die Rede sein würde und nicht folgenlos.
Und selbst jene, die von Krieg und Kriegsfolgen kaum etwas zu spüren bekommen hatten, sahen ungewiss und beklemmt in die Zukunft.

Wer diese subjektive Befindlichkeit des Frühjahrs 1945 zum Maßstab für die Beurteilung des Geschehens nimmt, dem mag der Begriff Befreiung nur für die Insassen von Konzentrationslagern, die politischen Häftlinge in Zuchthäusern und Gefängnissen, für die im Reich befindlichen Kriegsgefangenen und ausländischen Zwangsarbeitern taugen.
Heute erkennen über 80 Prozent der Bevölkerung den Tag als den Tag der Befreiung an.

Wenn man vom 8. Mai 1945 spricht, muss man auch den 30. Januar 1933 nennen, den Tag der „Machtergreifung“, an dem die Weichen für die „Neuordnung Europas“ gestellt wurden. Von hier aus wollte sich ein „Tausendjähriges Reich“ über die versklavten Völker erheben. Dem Terror nach innen folgte der Terror nach außen.
Der Terror nach innen richtete sich zuerst gegen Kommunisten und Sozialdemokraten.
Unter den bereits 1933 verhafteten Antifaschisten waren auch meine Eltern.
Von den 18 Millionen Menschen, die das NS-Regime in KZ, Gefängnisse und Zuchthäuser verbrachte, wurden 11 Millionen ermordet oder durch Arbeit vernichtet. Mit dem Novemberpogrom am 10. November 1938 wurden 10 000 jüdische Männer nach Buchenwald gebracht.
Unfassbar der industrielle Massenmord an sechs Millionen europäischen Juden, die – wie auch 600 000 Sinti und Roma – dem Rassengenozid zum Opfer fielen.

In Deutschland mussten fast acht Millionen und in Japan über zwei Millionen Menschen aus den eroberten Ländern Zwangsarbeit leisten.
Viele haben ihre Heimat nicht wieder gesehen.

Die Bilanz des Zweiten Weltkrieges bleibt auch nach 70 Jahren eine Bilanz des Schreckens, die das menschliche Vorstellungsvermögen überfordert. Nach neuesten Berechnungen starben mehr als 60 Millionen Menschen bei Kampfhandlungen, durch Repressalien, Massenvernichtungsaktionen und Kriegseinwirkungen.
Mit über 27 Millionen hatte die Sowjetunion die mit Abstand größten Verluste zu beklagen, China 15 Millionen, Polen 6 Millionen, 1,7 Millionen Jugoslawien.

Die Hauptlast im Kampf gegen Nazi-Deutschland trug die Sowjetunion, aber der Sieg über den deutschen Faschismus und die Befreiung Europas bleiben eine Leistung aller Verbündeten in der Anti-Hitler-Koalition.

Deshalb:
Im 70 Jahr der Befreiung von der Barbarei gedenken wir der Opfer von Faschismus und Krieg.

Wir verneigen uns tief vor den Soldaten der Anti-Hitler-Koalition, vor den Partisanen und den Kämpfern des illegalen Widerstandes, vor Zwangsarbeitern und Wehrmachtsdeserteuren.

Wir verneigen uns ehrfurchtsvoll vor den elf Millionen in den KZ, Zuchthäusern und Folterkammern der Gestapo bestialisch Ermordeten, vor jenen, welche die Hölle überlebten und am 8. Mai 1945 schworen: „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“

Wir verneigen uns in besonderer Dankbarkeit vor dem sowjetischen Volk und seiner Roten Armee – vor dem Land, das die Hauptlast bei der Zerschlagung des Faschismus trug.

Wir bekunden unsere unbeschreibliche Abscheu vor dem Rassenwahn der Nazis, dem sechs Millionen Juden und sechs hunderttausend Sinti und Roma zum Opfer fielen.

Und wir vergessen nicht die Missbrauchten: Nicht jene, die Hitler hinterherliefen, ihn zumindest tolerierten und die ihm dienend für deutsche Kapitalinteressen krepierten.
Sechs Millionen Deutsche fielen und starben im Bombenhagel oder auf der Flucht.

Doch wir können gerade hier und heute nicht beim Erinnern stehen bleiben; wir müssen mit Brecht sagen:
„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“:
Die Botschaft der Überlebenden „Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg“, ist nicht eingelöst. Kriege gibt es immer noch in der Welt.
Der Schwur von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“, ist auch nach 70 Jahren noch nicht erfüllt.
Aktuelle Entwicklungen von Nazismus, Rassismus und Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Völkerhass nicht nur in Deutschland sind ausgehend vom Gedenken an die Geschichte, für uns die Herausforderung für politisches Handeln in der Auseinandersetzung mit diesen Erscheinungen.

Ich möchte mit Brecht enden.
Rede für den Frieden, 1952
Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz.
Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer.
Die Beschreibungen, die der New Yorker von den Gräueln der Atombombe erhielt, schrecken ihn anscheinend nur wenig.
Der Hamburger ist noch von umringt von Ruinen, und doch zögert er, die Hand gegen einen Krieg zu erheben.
Die weltweiten Schrecken der vierziger Jahre scheinen vergessen.
Der Regen von Gestern macht uns nicht nass, sagen viele.
Die Abgestumpftheit ist es, die wir zu bekämpfen haben, ihr äußerster Grad ist der Tod.
Allzu viele kommen uns heute vor wie Tote, wie Leute, die schon hinter sich haben, was sie vor sich haben, so wenig tun sie dagegen.
Und doch wird mich nichts davon überzeugen, dass es aussichtslos ist, der Vernunft gegen ihre Feinde bei zu stehen.
Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!

Elke Pudszuhn, Landesvorsitzende des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten

Brief unserer Landesvorsitzenden an den Präsident des Thüringer Landtages

7. Mai 2015

Vom 7. Mai 2015

Sehr geehrter Herr Präsident des Thüringer Landtages Christian Carius,

ich habe Ihre Einladung zur heutigen Veranstaltung anlässlich des 70. Jahrestages des Endes des 2. Weltkrieges im Thüringer Landtag erhalten und werde auch teilnehmen.
Gestatten Sie mir als Tochter der Antifaschisten Hans und Else Raßmann aus Zella-Mehlis, die bereits am 30. November 1933 in das KZ Bad Sulza in „Schutzhaft“ genommen wurden, KZ und Gefängnis und mein Vater das KZ Buchenwald überlebt haben, diese Einladung zum „Ende des 2. Weltkrieges“ nicht akzeptieren kann. Die faschistische Barbarei begann am 30. Januar 1933 und nicht mit dem Beginn des 2. Weltkrieges 1939 mit dem Überfall der Wehrmacht auf Polen.
Der Tag der Befreiung spielt nicht nur für die überlebenden Verfolgten des Naziregimes, für AntifaschistInnen, DemokratInnen und WiderstandskämpferInnen eine bedeutende Rolle, er sollte auch für unser Gedenken an die Gräueltaten des Faschismus in Deutschland und Europa besondere Würdigung erfahren.Der 8. Mai 1945 ist der Tag der Befreiung, nicht nur für die Überlebenden aus den Konzentrationslagern, Zuchthäusern,Gefängnissen, auch für diejenigen, die Hitler bis dahin bejubelten, gab es die Chance, ein neues Leben zu beginnen.
Heute erkennen 80 Prozent der Bevölkerung den Tag als Tag der Befreiung an.

Ich werde mich an der Kundgebung vor dem Landtag beteiligen und zu den Teilnehmern sprechen.
Ich lege meine Rede bei und bin auch gern zu einem Gespräch bereit.

Mit freundlichen Grüßen

Elke Pudszuhn
Landesvorsitzende des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten

Einladung zum Gedenken an die ZwangsarbeiterInnen und Häftlinge des Zwangsarbeiterlagers/KZ Außenlagers von Buchenwald in Neustadt bei Coburg

27. April 2015

Am Samstag, den 2. Mai 2015 um 11.00 Uhr findet am Gedenkstein Austraße / Ecke Halskestraße in Neustadt bei Coburg das Gedenken an die ZwangsarbeiterInnen und Häftlinge des Zwangsarbeiterlagers/KZ Außenlagers von Buchenwald statt.

Es sprechen:

  • ein Vertreter der Stadt Neustadt
  • Elke Pudszuhn (Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora LAG)
  • Günter Pierdzig (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der AntifaschistInnen VVN/BdA)
  • Klaus Dimler (Sohn eines Buchenwald-Häftlings)

Eine Veranstaltung der VVN/BdA Bamberg in Zusammenarbeit mit der LAG Buchenwald-Dora.

Informationen zum Außenlager könnt ihr der Einladung entnehmen!

Veranstaltungen zum 90. Jahrestag des Bestehens des Hotels „Am Wald“ in Elgersburg am 18./19. April 2015

14. April 2015

Vor 90 Jahren, am 12. April 1925 wurde das Kinderheim der Internationalen Roten Hilfe als MOPR-Heim eingeweiht. Die wechselvolle Geschichte des Hauses, seiner Bewohner und Erholungssuchenden soll im Mittelpunkt der Veranstaltungen stehen unter dem Motto:

Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker

Samstag, den 18.4.2015

10.00-12.30 Uhr
Musikalische Einstimmung durch Holger und Katrin Hänsgen, danach Einführung zur Geschichte des Hauses kurz Elke Pudszuhn, Übergabe an Dr. Gerd Kaiser zur Gesprächsleitung über „Deutschland, Russland und Komintern“ – neue Forschungsergebnisse und neu erschlossene Dokumente aus der 3-bändigen Ausgabe (Weber, Drabkin, Bayerlein) und über Schicksale von Thüringer Kommunisten in diesem Buch. Es kommen Angehörige zu Wort.

12.30 Uhr Mittagessen

13.30-15.30 Uhr

Erinnerung bewahren und Gegenwart gestalten – Einführung zum Thema: Susanne Hennig-Wellsow, Landesvorsitzende der Linken Thüringens. Danach: Von Elgersburg bis Iwanowo, Solidarität mit den Kindern. Inge Glesel, Berlin, spricht über sich und die Geschichte des Kinderheimes in Iwanowo von damals bis heute, mit DVD-Film. Anschließend Gesprächsrunde aller Teilnehmer zum Thema.

15.30-16.00 Uhr Pause

16.00-18.00 Uhr
Was hat die Ausstellung „…ich kam als Gast in euer Land gereist“ seit dem Erscheinen an neuen Erkenntnissen gebracht? Inge Münz-Koenen und Inge Glesel. Es wird fortgesetzt mit Auszügen aus Elfriede Brünings Buch „Lästige Zeugen? – Tonbandgespräche mit Opfern der Stalin-Zeit“ und neues zu Clara Berger aus Zella-Mehlis im Gespräch mit der Nichte von Clara Berger.

Abendessen

gemütliches Beisammensein

Sonntag, den 19.4.2015

Internationale Solidarität mit Kuba durch Cuba si

9.30-10.00 Uhr
kubanische Rhythmen von einem kubanischen Freund

10.00-12.00 Uhr
„Amboss oder Hammer“ – Gespräche über Kuba, Buchlesung und Gespräch mit Hans Modrow

12.00-13.00 Uhr Mittagessen

ab 13.00 Uhr bis Ende der Veranstaltungen gegen 15.00 Uhr

Cuba si in Thüringen: Gestaltung des Nachmittags durch Inge Giewald über die Aktivitäten von Cuba si in Thüringen, mit Erlebnissen von Barbara Frischbier, die im Januar/Februar 2015 vier Wochen in Kuba tätig war sowie einer Powerpoint-Präsentation von Rudi Körper über einen Solidaritäts-Baueinsatz in einer Behindertenschule und Beiträgen der Teilnehmer.

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