70 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs, Befreiung und Potsdamer Konferenz

4. Januar 2015

Von Prof. Dr. Ludwig Elm, Basisgruppe Jena

(Dieser Beitrag ist das Referat, das Kamerad Ludwig Elm im Plenum des 21. Friedenspolitischen Ratschlags in Kassel am 6./7. Dezember 2014 gehalten hat)

Hundert Jahre nach 1914: Die europäische Krise und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914 beherrschten die Geschichtsdebatten des Jahres 2014; fortgesetzt anlässlich des 75. Jahrestages des Beginns des Zweiten Weltkriegs sowie schließlich nach 25 Jahren erinnernd an den Mauerfall und die 1989/90 in Europa und darüber hinaus vollzogenen oder eingeleiteten Umbrüche. Jahrestage und Jubiläen sind Anlässe für Forschungen, Debatten, Feiern und Erinnern; im Fall des Jahres 2014 verstärkt durch den inneren historisch-politischen Zusammenhang der Entwicklungen und Ereignisse, der Wege der Akteure und aller Beteiligten von 1914 über 1918/19, 1933, 1938/39, 1945 bis 1989/90 und heute – in Deutschland, Europa und global. 70 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs, Befreiung und Potsdamer Konferenz weiterlesen »

PM: Gedenken und Erinnern an die Hinrichtung der Suhler Antifaschisten der Friedberger Widerstandsgruppe vor 70 Jahren in Weimar

29. Dezember 2014

Pressemitteilung vom 26. Dezember 2014

In den ersten Januartagen vor 70 Jahren wurden acht Mitglieder der Widerstandsgruppe „Friedberg“ im Landgerichtsgefängnis Weimar hingerichtet.

Adolf Anschütz, Emil Eckstein, Alfred Gerngroß, Rudolf Gerngroß, Friedrich Heinze, Ernst König, Emil Recknagel, Minna Recknagel, Karl Stade und Ewald Stübler wurden des Hochverrates angeklagt und zum Tode verurteilt. Was war ihr „hochverräterisches Verbrechen“? Sie und weitere Antifaschisten organisierten den Widerstand in den Rüstungsbetrieben und erwiesen den ausländischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern sowie den Kriegsgefangenen solidarische Hilfe.

Emil Eckstein und Alfred Gerngroß verstarben Ende 1944 an den Folgen grausamer Misshandlungen durch die Nazis in Gestapohaft.

Über die Hinrichtung von Mitgliedern des Suhler Widerstandes im Landgerichtsgefängnis Weimar berichtet der Oberstaatsanwalt in Weimar an den Generalstaatsanwalt in Jena in zynischer Weise:
„… bei 8 Männern und 1 Frau handelt es sich um die Suhler Hochverräter für den Volksgerichtshof. Es ist das erste Mal, dass hier 10 Hinrichtungen auf einmal erfolgen. Solche Massenexekutionen stellen erhebliche Ansprüche an die Wendigkeit und an die Nervenstärke aller beteiligten Beamten. Trotz hemmender äußerer Umstände (keine Heizung, kein Wasser) ist alles reibungslos in verhältnismäßig kurzer Zeit abgegangen…“
(Quellen zur Geschichte Thüringens: Die Geheime Staatspolizei im NS-Gau Thüringen 1933-1945, Seite 276)

Am Sonntag, den 4. Januar 2015 um 10.00 Uhr werden Angehörige, Mitglieder der Basisgruppe Suhl/Südthüringen des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten und Suhler Bürger am Standort der Gedenkstätte an der Wendeschleife Friedbergsiedlung der Ermordeten gedenken und darauf aufmerksam machen, dass in der heutigen Zeit neonazistische Gewalt bis Mord, die Missachtung menschlichen Lebens, immanenter Bestandteil einer faschistischen Ideologie ist.
Die Gedenkworte spricht Elke Pudszuhn, Landesvorsitzende des TVVdN/BdA.

VVN-BdA heißt Flüchtlinge in Deutschland herzlich willkommen!

18. Dezember 2014

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Angesichts steigender Flüchtlingszahlen aus den aktuellen Kriegs- und Krisengebieten und den rassistischen Mobilisierungen in Deutschland gegen die Aufnahme von Geflüchteten, stellt sich der VVN-BdA auf die Seite der Hilfesuchenden und ihrer Unterstützer in Deutschland. Mit dem nachfolgenden Flyer wollen wir dem Nachdruck verleihen.

Flüchtlinge willkommen! (zum Öffnen draufklicken)

Gedanken zum Volkstrauertag

28. November 2014

Am Vorabend des Volkstrauertages beteiligte sich unsere Vorsitzende, Elke Pudszuhn, mit einem Redebeitrag an der antifaschistischen Demonstration gegen den Volkstrauertag, die deutsche Gedenkpolitik und den Naziaufmarsch am Tag darauf in Friedrichroda. Ihren Beitrag, der im Rahmen einer Auswertung der antifaschistischen Aktionswoche auf dem Portal der Antifaschistischen Gruppen Südthüringen (AGST) veröffentlicht worden ist, dokumentieren wir hier:

Man muss schon in die Geschichte dieses Tages schauen, um deren Werdegang zu begreifen. 1926 für kapitalistische Interessen geopferte Soldaten auf den Schlachtfeldern des 1. Weltkrieges ins Leben gerufen, war dieser Tag in der Weimarer Republik nie ein gesetzlicher Feiertag. 1934 wurde der Tag zum Heldengedenktag umbenannt und ab 1939 dem Tag der Wiedereinführung der Wehrpflicht am 16. März begangen. Ab 1952 findet in Abgrenzung zum Heldengedenktag aus der Nazizeit, der sogenannte Volkstrauertag in der alten Bundesrepublik am Ende des Kirchenjahres im November statt. In der DDR wurde dieser Tag nie begannen, aus gutem Grunde.

Nun wird seit 1990 der „Toten zweier Weltkriege an den Fronten und in der Heimat und an die Opfer der Gewaltherrschaften aller Nationen“ gedacht. Wo keine alten Kriegerdenkmäler auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bestanden, wurden neue in den Orten errichtet, um auch der „Opfer der DDR und des Stalinismus“ am sogenannten Volkstrauertag zu gedenken. Und man bezieht in den Reden bereits die für deutsche Interessen umgekommenen Bundeswehrsoldaten ein, aber nicht die, die durch deutsche Beteiligung an den Kriegen in der Welt umgekommene Zivilbevölkerung, darunter viele unschuldige Kinder.

Nun wird bei Potsdam ein neuer Gedenkplatz für „gefallene“ Bundeswehrsoldaten, es sind seit 1990 100, die meisten in Afghanistan umgekommen, geschaffen. Die Verwischung der Grenzen zwischen Opfer und Täter-innen, der verharmlosende Vergleich von DDR und Naziregime sollen Ursache und Wirkung von Krieg und Völkermord verschleiern. Gedenken ist allgegenwärtig und während das Erinnern an Ereignisse der Geschichte genau diese lebendig erhalten und sich durch Analyse des Vergangenen Perspektiven für das Kommende ergeben können, wird innerhalb der offiziellen Gedenkpolitik häufiger Geschichte an das bestehende angepasst, als an sie erinnert und kritisch reflektiert. Die Deutung über die Geschichte ist ein wichtiges Element herrschender Politik.

Geschichtsdeutungen und -politik ist aber auch ein Feld, dessen sich traditionell auch Nazis annehmen. Neben dem Volkstrauertag ist es besonders der 13. Februar in Dresden, an dem ein „Trauermarsch“ stattfindet, mit dem die Nazis der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg gedenken. Der bürgerliche Protest dagegen versteht sich zwar als antifaschistisch, unterstützt aber dennoch den Opfermythos. Diese Deutung der Geschichte ist Ausdruck kollektiver Erinnerungspolitik, die durch ein breites bürgerliches Spektrum getragen wird, während linke antifaschistische Proteste jedes Jahr starker Repressionen ausgesetzt sind. Das zeigen die Prozesse gegen Pfarrer König aus Jena, Terra und Heiner Fink aus Berlin oder gegen Bodo Ramelow.

Meine Solidarität gilt allen antifaschistischen Kämpfern im Hier und Heute. Anlässlich des dritten Jahrestages der Enttarnung der rechten Terrorgruppe NSU am 4. November 2011 in Eisenach forderte ich in einer Presseerklärung die Landesregierung auf, endlich konkrete Schritte für die Errichtung eines Gedenkortes für die Opfer des NSU zu unternehmen. Es ist beschämend, dass auch drei Jahre nach dem Auffliegen des NSU in Thüringen noch immer kein Gedenkort für die Opfer des NSU existiert. In anderen Bundesländern gibt es bereits Denkmäler, teils wurden sogar Straßen und Plätze nach Opfern der Nazi-Mörder benannt. Doch in Thüringen, dem Entstehungsort des NSU gibt es seitens der CDU geführten Landesregierung bisher nicht mal konkrete Pläne für einen Gedenkort an die Opfer. Es wird Zeit, dass etwas geschieht! Eine neue Landesregierung muss umgehend aktiv werden, um auch hier einen Ort zu schaffen, der an die Opfer des Terrors und an die Mitverantwortung der Thüringer Politik und Behörden erinnert.

Aufklärung und Erinnern gehören zusammen. Im kommenden Jahr beginnt das offizielle Gedenken am 27. Januar mit dem Tag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee vor 70 Jahren und setzt sich fort mit dem Erinnern an die Befreiung der Städte und Dörfer in Deutschland sowie der Befreiung der Häftlinge aus den KZ`s, Zuchthäusern und Gefängnissen bis hin zum 8. Mai. Würden die Abgeordneten des Bundestages endlich den 8. Mai als Tag der Befreiung als gesetzlichen Gedenktag einführen, könnte der verlogene Volkstrauertag wegfallen. Am 8. Mai, dem Tag der Befreiung Europas von der Barbarei, gedenken wir der Opfer des Faschismus: das ist der Tag, an dem wir uns tief verneigen vor den Soldaten der Anti-Hitler-Koalition, vor den Partisanenund Kämpfern des illegalen Widerstandes, vor den Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen und Wehrmachtsdeserteuren. An dem wir uns ehrfurchtsvoll verneigen vor den 11 Millionen in den KZ`s, Zuchthäusern und Folterkammern der Gestapo bestialisch Ermordeten, vor jenen, welche die Hölle überlebten und am 8. Mai schworen:
NIE WIEDER FASCHISMUS – NIE WIEDER KRIEG!

An dem wir uns in besonderer Dankbarkeit verneigen vor dem sowjetischen Volk und seiner Roten Armee- vor dem Land, das die Hauptlast bei der Zerschlagung des Faschismus trug, an dem wir unsere unbeschreibliche Abscheu vor dem Rassenwahn der Nazis, dem 6 Millionen Juden und 600000 Sinti und Roma zum Opfer fielen, und wir vergessen nicht die Missbrauchten: nicht jene,die Hitler hinterher liefen, ihn zumindest tolerierten und die – ihm dienend – für deutsche Kapitalinteressen krepierten. 6 Millionen Deutsche fielen oder starben im Bombenhagel oder auf der Flucht.

Doch erinnern allein genügt nicht, wir müssen mit Brechts Worten sagen: „Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“! Deshalb treten wir weiterhin für die Erfüllung des Schwurs ein, den die Überlebenden am 19.4.1945 auf der Totenfeier des selbst befreiten KZ Buchenwald leisteten: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“.

Ich lade euch heute schon ein, am 11./12. April 2015 an den Befreiungsveranstaltungen und Begegnungen mit Zeitzeugen teilzunehmen und den Schwur zu erneuern. Das sind wir allen Ermordeten und Geschundenen schuldig; alles zu tun, ihren Kampf für eine friedliche Welt fortzusetzen und gegen Neonazismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Völkerhass einzustehen.

Pressemitteilung: Endlich Gedenk-Ort für NSU-Opfer schaffen

4. November 2014

TVVdN/BdA vom 3. November 2014

Anläßlich des dritten Jahrestages der Enttarnung der rechten Terrorgruppe NSU am 4. November 2011 in Eisenach fordert die „Thüringer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten“ (TVVN/BdA) die Thüringer Landesregierung auf, endlich konkrete Schritte für die Errichtung eines Gedenk-Ortes für die Opfer des NSU zu unternehmen.

Die Vorsitzende des Verbandes Elke Pudszuhn sagt: „Es ist beschämend, dass auch drei Jahre nach dem Auffliegen des NSU in Thüringen noch immer kein Gedenk-Ort für die Opfer des NSU existiert. In anderen Bundesländern gibt es bereits Denkmäler, teils wurden sogar Straßen und Plätze nach Opfern der Nazi-Mörder benannt. Doch in Thüringen, dem Entstehungsort des NSU, gibt es seitens der CDU-geführten Landesregierung bisher nicht einmal konkrete Pläne für einen Gedenkort an die Opfer. Es wird Zeit, dass etwas geschieht! Eine neue Landesregierung muss umgehend aktiv werden, um auch hier einen Ort zu schaffen, der an die Opfer des Terrors und an die Mitverantwortung der Thüringer Politik und Behörden erinnert. Aufklärung und Erinnern gehören zusammen.“

Am vergangenen Wochenende tagte der Landesvorstand der TVVN/BdA in Elgersburg und beschloss seinen Arbeitsplan für das Jahr 2015. Breiten Raum wird im kommenden Jahr das Gedenken an den 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald am 11. April und an den Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus am 8. Mai einnehmen. Pudszuhn kommentiert: „Es ist eine der wichtigsten Aufgaben für uns, mit dafür zu sorgen, dass die Geschichte des Nationalsozialismus und des antifaschistischen Widerstandes nicht in Vergessenheit geraten. Aufklären über die Geschichte, Erinnern und Mahnen beginnt vor Ort – in den Gemeinden, Städten und Kreisen. Der 70. Jahrestag bietet dafür Anlaß und Gelegenheit.“

Zella-Mehlis: Gedenken an Werner Seelenbinder

30. Oktober 2014

Am Freitag den 24. Oktober 2014 fand an der Mehrzweckhalle „Schöne Aussicht“ in Zella-Mehlis eine Gedenkveranstaltung mit rund 40 Menschen statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom VVN – BdA Thüringen.

Gegen 15 Uhr versammelten sich bei sonnigen Wetter rund 40 Menschen an der Statue von Werner Seelenbinder. Elke Pudszuhn, Landesvorsitzende des TVVdN/BdA, eröffnete die Veranstaltung mit einer Rede zu Seelenbinders Leben und seiner Hinrichtung durch die Nationalsozialisten am 24. Oktober 1944.

Seelenbinder war in den 1930er Jahren ein Sportler im Arbeiterbund und engagierte sich neben seinen sportlichen Aktivitäten für die KPD. Ebenfalls arbeitete Seelenbinder längere Zeit für die zur NS-Zeit im Untergrund aktive Rote Hilfe. In Berlin hielt er über längere Zeit enge Kontakte zu einer kommunistischen Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus, welche jedoch im Februar 1942 zerschlagen wurde, woraufhin Seelenbinder von der Gestapo verhaftet wurde. In Folge dessen wurde Seelenbinder zwei Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern und Zuchthäusern inhaftiert und schließlich 1944 durch den Volksgerichtshof in Potsdam zum Tode verurteilt.

In seiner Zeit als aktiver Sportler war Seelenbinder 1932 auch in Zella-Mehlis zu Gast und trat dort u.a. gegen den Zella-Mehliser Antifaschisten Hans Raßmann an.

Im Anschluss an die Rede und das Niederlegen von Blumengebinden bestand die Möglichkeit mit Elke Pudszuhn in einem Raum der Mehrzweckhalle gemeinsam zu diskutieren, was ein Großteil der Anwesenden auch wahrnahm.

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Quelle: Antifa Suhl/Zella-Mehlis

Einladung zum Gedenken an Werner Seelenbinder

15. Oktober 2014

Am 24. Oktober 2014 vor 70 Jahren wurde der Ringkämpfer und Antifaschist Werner Seelenbinder hingerichtet.
Mit seinem Namen ist der Ringkampfsport in Zella-Mehlis eng verbunden. 1932 kam es in Zella-Mehlis zum letzten Vergleichskampf seines Vereins „Berolina“ Berlin mit den Ringern des Vereins „Eisenkraft“, dem mein Vater Hans Raßmann angehörte und er gegen Werner Seelenbinder antreten musste.

Am Freitag, dem 24. Oktober 2014 um 15.00 Uhr wollen wir an der Skulptur Werner Seelenbinders neben der Mehrzweckhalle, „Schöne Aussicht“, Köhlersgehäu in Zella-Mehlis gedenken und anschließend in der Mehrzweckhalle mit den erschienenen Interessierten über sein Leben und die Verbindung zu den Zella-Mehliser Ringern ins Gespräch kommen.

Sie sind herzlich eingeladen.
Elke Pudszuhn
Landesvorsitzende des TVVdN/BdA

Aufbauhelfer der Nazi-Szene

23. September 2014

Was der Thüringer Trinkaus-Ausschuss ans Licht brachte. Von Paul Wellsow.

Am 5. Dezember 2012 meldete der Mitteldeutsche Rundfunk: »Ehemaliger Erfurter NPD-Chef war V-Mann«. In den Jahren 2006 und 2007 stand Kai-Uwe Trinkaus im Sold des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz (TLfV). Er fiel mit subversiven Aktionen gegen Antifas, Abgeordnete und Gewerkschafter auf – vor allem die Linkspartei war Ziel seiner Attacken. Im Januar 2013 wurde zur Aufklärung der Affäre ein Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag eingerichtet. Zu klären war: Was wusste der Geheimdienst von den Aktionen? Und: War der Dienst sogar an den Planungen beteiligt, wie Trinkaus erklärte? Im Juli 2014 legte der Ausschuss nun seinen Abschlussbericht vor. Das Ergebnis ist eindeutig: Trinkaus hätte nie als V-Mann verpflichtet werden dürfen. Er sei unzuverlässig, ungeeignet und lieferte meist wertlose Informationen. Das Amt verstieß gegen Vorschriften, die Kontrolle habe versagt.

2006 wurde Trinkaus stellvertretender Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Erfurt-Sömmerda und übernahm im April 2007 – kurz nach seiner Verpflichtung als V-Mann – den Vorsitz. Sprunghaft stiegen die Aktivitäten an. Unter den Augen der Behörden baute Trinkaus rechte Vereine auf, organisierte Kundgebungen, unterwanderte kommunal engagierte Organisationen, störte Veranstaltungen und schuf mit rechten Hooligans ein Klima der Angst und der Verunsicherung. Er schleuste einen Praktikanten – getarnt als Juso-Mitglied – in die Landtagsfraktion der Linken ein, stellte einer Abgeordneten mit Blumensendungen, Anrufen und Kurznachrichten nach, arrangierte geschickt mit dem damaligen Vorsitzenden der Thüringer »Linkspartei.PDS« ein Treffen, das von anderen Neonazis gefilmt wurde. Die Presse behauptete daraufhin wider besseren Wissens, es gebe eine »rot-braunen Kungelei«. Und der Ruf eines anderen Politikers wurde von den Nazis rund um Trinkaus mit dem erfundenen Vorwurf einer sexuellen Belästigung beschädigt. Auch die Gewerkschaft ver.di und den Erfurter Sportbund versuchte Trinkaus – ebenso wie andere Vereine und Organisationen – zu unterwandern und öffentlich zu diskreditieren.

Trinkaus behauptet, er habe die Attacken mit seinem V-Mann-Führer besprochen. Nachweislich waren mindestens zwei Aktionen vor Durchführung im Amt bekannt – aber eine Warnung erfolgte nie. Doch als Trinkaus den Erfurter Bund der Vertriebenen (BdV) unterwanderte, um Geld abzuschöpfen und eine Jugendgruppe aufzubauen, griffen das CDU-geführte Innenministerium und der Geheimdienst ein. Der Vorsitzende des BdV Thüringen, der CDU-Landtagsabgeordnete Egon Primas, wurde gewarnt.

Für seine Spitzeltätigkeit zwischen Mai 2006 und September 2007 erhielt Trinkaus knapp 15.000 Euro. Früh war im Amt klar, dass er einen Teil der Aktionen offenbar nur deswegen initiierte, um mehr Geld zu kassieren. Als Spitzel hatte er sich selbst angeboten, um Schutz in Strafverfahren zu bekommen. Von der Justiz und dem Geheimdienst wurde das bestritten. Merkwürdig ist jedoch, dass es trotz 21 Ermittlungsverfahren gegen Trinkaus nur zu zwei Verurteilungen kam. Unklar blieb im Untersuchungsausschuss auch, wie Trinkaus 2007 an Personendaten von Antifas kam. Nach einem Angriff auf eine Nazi-Kneipe und das Auto von Trinkaus veröffentlichte er die Namen und Adressen von den Beschuldigten auf der Website der NPD. Trinkaus sagte, sein V-Mann-Führer habe ihm Namen und Adressen gegeben.

Nach einem Nazi-Aufmarsch am 1. Mai 2007 in Erfurt wurde ein Journalist von Neonazis verletzt und seiner Kamera beraubt. Noch am selben Tag nannte Trinkaus seinem V-Mann-Führer den Namen des Nazis, bei dem die Kamera zu finden sei – später lieferte er auch die Fotos ab. Das berichtete der Geheimdienstler dem damaligen Vizepräsidenten des TLfV. Doch der erteilte die Anweisung, den Vorgang nicht zu notieren und keine Nachforschungen anzustellen. Der Raub der Kamera blieb so straflos. Ebenso folgenlos blieben Berichte von Trinkaus über anonyme Spenden an die NPD sowie aktenkundigen Insolvenz- und Sozialbetrug durch Nazis. Auch die Planung eines »Sturmangriffs« auf ein von linken Jugendlichen bewohntes Haus in Erfurt meldete Trinkaus. Die »Bude« solle abgefackelt werden, heißt es in den Akten des TLfV. Doch eine Mitteilung an die Polizei oder ein Warnung an die Bewohnerinnen erfolgte nicht. Der Schutz der Quelle Trinkaus war offenbar wichtiger als der Schutz von Menschenleben und die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten. Indem das TLfV einen führenden Kader der Szene mit Geld versorgte, wirkte der Thüringer Geheimdienst wieder einmal als Aufbauhelfer der Nazi-Szene.

14. Sepember: Gedenken an „Opfer des Faschismus“

16. September 2014

Der zweite Sonntag im September ist traditionell Anlass, die Opfer des Faschismus und die antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer zu ehren. In Erfurt sprachen auf Einladung der TVVdN/BdA der stellvertretende Vorsitzender des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen, Sandro Witt, und der stellvertretende TVVdN/BdA-Vorsitzende Paul Wellsow. Die Rede unseres stellvertretenden Vorsitzenden dokumentieren wir hier:

Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kameradinnen und Kameraden, liebe Genossinnen und Genossen!

Der zweite Sonntag im September, das ist traditionell Anlass, die „Opfer des Faschismus“ und die antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer zu ehren. Hier am Ehrenhain auf dem Erfurter Hauptfriedhof wollen wir ihnen heute in Würde gedenken.

Im Namen der „Thüringer Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes / Bund der Antifaschisten“ darf ich zuerst sehr herzlich Karl Metzner aus Erfurt begrüßen, der aktiven Widerstand gegen den deutschen Faschismus geleistet hat. Ich freue mich sehr, dass Sie heute hier sind! Ich begrüße auch sehr herzlich die anwesenden Angehörigen von Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern und Opfern des deutschen Faschismus!

Seit 1945 wird im September jeden Jahres den „Opfern des Faschismus“ gedacht, seit 1947 liegt der Termin auf dem zweiten Sonntag im September. Eine gute Tradition der Erinnerns und Ehrens, die bis heute an vielen Orten gepflegt wird.

Eine gute Tradition an diesem Datum war und ist es auch, dass die Ehrungen überparteilich angelegt sind. Denn eine Lehre aus dem deutschen Faschismus und dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus war und ist es, dass Antifaschistinnen und Antifaschisten zusammen stehen müssen – was auch immer sie in anderen politischen, kulturellen, religiösen oder lebensweltlichen Fragen trennt.

Daher freue ich mich, eine Reihe weiterer Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Organisationen, Institutionen und Parteien begrüßen zu dürfen: Herrn Beigeordneter Udo Götze für die Stadt Erfurt in Vertretung des Oberbürgermeister Andreas Bausewein, den Bundestagsabgeordneten der SPD Steffen Lemme, den stellvertretenden Vorsitzenden des DGB Bezirks Hessen-Thüringen Sandro Witt, den Vorsitzenden der Stadtratsfraktion DIE LINKE in Erfurt André Blechschmidt, Dr. Steffen Kachel für die Partei DIE LINKE Erfurt, die Erfurter Landtagsabgeordnete Karola Stange der Partei DIE LINKE, den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Erfurter Stadtrat Frank Warnecke, Ute Hinkeldein vom Aktionskreis für Frieden und Günther Guttsche von der Deutsch-Russischen Freundschaftsgesellschaft in Thüringen – sowie natürlich eine ganze Reihe von Kameradinnen und Kameraden der Thüringer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes hier aus Erfurt.

Wir haben uns versammelt, um zu Gedenken und zu Ehren. Wir sind aber auch hier, um das antifaschistische Vermächtnis der Widerstandskämpfer ins Heute zu tragen, um die Mahnung der Opfer des Faschismus nicht ungehört verklingen zu lassen.

Wir können nur hoffen, dass heute Abend bei der Auszählung der Landtagswahl bei der Neonazi-Partei NPD keine 5 vor dem Komma steht – und sie nicht in den Thüringer Landtag einzieht. Die letzten Umfragen geben nicht unbedingt sichere Entwarnung – auch wenn ich vorsichtig optimistisch bin, dass uns Nazis im Landtag auch dieses Mal erspart bleiben.

Aber auch ohne NPD im Landtag gilt es weiterhin, gegen Neonazi-Gewalt – auch hier in Erfurt -, gegen Rassismus, gegen Nazi-Treffpunkte, gegen Rechtsrock-Konzerte mitten in einem Erfurter Wohngebiet, gegen Antisemitismus und andere Formen der Diskriminierung aktiv zu sein. Wir alle wissen, wie groß das Potential an rechten Einstellungen in dieser Gesellschaft weiterhin ist. Und ein Teil dieses Potentials macht heute sein Kreuz bei einer Partei, die man als rechtspopulistisch charakterisieren muss – einer Partei, die wahrlich keine Alternative ist, deren Politik einzig aus Ressentiments, antieuropäischem Geist und Deutschtümelei besteht. Sie wird mit großer Sicherheit heute in den Thüringer Landtag gewählt werden.

Nie Wieder! Das ist die Botschaft, die vom heutigen Tag ausgehen muss. Nie wieder Faschismus. Und nie wieder Krieg! Doch der Blick in andere Staaten Europas zeigt: Parteien der extremen Rechten und des Revisionismus gelangen wieder in Regierungsämter, zum Beispiel in Ungarn. Oder sie erreichten bei nationalen Wahlen erschreckend hohe Wahlergebnisse – ich nenne den „Front National“ in Frankreich.

Aber auch der Krieg rückt wieder näher: und dass nicht nur im Nahen Osten. Auch weniger Weit weg, in der Ukraine: Aus diesem Grund möchte ich aus einem aktuellen Aufruf zitieren, dem „Aufruf zur Versöhnung zwischen Ukrainern und Russen. Friedensappell ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener“, gemeinsam verfasst von Veteranen der Roten Armee aus Russland und der Ukraine, die gemeinsam im zweiten Weltkrieg gegen den Faschismus gekämpft haben:

Es heißt darin: „Wir Veteranen der Roten Armee gerieten als Frontkämpfer in deutsche Gefangenschaft. Wir sind Überlebende eines Menschheitsverbrechens, dem über drei Millionen unserer Kameraden zum Opfer fielen. Wir überlebten, weil wir solidarisch waren. Russen, Belorussen, Ukrainer, Kaukasier, Mittelasiaten teilten das gleiche Schicksal in den Lagern der Wehrmacht und halfen sich brüderlich. Wir alle riefen nach der Befreiung dasselbe: NIE WIEDER KRIEG! Es ist eine einfache Lehre, die wir aus unserer harten Lebensgeschichte ziehen: Nationaler Egoismus, Nationalismus ist die Keimzelle des Unfriedens zwischen Nachbarvölkern.“

Und weiter: „Wir sowjetischen Kriegsveteranen glaubten nach der Befreiung, alle Bürgerinnen und Bürger unserer multinationalen Union hätten als Überlebende und Besieger des faschistischen Terrors umso mehr gelernt. Unvorstellbar war der Gedanke, dass sich dereinst unsere Völker in Hass und nationalem Dünkel gegenüber stünden. (…) Die Medien beider Länder nennen die einen „Terroristen“, die andern „Faschisten“. Besinnt Euch! Erstickt Euren Hass, redet miteinander statt aufeinander zu schießen! Blickt zurück: Krieg und Stalinismus belasteten Russen und Ukrainer gleichermaßen. Die Nazis wollten uns gegeneinander hetzen, um beide Seiten besser zu beherrschen. Wo es ihnen gelang, floss auf beiden Seiten Blut. Ihr jungen Leute mit der Kalaschnikow in ungeübter Hand, respektiert Eure Großväter, die mit ihrer Waffe einen wirklichen Feind vertrieben. Hört auf uns, die in faschistischen Lagern das wenige Brot miteinander teilten. Benehmt Euch wie Mitglieder einer Familie, in der man sich streitet im Bewusstsein gegenseitigen Respekts und sich wieder verträgt. Macht endlich Frieden miteinander!“

„Ehrendes Gedenken dem Antifaschistischen Widerstand und den Opfern des Naziregimes“ und: „Im ehrenden Gedenken an die durch den Faschismus in den Jahren 1933 – 1945 ermordeten jüdischen Bürger der Stadt Erfurt“ – das steht hier am Ehrenhain auf dem Erfurter Friedhof. Das soll auch unser Anliegen hier und heute sein – 81 Jahre nach der Machtübertragung an die NSDAP, 75 Jahre nach dem Überfall der faschistischen Wehrmacht auf Polen und dem Beginn des 2. Weltkrieges und 69 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus:

In Erinnerung an die Opfer des Faschismus und an die antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und -kämpfer und aus Respekt für die Überlebenden bitte ich Sie und bitte ich Euch um eine Schweigeminute.

Verstärkung für die Rudolstädter Basisgruppe des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (TVVdN/BdA)

8. September 2014

Von Jürgen Powollik

Am Weltfriedenstag, an dem vor 75 Jahren der 2. Weltenbrand durch das faschistische Deutschland vom Zaun gebrochen wurde, trafen sich Bürger unserer Stadt, um die Basisgruppe des TVVdN/BdA zu verstärken. Wir kannten uns schon aus gemeinsamen Fahrten zu den Gedenkstätten der Verbrechen der Faschisten und dem Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht jeweils im Januar in Berlin. Trotz unterschiedlicher Biographien eint der Antifaschismus alle Beteiligten. Es wurden Aspekte der Erinnerungskultur diskutiert und eine damals betroffene Bürgerin berichtete aus ihrem Schicksal als Kind des NS – Lebensborn. Dabei erfuhren wir tief bewegt von einer weiteren Facette der menschenverachtenden Ideologie im Dritten Reich der Nazis, in dem Kinder zur Ware wurden. Uns wurde klar, wie wichtig es ist, dass die letzten Zeugen dieser schrecklichen Zeit, besonders unserer Jugend, aus eigenem Erleben die Ursachen und die Folgen des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen verständlich machen. Dies ist besonders in der heutigen Zeit, in der Geschichtsrevisionismus in einem großen Maßstab betrieben wird, für ihre Persönlichkeitsentwicklung nach unserer Meinung sehr wichtig.
Dieser Revisionismus drückte sich für mich leider am gleichen Abend in den Reden der Präsidenten von Polen und Deutschland anlässlich der Erinnerung an den Beschuss der Westerplatte bei Gdansk vor 75 Jahren, aus, als der Beginn des 2. Weltkrieges mit der Krise in der Ukraine verglichen wurde. Russland wird wieder einmal zum Aggressor. Wiederholt sich unsägliche Geschichte?
Ein Aspekt der Arbeit des Verbandes ist auch die praktische Solidarität. Wir sprachen über die anstrengende Arbeit und auch die Erfolge von Solidarität, in diesem Fall mit Kuba. Es muss schon ein tolles Gefühl sein, wenn man als Überbringer von Solidaritätsgütern die Warmherzigkeit der Kubaner erleben darf. Spontan wurde Geld gespendet.
Der Direktkandidat der LINKEN für den Thüringer Landtag, Rainer Kräuter, nahm am Treffen teil, stellte sich und seine Biografie sowie seine Arbeitsschwerpunkte als Abgeordneter vor. Beamte in Behörden und Ämtern sollen aktive Helfer für die Bürger werden, dies ist eines seiner Ziele. Hoffen wir, dass dies gelingt.
Zum Abschluss ließen Teilnehmer der Zusammenkunft mit Rainer Kräuter blaue Luftballons mit persönliche Wünschen für eine friedliche Zukunft in den Himmel über Rudolstadt steigen.
Am 10.09.2014 führte die NPD in Rudolstadt eine Wahlkampfveranstaltung durch. Gemeinsam mit Bürgern der Stadt stellen wir uns im 75. Jahr des Beginns des 2. Weltkrieges ihnen entgegen.

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