Redebeitrag auf der Montagsdemo gegen Sügida in Suhl am 26.1.2015

29. Januar 2015

Redebeitrag unserer Landesvorsitzenden Elke Pudszuhn auf der Montagsdemo gegen Sügida in Suhl am 26.1.2015
im Zeichen des Internationalen Gedenktages, des 27. Januar, an dem vor 70 Jahren die Häftlinge des KZ-Vernichtungslager Auschwitz befreit wurden

Als Landesvorsitzende des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregime/Bund der Antifaschisten, wie es der Name schon ausdrückt, vertrete ich die Menschen, die nicht mehr zu Ihnen sprechen können und deren Hinterbliebene und Angehörige.

Am 27. Januar 1945 erreichte die Rote Armee Auschwitz. Die Soldaten fanden über 7.000 entkräftete und kranke Häftlinge vor, die nicht mit auf die Todesmärsche geschickt werden konnten, weil sie schon fast tot waren.
Die anwesenden Häftlinge wurden befreit, aber die SS-Schergen und Nazis wüten weiter.
Bis zur Befreiung der Buchenwaldhäftlinge dauert das noch bis zum 11. April und bis zur endgültigen Befreiung vom Faschismus und Krieg noch mal 4 Wochen – bis zum 8. Mai.
Von den Millionen Menschen, die diesem faschistischen Regime zum Opfer fielen, möchte ich auf die Menschen aus unserem Umfeld aufmerksam machen.
Aus Suhl wurden
24 Antifaschistinnen und Antifaschisten ermordet, hingerichtet, zu Tode gequält
2 starben an den Folgen der Haft
221 Antifaschisten waren in Zuchthäusern, Gefängnissen und KZs größten Grausamkeiten ausgesetzt: sie waren insgesamt 312 Jahre und 9 Monate eingesperrt.
Ich möchte nur ein Familienschicksal, das der Familie des Antifaschisten Adolf Anschütz, herausgreifen, auch daran wird der Vernichtungsfeldzug deutlich.

Adolf Anschütz, der Arbeiter und Gewerkschaftler ist unter den 50 Frauen und Männern, die am 3. September 1943 verhaftet wurden. Er wurde am 5. Januar 1945 in Weimar hingerichtet mit 7 weiteren Antifaschisten der Friedberg-Widerstandsgruppe, darunter eine Frau – Minna Recknagel.
Seine Frau Anna, geborene Günther, seine Tochter Hilde, seine Schwägerin Emma Koburger sind unter den 150 Verhafteten der 2. großen Verhaftungswelle der Nazis am 8. Juni 1944 in Suhl, sie kommen alle in die Landesstrafanstalt Ichtershausen. Sie überlebten den Todesmarsch.
Der Mann von Annas Schwester Luise Keiner, Otto Keiner, bis 1933 kommunistischer Bürgermeister in Benshausen, wurde am 22. September 1944 im KZ Buchenwald ermordet.
Sein Sohn und zwei Schwiegersöhne waren „gefallen“ für „Volk und Vaterland“, wie man den Angehörigen mitteilte.
Der jüngste Bruder von Anna, Alwin Günther, ging in die Sowjetunion, kämpfte in den Internationalen Brigaden für Spaniens Freiheit, kam nach Frankreich ins Internierungslager, entkam in die Schweiz, dort wieder ins Gefängnis, bis auch er nach der Befreiung vom Faschismus nach Suhl zurückkehren konnte.

Von den einstmals 150 jüdischen Bürgern, die bis 1933 in Suhl lebten, haben
2 in Suhl überlebt
37 anderenorts
35 wurden deportiert
47 konnten emigrieren und von
19 ist der Verbleib unbekannt
von den 21 Familienmitgliedern der Nussbaums, wurden 7 ermordet, 2 konnten emigrieren, von 11 ist das Schicksal unbekannt, nur einer konnte in Terezin befreit werden.

Von den 11 Mannheimers hat keiner überlebt, die ganze Familie ausgelöscht.

Im Februar 1945 wurden 8.639 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene in
Suhl gezählt, die in 37 Lagern und anderen Unterkünften untergebracht waren und in 74 Betrieben, davon in 14 Waffenfabriken ausgebeutet wurden.
Laut Friedhofs-Statistik wurden 115 Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und deren Kinder hier begraben.
Morgen ab 17.00 Uhr wird es im Rathaus eine Gedenkveranstaltung geben und wir werden anschließend aus den Erinnerungen der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano lesen und der Frage nachgehen, warum die heute 90-jährige noch Musik macht und aus eigenen bitteren Erfahrungen gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit eintritt.

Befragt nach ihrem Credo heute, sagt sie:
„Wenn es keinen Rassismus und keine Ausländerfeindlichkeit gäbe, wäre es wunderbar, hier zu leben. Deutschland sieht für mich wie ein ausländerfeindliches Land aus, wenn ich die Abschiebungen sehe, die vollzogen werden.
Leute, die hier jahrelang gelebt haben, werden plötzlich in ein Land abgeschoben, das sie gar nicht kennen. Da gibt es türkische Bürger, die hier in Deutschland aufgewachsen sind, die werden abgeschoben in ein Land, wo sie Fremde sind.
Auch afrikanischen Menschen geht das so. Das ist wirklich eine Katastrophe, diese Ausländerfeindlichkeit.
Da hat sich nicht viel geändert.
Damals waren es die Juden, auf die man es angelegt hatte, die Juden waren das Unglück, für alles waren sie verantwortlich.
Heute sind es auf einmal die Moslems, obwohl die Leute, die das meinen, sie gar nicht kennen.
So, wie man damals nichts über die Juden wusste, dennoch sind sie das Feindbild geworden.
Heute haben wir wieder ein Feindbild, die Moslem.
Als politisch interessierter Mensch muss ich sehen, was geschieht, und dagegen kämpfen.“

Schließen wir uns diesem Kampf an.

Danke, dass sie mir zugehört haben.

Stellungnahme der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e. V. gegen geschichtsverfälschende Gleichsetzung der AfD

25. Januar 2015

Vom 23. Januar 2015

Mit allem Nachdruck verurteilen die in der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora vereinten ehemaligen Häftlinge, Angehörige ehemaliger Häftlinge des KZ Buchenwald sowie Antifaschistinnen und Antifaschisten den Versuch der rechtspopulistischen und europafeindlichen Partei AfD in Thüringen, die historischen Grundlagen des Gedenktages 27. Januar zu verfälschen.

Der deutsche Faschismus mit seiner von Menschenverachtung getragenen Ideologie, mit seinen rassischen und völkischen Auswüchsen ist und bleibt singulär. Jeglicher Versuch von Gleichsetzung verbietet sich.

Dass ein Geschichte lehrender Oberstudienrat eine derartige Gleichsetzung vornimmt, lässt außerordentlich beunruhigende Rückschlüsse zu.

Die Beleidigung der Opfer und der Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald siebzig Jahre nach ihrer Befreiung ist nicht hinnehmbar und verlangt gesamtgesellschaftlichen Widerspruch.

Günter Pappenheim
Ehemaliger Häftling des KZ Buchenwald
Häftlingsnummer 22514
Erster Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos
Vorsitzender der Lagerarbeitsgemeinschft Buchenwald-Dora

70 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs, Befreiung und Potsdamer Konferenz

4. Januar 2015

Von Prof. Dr. Ludwig Elm, Basisgruppe Jena

(Dieser Beitrag ist das Referat, das Kamerad Ludwig Elm im Plenum des 21. Friedenspolitischen Ratschlags in Kassel am 6./7. Dezember 2014 gehalten hat)

Hundert Jahre nach 1914: Die europäische Krise und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914 beherrschten die Geschichtsdebatten des Jahres 2014; fortgesetzt anlässlich des 75. Jahrestages des Beginns des Zweiten Weltkriegs sowie schließlich nach 25 Jahren erinnernd an den Mauerfall und die 1989/90 in Europa und darüber hinaus vollzogenen oder eingeleiteten Umbrüche. Jahrestage und Jubiläen sind Anlässe für Forschungen, Debatten, Feiern und Erinnern; im Fall des Jahres 2014 verstärkt durch den inneren historisch-politischen Zusammenhang der Entwicklungen und Ereignisse, der Wege der Akteure und aller Beteiligten von 1914 über 1918/19, 1933, 1938/39, 1945 bis 1989/90 und heute – in Deutschland, Europa und global. 70 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs, Befreiung und Potsdamer Konferenz weiterlesen »

PM: Gedenken und Erinnern an die Hinrichtung der Suhler Antifaschisten der Friedberger Widerstandsgruppe vor 70 Jahren in Weimar

29. Dezember 2014

Pressemitteilung vom 26. Dezember 2014

In den ersten Januartagen vor 70 Jahren wurden acht Mitglieder der Widerstandsgruppe „Friedberg“ im Landgerichtsgefängnis Weimar hingerichtet.

Adolf Anschütz, Emil Eckstein, Alfred Gerngroß, Rudolf Gerngroß, Friedrich Heinze, Ernst König, Emil Recknagel, Minna Recknagel, Karl Stade und Ewald Stübler wurden des Hochverrates angeklagt und zum Tode verurteilt. Was war ihr „hochverräterisches Verbrechen“? Sie und weitere Antifaschisten organisierten den Widerstand in den Rüstungsbetrieben und erwiesen den ausländischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern sowie den Kriegsgefangenen solidarische Hilfe.

Emil Eckstein und Alfred Gerngroß verstarben Ende 1944 an den Folgen grausamer Misshandlungen durch die Nazis in Gestapohaft.

Über die Hinrichtung von Mitgliedern des Suhler Widerstandes im Landgerichtsgefängnis Weimar berichtet der Oberstaatsanwalt in Weimar an den Generalstaatsanwalt in Jena in zynischer Weise:
„… bei 8 Männern und 1 Frau handelt es sich um die Suhler Hochverräter für den Volksgerichtshof. Es ist das erste Mal, dass hier 10 Hinrichtungen auf einmal erfolgen. Solche Massenexekutionen stellen erhebliche Ansprüche an die Wendigkeit und an die Nervenstärke aller beteiligten Beamten. Trotz hemmender äußerer Umstände (keine Heizung, kein Wasser) ist alles reibungslos in verhältnismäßig kurzer Zeit abgegangen…“
(Quellen zur Geschichte Thüringens: Die Geheime Staatspolizei im NS-Gau Thüringen 1933-1945, Seite 276)

Am Sonntag, den 4. Januar 2015 um 10.00 Uhr werden Angehörige, Mitglieder der Basisgruppe Suhl/Südthüringen des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten und Suhler Bürger am Standort der Gedenkstätte an der Wendeschleife Friedbergsiedlung der Ermordeten gedenken und darauf aufmerksam machen, dass in der heutigen Zeit neonazistische Gewalt bis Mord, die Missachtung menschlichen Lebens, immanenter Bestandteil einer faschistischen Ideologie ist.
Die Gedenkworte spricht Elke Pudszuhn, Landesvorsitzende des TVVdN/BdA.

VVN-BdA heißt Flüchtlinge in Deutschland herzlich willkommen!

18. Dezember 2014

W_VVN-BdA_Transparent_Fluechtlinge_International

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen aus den aktuellen Kriegs- und Krisengebieten und den rassistischen Mobilisierungen in Deutschland gegen die Aufnahme von Geflüchteten, stellt sich der VVN-BdA auf die Seite der Hilfesuchenden und ihrer Unterstützer in Deutschland. Mit dem nachfolgenden Flyer wollen wir dem Nachdruck verleihen.

Flüchtlinge willkommen! (zum Öffnen draufklicken)

Gedanken zum Volkstrauertag

28. November 2014

Am Vorabend des Volkstrauertages beteiligte sich unsere Vorsitzende, Elke Pudszuhn, mit einem Redebeitrag an der antifaschistischen Demonstration gegen den Volkstrauertag, die deutsche Gedenkpolitik und den Naziaufmarsch am Tag darauf in Friedrichroda. Ihren Beitrag, der im Rahmen einer Auswertung der antifaschistischen Aktionswoche auf dem Portal der Antifaschistischen Gruppen Südthüringen (AGST) veröffentlicht worden ist, dokumentieren wir hier:

Man muss schon in die Geschichte dieses Tages schauen, um deren Werdegang zu begreifen. 1926 für kapitalistische Interessen geopferte Soldaten auf den Schlachtfeldern des 1. Weltkrieges ins Leben gerufen, war dieser Tag in der Weimarer Republik nie ein gesetzlicher Feiertag. 1934 wurde der Tag zum Heldengedenktag umbenannt und ab 1939 dem Tag der Wiedereinführung der Wehrpflicht am 16. März begangen. Ab 1952 findet in Abgrenzung zum Heldengedenktag aus der Nazizeit, der sogenannte Volkstrauertag in der alten Bundesrepublik am Ende des Kirchenjahres im November statt. In der DDR wurde dieser Tag nie begannen, aus gutem Grunde.

Nun wird seit 1990 der „Toten zweier Weltkriege an den Fronten und in der Heimat und an die Opfer der Gewaltherrschaften aller Nationen“ gedacht. Wo keine alten Kriegerdenkmäler auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bestanden, wurden neue in den Orten errichtet, um auch der „Opfer der DDR und des Stalinismus“ am sogenannten Volkstrauertag zu gedenken. Und man bezieht in den Reden bereits die für deutsche Interessen umgekommenen Bundeswehrsoldaten ein, aber nicht die, die durch deutsche Beteiligung an den Kriegen in der Welt umgekommene Zivilbevölkerung, darunter viele unschuldige Kinder.

Nun wird bei Potsdam ein neuer Gedenkplatz für „gefallene“ Bundeswehrsoldaten, es sind seit 1990 100, die meisten in Afghanistan umgekommen, geschaffen. Die Verwischung der Grenzen zwischen Opfer und Täter-innen, der verharmlosende Vergleich von DDR und Naziregime sollen Ursache und Wirkung von Krieg und Völkermord verschleiern. Gedenken ist allgegenwärtig und während das Erinnern an Ereignisse der Geschichte genau diese lebendig erhalten und sich durch Analyse des Vergangenen Perspektiven für das Kommende ergeben können, wird innerhalb der offiziellen Gedenkpolitik häufiger Geschichte an das bestehende angepasst, als an sie erinnert und kritisch reflektiert. Die Deutung über die Geschichte ist ein wichtiges Element herrschender Politik.

Geschichtsdeutungen und -politik ist aber auch ein Feld, dessen sich traditionell auch Nazis annehmen. Neben dem Volkstrauertag ist es besonders der 13. Februar in Dresden, an dem ein „Trauermarsch“ stattfindet, mit dem die Nazis der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg gedenken. Der bürgerliche Protest dagegen versteht sich zwar als antifaschistisch, unterstützt aber dennoch den Opfermythos. Diese Deutung der Geschichte ist Ausdruck kollektiver Erinnerungspolitik, die durch ein breites bürgerliches Spektrum getragen wird, während linke antifaschistische Proteste jedes Jahr starker Repressionen ausgesetzt sind. Das zeigen die Prozesse gegen Pfarrer König aus Jena, Terra und Heiner Fink aus Berlin oder gegen Bodo Ramelow.

Meine Solidarität gilt allen antifaschistischen Kämpfern im Hier und Heute. Anlässlich des dritten Jahrestages der Enttarnung der rechten Terrorgruppe NSU am 4. November 2011 in Eisenach forderte ich in einer Presseerklärung die Landesregierung auf, endlich konkrete Schritte für die Errichtung eines Gedenkortes für die Opfer des NSU zu unternehmen. Es ist beschämend, dass auch drei Jahre nach dem Auffliegen des NSU in Thüringen noch immer kein Gedenkort für die Opfer des NSU existiert. In anderen Bundesländern gibt es bereits Denkmäler, teils wurden sogar Straßen und Plätze nach Opfern der Nazi-Mörder benannt. Doch in Thüringen, dem Entstehungsort des NSU gibt es seitens der CDU geführten Landesregierung bisher nicht mal konkrete Pläne für einen Gedenkort an die Opfer. Es wird Zeit, dass etwas geschieht! Eine neue Landesregierung muss umgehend aktiv werden, um auch hier einen Ort zu schaffen, der an die Opfer des Terrors und an die Mitverantwortung der Thüringer Politik und Behörden erinnert.

Aufklärung und Erinnern gehören zusammen. Im kommenden Jahr beginnt das offizielle Gedenken am 27. Januar mit dem Tag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee vor 70 Jahren und setzt sich fort mit dem Erinnern an die Befreiung der Städte und Dörfer in Deutschland sowie der Befreiung der Häftlinge aus den KZ`s, Zuchthäusern und Gefängnissen bis hin zum 8. Mai. Würden die Abgeordneten des Bundestages endlich den 8. Mai als Tag der Befreiung als gesetzlichen Gedenktag einführen, könnte der verlogene Volkstrauertag wegfallen. Am 8. Mai, dem Tag der Befreiung Europas von der Barbarei, gedenken wir der Opfer des Faschismus: das ist der Tag, an dem wir uns tief verneigen vor den Soldaten der Anti-Hitler-Koalition, vor den Partisanenund Kämpfern des illegalen Widerstandes, vor den Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen und Wehrmachtsdeserteuren. An dem wir uns ehrfurchtsvoll verneigen vor den 11 Millionen in den KZ`s, Zuchthäusern und Folterkammern der Gestapo bestialisch Ermordeten, vor jenen, welche die Hölle überlebten und am 8. Mai schworen:
NIE WIEDER FASCHISMUS – NIE WIEDER KRIEG!

An dem wir uns in besonderer Dankbarkeit verneigen vor dem sowjetischen Volk und seiner Roten Armee- vor dem Land, das die Hauptlast bei der Zerschlagung des Faschismus trug, an dem wir unsere unbeschreibliche Abscheu vor dem Rassenwahn der Nazis, dem 6 Millionen Juden und 600000 Sinti und Roma zum Opfer fielen, und wir vergessen nicht die Missbrauchten: nicht jene,die Hitler hinterher liefen, ihn zumindest tolerierten und die – ihm dienend – für deutsche Kapitalinteressen krepierten. 6 Millionen Deutsche fielen oder starben im Bombenhagel oder auf der Flucht.

Doch erinnern allein genügt nicht, wir müssen mit Brechts Worten sagen: „Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“! Deshalb treten wir weiterhin für die Erfüllung des Schwurs ein, den die Überlebenden am 19.4.1945 auf der Totenfeier des selbst befreiten KZ Buchenwald leisteten: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“.

Ich lade euch heute schon ein, am 11./12. April 2015 an den Befreiungsveranstaltungen und Begegnungen mit Zeitzeugen teilzunehmen und den Schwur zu erneuern. Das sind wir allen Ermordeten und Geschundenen schuldig; alles zu tun, ihren Kampf für eine friedliche Welt fortzusetzen und gegen Neonazismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Völkerhass einzustehen.

Pressemitteilung: Endlich Gedenk-Ort für NSU-Opfer schaffen

4. November 2014

TVVdN/BdA vom 3. November 2014

Anläßlich des dritten Jahrestages der Enttarnung der rechten Terrorgruppe NSU am 4. November 2011 in Eisenach fordert die „Thüringer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten“ (TVVN/BdA) die Thüringer Landesregierung auf, endlich konkrete Schritte für die Errichtung eines Gedenk-Ortes für die Opfer des NSU zu unternehmen.

Die Vorsitzende des Verbandes Elke Pudszuhn sagt: „Es ist beschämend, dass auch drei Jahre nach dem Auffliegen des NSU in Thüringen noch immer kein Gedenk-Ort für die Opfer des NSU existiert. In anderen Bundesländern gibt es bereits Denkmäler, teils wurden sogar Straßen und Plätze nach Opfern der Nazi-Mörder benannt. Doch in Thüringen, dem Entstehungsort des NSU, gibt es seitens der CDU-geführten Landesregierung bisher nicht einmal konkrete Pläne für einen Gedenkort an die Opfer. Es wird Zeit, dass etwas geschieht! Eine neue Landesregierung muss umgehend aktiv werden, um auch hier einen Ort zu schaffen, der an die Opfer des Terrors und an die Mitverantwortung der Thüringer Politik und Behörden erinnert. Aufklärung und Erinnern gehören zusammen.“

Am vergangenen Wochenende tagte der Landesvorstand der TVVN/BdA in Elgersburg und beschloss seinen Arbeitsplan für das Jahr 2015. Breiten Raum wird im kommenden Jahr das Gedenken an den 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald am 11. April und an den Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus am 8. Mai einnehmen. Pudszuhn kommentiert: „Es ist eine der wichtigsten Aufgaben für uns, mit dafür zu sorgen, dass die Geschichte des Nationalsozialismus und des antifaschistischen Widerstandes nicht in Vergessenheit geraten. Aufklären über die Geschichte, Erinnern und Mahnen beginnt vor Ort – in den Gemeinden, Städten und Kreisen. Der 70. Jahrestag bietet dafür Anlaß und Gelegenheit.“

Zella-Mehlis: Gedenken an Werner Seelenbinder

30. Oktober 2014

Am Freitag den 24. Oktober 2014 fand an der Mehrzweckhalle „Schöne Aussicht“ in Zella-Mehlis eine Gedenkveranstaltung mit rund 40 Menschen statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom VVN – BdA Thüringen.

Gegen 15 Uhr versammelten sich bei sonnigen Wetter rund 40 Menschen an der Statue von Werner Seelenbinder. Elke Pudszuhn, Landesvorsitzende des TVVdN/BdA, eröffnete die Veranstaltung mit einer Rede zu Seelenbinders Leben und seiner Hinrichtung durch die Nationalsozialisten am 24. Oktober 1944.

Seelenbinder war in den 1930er Jahren ein Sportler im Arbeiterbund und engagierte sich neben seinen sportlichen Aktivitäten für die KPD. Ebenfalls arbeitete Seelenbinder längere Zeit für die zur NS-Zeit im Untergrund aktive Rote Hilfe. In Berlin hielt er über längere Zeit enge Kontakte zu einer kommunistischen Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus, welche jedoch im Februar 1942 zerschlagen wurde, woraufhin Seelenbinder von der Gestapo verhaftet wurde. In Folge dessen wurde Seelenbinder zwei Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern und Zuchthäusern inhaftiert und schließlich 1944 durch den Volksgerichtshof in Potsdam zum Tode verurteilt.

In seiner Zeit als aktiver Sportler war Seelenbinder 1932 auch in Zella-Mehlis zu Gast und trat dort u.a. gegen den Zella-Mehliser Antifaschisten Hans Raßmann an.

Im Anschluss an die Rede und das Niederlegen von Blumengebinden bestand die Möglichkeit mit Elke Pudszuhn in einem Raum der Mehrzweckhalle gemeinsam zu diskutieren, was ein Großteil der Anwesenden auch wahrnahm.

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Quelle: Antifa Suhl/Zella-Mehlis

Einladung zum Gedenken an Werner Seelenbinder

15. Oktober 2014

Am 24. Oktober 2014 vor 70 Jahren wurde der Ringkämpfer und Antifaschist Werner Seelenbinder hingerichtet.
Mit seinem Namen ist der Ringkampfsport in Zella-Mehlis eng verbunden. 1932 kam es in Zella-Mehlis zum letzten Vergleichskampf seines Vereins „Berolina“ Berlin mit den Ringern des Vereins „Eisenkraft“, dem mein Vater Hans Raßmann angehörte und er gegen Werner Seelenbinder antreten musste.

Am Freitag, dem 24. Oktober 2014 um 15.00 Uhr wollen wir an der Skulptur Werner Seelenbinders neben der Mehrzweckhalle, „Schöne Aussicht“, Köhlersgehäu in Zella-Mehlis gedenken und anschließend in der Mehrzweckhalle mit den erschienenen Interessierten über sein Leben und die Verbindung zu den Zella-Mehliser Ringern ins Gespräch kommen.

Sie sind herzlich eingeladen.
Elke Pudszuhn
Landesvorsitzende des TVVdN/BdA

Aufbauhelfer der Nazi-Szene

23. September 2014

Was der Thüringer Trinkaus-Ausschuss ans Licht brachte. Von Paul Wellsow.

Am 5. Dezember 2012 meldete der Mitteldeutsche Rundfunk: »Ehemaliger Erfurter NPD-Chef war V-Mann«. In den Jahren 2006 und 2007 stand Kai-Uwe Trinkaus im Sold des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz (TLfV). Er fiel mit subversiven Aktionen gegen Antifas, Abgeordnete und Gewerkschafter auf – vor allem die Linkspartei war Ziel seiner Attacken. Im Januar 2013 wurde zur Aufklärung der Affäre ein Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag eingerichtet. Zu klären war: Was wusste der Geheimdienst von den Aktionen? Und: War der Dienst sogar an den Planungen beteiligt, wie Trinkaus erklärte? Im Juli 2014 legte der Ausschuss nun seinen Abschlussbericht vor. Das Ergebnis ist eindeutig: Trinkaus hätte nie als V-Mann verpflichtet werden dürfen. Er sei unzuverlässig, ungeeignet und lieferte meist wertlose Informationen. Das Amt verstieß gegen Vorschriften, die Kontrolle habe versagt.

2006 wurde Trinkaus stellvertretender Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Erfurt-Sömmerda und übernahm im April 2007 – kurz nach seiner Verpflichtung als V-Mann – den Vorsitz. Sprunghaft stiegen die Aktivitäten an. Unter den Augen der Behörden baute Trinkaus rechte Vereine auf, organisierte Kundgebungen, unterwanderte kommunal engagierte Organisationen, störte Veranstaltungen und schuf mit rechten Hooligans ein Klima der Angst und der Verunsicherung. Er schleuste einen Praktikanten – getarnt als Juso-Mitglied – in die Landtagsfraktion der Linken ein, stellte einer Abgeordneten mit Blumensendungen, Anrufen und Kurznachrichten nach, arrangierte geschickt mit dem damaligen Vorsitzenden der Thüringer »Linkspartei.PDS« ein Treffen, das von anderen Neonazis gefilmt wurde. Die Presse behauptete daraufhin wider besseren Wissens, es gebe eine »rot-braunen Kungelei«. Und der Ruf eines anderen Politikers wurde von den Nazis rund um Trinkaus mit dem erfundenen Vorwurf einer sexuellen Belästigung beschädigt. Auch die Gewerkschaft ver.di und den Erfurter Sportbund versuchte Trinkaus – ebenso wie andere Vereine und Organisationen – zu unterwandern und öffentlich zu diskreditieren.

Trinkaus behauptet, er habe die Attacken mit seinem V-Mann-Führer besprochen. Nachweislich waren mindestens zwei Aktionen vor Durchführung im Amt bekannt – aber eine Warnung erfolgte nie. Doch als Trinkaus den Erfurter Bund der Vertriebenen (BdV) unterwanderte, um Geld abzuschöpfen und eine Jugendgruppe aufzubauen, griffen das CDU-geführte Innenministerium und der Geheimdienst ein. Der Vorsitzende des BdV Thüringen, der CDU-Landtagsabgeordnete Egon Primas, wurde gewarnt.

Für seine Spitzeltätigkeit zwischen Mai 2006 und September 2007 erhielt Trinkaus knapp 15.000 Euro. Früh war im Amt klar, dass er einen Teil der Aktionen offenbar nur deswegen initiierte, um mehr Geld zu kassieren. Als Spitzel hatte er sich selbst angeboten, um Schutz in Strafverfahren zu bekommen. Von der Justiz und dem Geheimdienst wurde das bestritten. Merkwürdig ist jedoch, dass es trotz 21 Ermittlungsverfahren gegen Trinkaus nur zu zwei Verurteilungen kam. Unklar blieb im Untersuchungsausschuss auch, wie Trinkaus 2007 an Personendaten von Antifas kam. Nach einem Angriff auf eine Nazi-Kneipe und das Auto von Trinkaus veröffentlichte er die Namen und Adressen von den Beschuldigten auf der Website der NPD. Trinkaus sagte, sein V-Mann-Führer habe ihm Namen und Adressen gegeben.

Nach einem Nazi-Aufmarsch am 1. Mai 2007 in Erfurt wurde ein Journalist von Neonazis verletzt und seiner Kamera beraubt. Noch am selben Tag nannte Trinkaus seinem V-Mann-Führer den Namen des Nazis, bei dem die Kamera zu finden sei – später lieferte er auch die Fotos ab. Das berichtete der Geheimdienstler dem damaligen Vizepräsidenten des TLfV. Doch der erteilte die Anweisung, den Vorgang nicht zu notieren und keine Nachforschungen anzustellen. Der Raub der Kamera blieb so straflos. Ebenso folgenlos blieben Berichte von Trinkaus über anonyme Spenden an die NPD sowie aktenkundigen Insolvenz- und Sozialbetrug durch Nazis. Auch die Planung eines »Sturmangriffs« auf ein von linken Jugendlichen bewohntes Haus in Erfurt meldete Trinkaus. Die »Bude« solle abgefackelt werden, heißt es in den Akten des TLfV. Doch eine Mitteilung an die Polizei oder ein Warnung an die Bewohnerinnen erfolgte nicht. Der Schutz der Quelle Trinkaus war offenbar wichtiger als der Schutz von Menschenleben und die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten. Indem das TLfV einen führenden Kader der Szene mit Geld versorgte, wirkte der Thüringer Geheimdienst wieder einmal als Aufbauhelfer der Nazi-Szene.

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