Ludwig Elm: Ansprache anlässlich des Tages der Erinnerung und Mahnung

27. September 2013

gehalten am Gedenkstein am Heinrichsberg, Jena, am 8. September 2013

Bei unserem Treffen aus gleichem Anlass vor einem Jahr ging es insbesondere um die bevorstehende 80. Wiederkehr der Ereignisse von 1932/33; die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag (Dezember 2010) und die Antwort der Bundesregierung (Dezember 2011) zu „Umgang mit der NS-Vergangenheit“ ab 1949 sowie die Verbrechen des rechtsterroristischen NSU, die jahrelangen skandalösen Begleiterscheinungen bei Verfassungsschutz, Behörden und Politikern und die Gründe dieses Versagens. Die Erfahrungen des letzten Jahres zu diesen Schwerpunkten sollten nicht übergangen werden, da sie uns auf dringliche Schlussfolgerungen verweisen. Was ist davon heute und morgen für uns wichtig? Ludwig Elm: Ansprache anlässlich des Tages der Erinnerung und Mahnung weiterlesen »

Ausstellung „Ich kam als Gast in euer Land gereist…“

9. September 2013

Vom 30. September bis 11. Oktober 2013 findet im Suhler Congress Centrum Suhl-Atrium die Ausstellung „Ich kam als Gast in euer Land gereist…“ statt. Sie handelt von in die Sowjetunion geflohenen Nazigegnern, die dort Opfer des Stalinterrors wurden. Informationen zur Ausstellung sind dem Flugblatt zu entnehmen: KLICK

Rahmenprogramm zur Ausstellung:

Montag, den 30. September 2013 um 16.00 Uhr

Ausstellungseröffnung und Führung mit Johann Holm, Berlin, Mitglied der Arbeitsgruppe und Elke Pudszuhn, Landesvorsitzende TVVdN/BdA, anschließend Gesprächsrunde mit Johann Holm in der CCS-Galerie

Freitag, den 4. Oktober 2013, 16.00 Uhr, CCS-Galerie

Buchlesung aus „Lästige Zeugen? Tonbandgespräche mit Opfern der Stalinzeit“ von Elfriede Brüning mit Jochen Traut und Elke Pudszuhn von der Basisgruppe Suhl des TVVdN/BdA

Freitag, den 11. Oktober 2013, 16.00 Uhr, CCS-Galerie

Gesprächsrunde mit Dr. Inge Münz-Koenen, Projektleiterin und Dr. Gerd Kaiser, Mitautor der Ausstellung zu „Neues zu den Suhler Rußlandfahrern“ und Elke Pudszuhn

Samstag, den 12. Oktober 2013, 11.00 – 16.00 Uhr Hotel Am Wald (ehemals MOPR-Heim) Elgersburg

Ausstellungseröffnung, Gesprächsrunden mit Dr. Inge Münz-Koenen, Leiterin der Projektgruppe, Dr. Gerd Kaiser, Mitautor und Angehörigen von Opfern des Terrors aus Thüringen, musikalische Begleitung

Vom 16. Oktober bis 11. November 2013 ist die Ausstellung mit Begleitprogramm in Meiningen in der Volkshochschule zu sehen.

Erinnern – Gedenken – Mahnen. Thälmanngedenken am 18. August

30. Juni 2013

Am Sonntag, den 18. August 2013 um 10 Uhr findet im Hof des Krematoriums des ehemaligen KZ Buchenwald eine gemeinsame Gedenkveranstaltung des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten und der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald- Dora statt. An diesem Tag jährt sich zum 69. Mal die Ermordung Ernst Thälmanns am 18. August 1944. Die Gedenkworte spricht Kersten Steinke, Mitglied des Bundestages (Fraktion Die Linke).

Lothar König erhält Thüringer Demokratiepreis

14. Juni 2013

Die Thüringer Sozialministerin Heike Taubert wird am Samstag, den 15. Juni 2013 inmitten der zivilgesellschaftlichen Aktionen gegen die Naziveranstaltung „Tag der nationalen Jugend“ in Kahla den ersten Thüringer Demokratiepreis verleihen.

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Hauptpreisträger Lothar König und Sozielministerin Heike Taubert

Hauptpreisträger ist der Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König. Die weiteren Preisträger sind das Bürgerbündniss gegen Rechts in Eisenach, mit Uwe Adler ein Aktivist des Weimarer Bürgerbündnisses gegen Rechts und der Schulübergreifende Projekttag Weimarer Schülerinnen und Schüler.

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Uwe Adler erhält den Anerkennungspreis von der Thüringer Sozialministerin Heike Taubert

Die Vernetzung der Thüringer Bürgerbündnisse, Initiativen und Netzwerke gegen Rechts begrüßt die Nominierung von Lothar König und der anderen Preisträger_innen für den Thüringer Demokratiepreis 2013. Dazu die Sprecher_innen Madeleine Henfling und Harald Zeil: „Preisträger_innen und der Ort der Preisverleihung sind ein ermutigendes und richtiges Zeichen an alle die sich gegen Nazis, Rassismus und jegliche andere Spielart gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit engagieren.“ „Wir begrüßen die Nominierung von Lothar König als Hauptpreisträger für den in diesem Jahr erstmalig zu vergebenden Thüringer Demokratiepreis ganz ausdrücklich“, so Harald Zeil und Madeleine Henfling.

Lothar König trat schon vor der Wende gegen einen repressiven DDR-Staat ein und organisierte Montagsdemonstrationen. Seit 1990 ist er in der JG-Stadtmitte in Jena tätig und hat dieses Jugendzentrum, nachdem Neonazis die Räumlichkeiten verwüstet hatten, neu aufgebaut. Er engagiert sich politisch gegen Rechts, arbeitet mit alternativen Jugendlichen und erntete dafür gerade in den 1990ern wenig Anerkennung, sondern Unverständnis und Ablehnung.

Es folgten mehrere neonazistische Übergriffe auf die JG-Stadtmitte, und schließlich wird Lothar König 1997 von Burschenschaftlern schwer verletzt, die Narbe sieht man heute immer noch. Mit dem Bekanntwerden des NSU und seiner Mordserie wurde vielen bewusst, dass es Lothar König und die Junge Gemeinde Stadtmitte waren, die als eine der Ersten zu Beginn der 90er Jahre die akzeptierende Jugendarbeit gegenüber rechtsradikal eingestellten Jugendlichen als Irrweg erkannten, sich konsequent Nazis entgegenstellten und sich für eine offensive Auseinandersetzung mit Alltagsrassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in der Mitte unserer Gesellschaft einsetzten, um so den Nazis ihre Anknüpfungsmöglichkeiten zu nehmen.

Mit dem Thüringer Demokratiepreis wird genau diese Arbeit nun auch von höchster politischer Ebene in Thüringen gewürdigt. In Sachsen scheint ein solcher Erkenntnisprozess deutlich länger zu dauern. Seit April diesen Jahres läuft gegen Lothar König ein Verfahren am Amtsgericht Dresden wegen des Vorwurfes des schweren Landfriedensbruchs, den er während der erfolgreichen Proteste gegen den Naziaufmarsch in Dresden am 19. Februar 2011 begangen haben soll. „Wir halten diesen Prozess und die darin aufgeführten Vorwürfe gegen Lothar König für eine Farce.

Für uns steht fest, mit diesem Prozess steht nicht nur Lothar König vor Gericht, sondern alle, die sich gegen Neonazis engagieren, auf die Straße gehen und Gesicht zeigen! Deshalb ist es ein richtiges und gutes Zeichen, dass Lothar König und sein Engagement mit dem Thüringer Demokratiepreis gewürdigt werden sollen. Für uns eine klare Absage an sächsische Verhältnisse. Und eine klare Ansage an die Thüringer Zivilgesellschaft: „Es ist richtig und wichtig, sich gegen Neonazis und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu wehren. Auch wenn man dabei unbequem ist“, so Henfling und Zeil.

„Wir gratulieren Lothar König und den anderen Preisträger_innen ganz herzlich zu diesem Preis und hoffen, dass sich dieses Zeichen der Unterstützung engagierten zivilgesellschaftlichen Handelns gegen Neonazis und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auch in der künftigen Politik der Thüringer Landesregierung widerspiegeln wird“, erklären Henfling und Zeil abschließend.

Quelle: Pressemitteilung der Vernetzung der Thüringer Bündnisse, Initiativen und Netzwerke gegen Rechts zur Verleihung des 1. Thüringer Demokratiepreises.

Bericht von der Antifa – Bildungsreise nach Norddeutschland (30.05. – 02.06.2013)

10. Juni 2013

Für den Thüringer Verband der VVN/Bund der Antifaschisten war es die 21. Fahrt zu Orten des antifaschistischen Widerstandes und den Greul des Faschismus. Für uns war es die erste Tour, doch bestimmt nicht die letzte.

Mit dem Bus, bestens gesteuert von Achim, war der erste Haltepunkt in der Gedenkstätte Esterwegen im Emsland. Bekannt wurde es durch das Lied der Moorsoldaten und Carl von Ossietzky, dessen Gesundheit hier 1934 brutal ruiniert wurde. Bei der Führung durch das ehemalige Lager mit wechselvoller Geschichte wurde uns klar, dass in der BRD erst in den 1990-iger Jahren ein teilweises Umdenken in Bezug auf das Dritte Reich stattfand. Hier mussten viele Widerstände durch die Antifaschisten überwunden werden, bis es zur Neugestaltung des ehemaligen Lagers am Rande des Moors gekommen ist.

Durch Fietje Ausländer, unseren Betreuer während des Besuches, wurden alle unsere Fragen zur Geschichte des Lagers gründlich beantwortet. Weiter ging es per Bus nach Buchholz in der Nordheide. Unsere Unterkunft für die Tage in Norddeutschland war das Wohn- und Ferienheim Heideruh e. V. (www.heideruh.de, info@heideruh.de) romantisch im Wald versteckt. Achim, der Busfahrer, lieferte hier ein Meisterstück seiner Fahrkunst ab. Da wir deutlich verspätet ankamen, hatte der Koch mächtig zu kämpfen, dass das Abendbrot in guter Qualität bei den Gästen ankam. Er hat es geschafft. Mir persönlich schmeckte es sehr gut, obwohl ich kein Fan von Spinat bin. Wieder ein Vorurteil weniger. Am Freitag brachte uns der Bus nach Bergen – Belsen. Ein Lager der unendlichen Qualen, die politische Häftlinge, Kriegsgefangene, Juden, Deserteure und viele andere Opfergruppen erleiden mussten. Den größten Blutzoll mussten die sowjetischen Kriegsgefangenen erbringen, die man vielfach bewusst verhungern ließ. 20 000 Tote Rotarmisten liegen auf dem lagereigenen Friedhof. Viele unbestattete Leichen fanden englische Soldaten bei der Befreiung des Lagers vor. Erschreckend war, dass der Friedhof viele Jahre zu einem Truppenübungsplatz der Engländer gehörte und Panzer die Totenruhe störten. Heute erinnerte ein schlichtes Ehrenmal an die Opfer. Auch hier, wie in Esterwegen legte die Gruppe ein Blumengebinde nieder und verharrte eine Minuten im schweigenden Gedenken. Nur wenig erinnerte noch an das Lager. Die modern gestaltete Erinnerungsstätte ließ viele Zeitzeugen dank moderner Technik zu Wort kommen. Erschüttert verließen wir Bergen – Belsen und dankten unserer dortigen Begleiterin Elke von Meding von der Arbeitsgemeinschaft Bergen-Belsen e.V. von ganzem Herzen für die informative Führung. Die anschließende Fahrt durch die Heide mit 2 PS machte allen viel Freude. Am Abend erläuterte die Chefin des Ferienheimes Bea uns die wechselvolle Geschichte des Objektes „Heideruh“, die vielen Schwierigkeiten, die die engagierten Antifaschisten seit 1945 dort überwinden mussten und weiter müssen. Hut ab vor so einer Einsatzbereitschaft. Wer in der Heide einmal Urlaub machen will, dem ist „Heideruh“ zu empfehlen. Urlaub unter Gleichgesinnten ist doppelt schön. In Bremen besuchten wir am nächsten Tag das Außenkommando des KZ Neuengamme am „Schützenhof“ und Orte der Deportation von jüdischen Mitbürgern in die Vernichtungslager der Faschisten im Ortsteil Gröplingen. Mit Raimund Gaebelein von der VVN Bremen stand uns ein „schnelllaufendes Lexikon der Stadt Bremen“ zur Verfügung. Dank auch ihm. Abends wurden Projekte der anwesenden Kameraden vorgestellt und zu Gitarrenklängen wie jeden Abend Volks- und Kampflieder gesungen. Am Sonntag verabschiedeten uns die Heideruher unter den Klängen von „Venceremos“. Etwas Wehmut lag über der Szene. Nach 1700 Fahrtkilometern kam Erfurt in Sicht. Eine interessante und tolle Reise war zu ende. Danken möchten wir allen Beteiligten und besonders der rührigen Elke Pudszuhn. Im nächsten Jahr soll Achim den Bus zu Karl Marx fahren. Es wird bestimmt wieder ein Erlebnis. Wer dabei sein will, meldet sich einfach in der Geschäftsstelle.

Presseinformation: Großzügige Spende an den TVVdN/BdA

3. Juni 2013

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Ende Mai 2013 überreichte der persönliche Mitarbeiter des Landtagsabgeordneten Andre Blechschmidt, Dr. Reinhard Dudeck, im Auftrag der „Alternative 54 e.V.“ der Landtagsfraktion DIE LINKE Thüringen einen Scheck über 500 Euro an den Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten e.V.
Entgegengenommen wurde er vom Mitglied des Landesvorstandes des TVVdN/BdA, Karl-Heinz Voigt, ein Hinterbliebener des Buchenwaldhäftlings Arno Voigt.
Karl-Heinz Voigt dankte im Namen des Landesvorstandes für die großzügige Spende, die der antifaschistischen Arbeit und der allgemeinen sozialen Betreuungsarbeit des Verbandes zugute kommen wird.

Erklärung der Kundgebungsteilnehmer vom 14. April 2013

1. Juni 2013

Zur Gedenkkundgebung am 14. April haben die Teilnehmenden eine Erklärung verabschiedet, die wir an dieser Stelle dokumentieren wollen: Erklärung Buchenwald 2013

Erklärung: „Gegen den Missbrauch von KZ-Gedenkstätten“

1. Juni 2013

In einer Erklärung richtet sich das Internationale Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos und der Beirat der Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald gegen den Missbrauch von Gedenkstätten. Darin werden die Vorwürfe von Tuvia Tenenboom zurückgewiesen, wonach die Gedenkstätten wie „Disneylands“ und von verkappten Antisemiten geführt würden.

Lesen: 13-04-12_gegen-den-missbrauch-von-kz-gedenkstaetten

Angeordneter Massenmord an sowjetischen Kriegsgefangenen

15. April 2013

In Buchenwald wurde dieser Massenmord von September 1941 bis mindestens 1943 praktiziert. An die damaligen Ereignisse erinnert sich der Buchenwaldüberlebende Ottomar Rothmann in seiner Rede am 68. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald zur Veranstaltung „4. Treffen der Nachkommen“ am 14. April 2013.

Von Ottomar Rothmann

Im Schießstand der Deutschen Ausrüstungswerke neben dem Lager erschießt die SS im September 1941 die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen. Später richtet sie in einem umgebauten Pferdestall westlich des Lagers eine Erschießungsanlage ein, die sie bis Ende 1942 nutzte.SS Leute, verkleidet mit Ärztemänteln töteten die Gefangenen durch Genickschuss.Später wurde die Ermordung durch Erhängen im Keller des Krematoriums durchgeführt. Vom SS-Kommando „99“ werden in den zwei Jahren über 8000 sowjetische Kriegsgefangene durch Genickschuss ermordet.

Auch Zivilgefangene, darunter auch Frauen kamen nach Buchenwald. So auch in unseren Häftlingsblock, den Block 17. Ich war seit 1943 politischer Schutzhäftling mit der Häftlingsnummer 6.028 auf dem Block 17 des Konzentrationslagers Buchenwald. Dieser Block hatte eine besondere Bedeutung. Er galt als Zugangsblock, auch Isolierblock und war mit einem Stacheldrahtverhau von den anderen Blocks abgetrennt. Alle Zugänge, außer den größeren Transporten, kamen für ca. 14 Tage auf Block 17, bis die Kameraden nach dieser Zeit auf die anderen Blocks, entsprechend ihrer Nationalität verlegt wurden. Eine weitere Besonderheit bestand darin, dass alle Außenkommandos von Buchenwald dem Block 17 zugeordnet waren. Wer von den Kameraden z.B. Genehmigung hatte, Post zu schreiben oder zu senden, musste als Anschrift immer KL Bu Block 17 angeben. Die meisten von ihnen haben den Block von innen gar nicht gekannt.

Auf diesen Block 17 war ich als Schreiber eingesetzt. In dieser Eigenschaft bekam ich davon Kenntnis, dass seit ca. 1944 auch Frauen in den Außenkommandos von Buchenwald eingeliefert werden. Im Sommer 1944 wurden auch wir auf dem Block von Folgendem überrascht: Von der Häftlingsschreibstube wurde mir, zu meiner Verwunderung vom Kapo mitgeteilt, dass noch am gleichen Abend nach dem Appell unser Block auf Befehl des Rapportführers geräumt werden muss. Nur die Kameraden, die ständig auf dem Block arbeiten, wie Blockältester, Schreiber und Stubendienst müssen auf dem Block verbleiben. Einen Grund für diesen Befehl konnte der mir sonst meist gut informierte Kapo der Schreibstube, Hans Neumeister, nicht nennen. Gleichzeitig wurde mir die Liste übergeben, nach welcher ich die Kameraden auf andere Blocks zu verlegen hatte. Im Dauerlauf begab ich mich zurück auf unseren Block, um schnell alle Vorbereitungen für diesen Umzug zu treffen. Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass gegen 22.00 Uhr alles durchgeführt war.

Am anderen Vormittag- wir waren gerade mit dem Reinigen des Blockes fertig geworden- wurde der Blockälteste zur Schreibstube gerufen. Wir waren beide überrascht, als wir erfuhren, dass ein Transport russischer Frauen auf dem Block untergebracht werden sollte. Der Befehl des Kommandanten Hermann Pister, dass kein anderer Häftling zu diesen Frauen Kontakt aufnehmen darf, wurde uns ebenfalls übermittelt. Es war gegen Mittag, als die angekündigten weiblichen Häftlinge vom Blockführer Schramm dem Blockältesten Otto Storch übergeben wurde. Sie waren Frauen aller Altersgruppen.

Sie waren in einem schwachen körperlichen Zustand, sehr ausgehungert und mangelhaft gekleidet. Die Verständigung zwischen uns klappte durch Gesten und Sprachbrocken wunderbar. Unsere Kameradinnen aus dem fernen Russland spürten sofort, dass vor ihnen andere Deutsche standen. Deutsche, die mit ihnen im gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus vereint waren. Es sei erspart zu erwähnen, welchen Demütigungen unsere Frauen von den SS Banditen ausgesetzt waren.

Die Ankunft von Frauen und Mädchen im Lager löste eine Welle der Solidarität aus. Von jedem Block wurden gesammelte Rationen Lebensmittel, wie Brot, Margarine, Marmelade, aber auch Bekleidungsstücke gebracht und übergeben. Sie spürten die Solidarität und die ganze Liebe des Häftlingslagers. Dieser Akt der Häftlingssolidarität war eine wichtige Aufgabe im Überlebenskampf hinter Stacheldraht.

Es gab aber noch mehr zu tun. Viele russische Kameraden wollten wissen, ob ihre Mütter, Frauen, Schwestern, Töchter oder andere Verwandte unter den hier Eingelieferten waren. Auch Zusammentreffen sollten wir ermöglichen. Den gleichen Wunsch hatten natürlich auch unsere Frauen. Wir nutzen die Dunkelheit, um entgegen dem Befehl des Kommandanten die inzwischen mit Hilfe der Häftlingsschreibstube ermittelten Angehörigen heimlich in den Block einzuschleusen. Es finden sich keine Worte, um dieses Wiedersehen im Block 17, dem Quarantäneblock, zu schildern. Fest steht, dass mir und anderen Kameraden dieses Erlebnis neue Kraft gegeben hat, die Anstrengungen hinter Stacheldraht zum Kampf gegen die Faschisten zu erhöhen. Unsere Frauen verblieben einige Tage auf unserem Block, bevor sie in das berüchtigte Frauenkonzentrationslager Ravensbrück abtransportiert wurden. Jeder Handschlag, jede Umarmung und jeder Kuss beim Abschied sind unvergesslich in Erinnerung geblieben. Wir trennten uns in der Gewissheit, dass die Stunde des Sieges über den Faschismus nicht mehr fern ist. Jetzt hatten wir auch die Gewissheit, und nicht mehr nur die Hoffnung.

Trotz der Kürze ihres Aufenthaltes in Buchenwald, werden unsere Frauen Buchenwald nicht vergessen können. Ja so ist es wirklich, Buchenwald kann man nicht vergessen, nicht die Qualen und Demütigungen, nicht die grauenvollen äußeren Umstände und Lebensbedingungen im Lager. Aber unvergessen bleibt auch die Hilfe und Solidarität, der gemeinsame Wille zum Überleben der Kameraden hinter Stacheldraht. Diese Tatsache kommt auch im Refrain des Buchenwaldliedes zum Ausdruck. Da heißt es u.a.: „Oh Buchenwald ich kann dich nicht vergessen, weil du mein Schicksal bist. Wer Dich verließ der kann es erst ermessen, wie Wundervoll die Freiheit ist.“

Am 19. April 1945 haben wir auf unserer Trauerkundgebung auf dem ehemaligen Appellplatz u.a. geschworen: „ Der Aufbau einer neuen Welt des Frieden und der Freiheit ist unser Ziel.“

Ein Blick in unsere Geschichte verpflichtet uns, alle Kraft gegen Neo- Nazis, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz in jeder Form einzusetzen. Das sind wir unseren demokratischen Freiheiten schuldig.

4. Treffen der Nachkommen in Buchenwald

15. April 2013

Im überfüllten Kinosaal der Gedenkstätte Buchenwald fand am 14. April 2013 das 4. Treffen der Nachkommen von Buchenwald statt.

Von Gerhard Hoffmann

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Gäste zum 4. Treffen der Nachkommen in Buchenwald

Im Rahmen der Veranstaltungen anlässlich des Jahrestages der Selbstbefreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers nimmt das Treffen der Nachkommen einen festen Platz ein, wenngleich ihm teilweise noch immer mit Ignoranz begegnet wird. Das 4. Treffen der Nachkommen, zu dem die Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora (LAG) für den 14. April 2013 in den Kinosaal der Gedenkstätte Buchenwald eingeladen hatte, setzte eine Tradition fort, die immer stärkere Resonanz auch bei jüngeren Menschen findet. Wieder trafen sich ehemalige Häftlinge, Hinterbliebene und Nachkommen von Häftlingen, Antifaschistinnen und Antifaschisten aus der ganzen Bundesrepublik, um sich gegenseitig kennenzulernen, um den Austausch von Gedanken zu pflegen. Die Plätze im Kinosaal der Gedenkstätte Buchenwald reichten nicht aus, um alle Interessierten aufzunehmen. Unkompliziert besetzten die Jüngeren Stufen, um Betagteren Platz in den Sesseln zu bieten. Eine Gruppe ehemaliger Häftlinge aus der Ukraine, aus Belarus und Russland war der Einladung der LAG gefolgt und wurde mit besonderer Herzlichkeit begrüßt, war doch die Zusammenkunft aus Anlass des 68. Jahrestages der Selbstbefreiung der Häftlinge des KZ dem solidarischen antifaschistischen Widerstand bei Ankunft der Massentransporte sowjetischer Kriegs- und Zivilgefangener 1943 in Buchenwald gewidmet.

Bereits am Vortag wurde an den Fundamenten des ehemaligen Pferdestalls der bestialischen Ermordung von über achttausend sowjetischen Kriegsgefangenen gedacht. Wilfried Beater erinnerte daran, dass unter den Ermordeten auch Genossen seines Vaters gewesen sein können, der als Kommunist zur Roten Armee übergelaufen sei, in ihren Reihen gegen den faschistischen Feind als anerkannter und geachteter Genosse gekämpft hatte und so das andere Deutschland erkennen ließ. Zitate aus Zeitzeugenberichten von Karl Barthel und Richard Kucharczyk erinnerten an die Mordorgien der SS in der Genickschussanlage, zugleich an das solidarische Verhalten der Häftlinge gegenüber sowjetischen Kameraden. Am Gedenkstein für das sowjetische Kriegsgefangenenlager wurde mit Blumengebinden und still der vielen Opfer gedacht.

Auf der großen Filmleinwand gezeigte Fotos ehemaliger deutscher Häftlinge des KZ Buchenwald und einiger ihrer Kameradinnen und Kameraden aus der Sowjetunion stimmten das Gedenken im Kinosaal der Gedenkstätte ein. Es handelte sich diesmal um Fotos solcher deutscher Häftlinge, die in besonderer Weise den sowjetischen Häftlingen verbunden waren.

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Ottomar Rothmann, Günter Pappenheim, Prof. Dr. Heinrich Fink, Boris Romatschenko

Professor Heinrich Fink, Vorsitzender der VVN-BdA, eröffnete das diesjährige Treffen, an dem auch Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrates deutscher Sinti und Roma, Vertreter der Jüdischen Gemeinde, die Bundestagsabgeordneten der Fraktion Die Linke Kersten Steinke und Jens Petermann, der Vorsitzende des Fördervereins Buchenwald e.V. Dr. Volkhardt Germer sowie Abgesandte der Botschaft Russlands in der BRD teilnahmen.

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In seiner Begrüßung erklärte der ehemalige Häftling Nummer 22.514 und jetzige Vorsitzende der LAG, Günter Pappenheim, dass die Solidarität im Lager ein bedeutsames Überlebensmittel war, was nicht vergessen werden dürfe, weil es zur Erinnerung gehört. Das sei umso wichtiger, als Bestrebungen sichtbar sind, es vergessen zu machen. Bezug nehmend auf die Aktualität des Schwurs von Buchenwald bezeichnete er es als zynische Verharmlosung des Faschismus und schwere Beleidigung der Opfer, wenn Neofaschismus heute schnoddrig als Dummheit bezeichnet werde, die sich nicht verbieten lasse, um damit zu rechtfertigen, weshalb die Bundesregierung keinen Antrag zum Verbot der NPD stelle. Das sei verordneter Anti – Antifaschismus. Diesen endlich aufzugeben forderte er energisch und verlangte zugleich, die neofaschistische NPD unverzüglich und nachhaltig zu verbieten. In seinem Grußwort würdigte der Bürgermeister der Stadt Weimar, Peter Kleine, kontinuierliches Gedenken dieser Form und diesen Inhalts als wichtig und bedeutsam für die Bürgerinnnen und Bürger der Stadt, weil es zeige, wie eng das Verhältnis zwischen den ehemaligen Häftlingen, der Stadt Weimar und der Gedenkstätte Buchenwald sei. Buchenwald sei ein Teil Weimars. Er verwies auf die direkte Verantwortung der Stadt gegenüber sowjetischen Kriegs- und Zivilgefangenen, die hier Zwangsarbeit leisten mussten.

Mit einem an historischen Fakten reichen Referat benannte der Historiker Dr. Jens Binner Hintergründe, Zusammenhänge und eine Vielzahl interessanter Details für den ungeheuerlichen faschistischen Terror gegen sowjetische Kriegs- und Zivilgefangene in der Sowjetunion und in den KZ.

Diese sachliche Darstellung unterlegte der ehemalige Häftling Boris Romantschenko mit dem emotional beeindruckenden Bericht über sein Erleben in Buchenwald und im KZ Mittelbau-Dora. Bertrand Herz, Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos, verwies in seinem Grußwort auf den hohen Wert der internationalen Solidarität, die den sowjetischen Kriegs- und Zivilgefangenen entgegengebracht wurde. Er und sein Vater hätten Solidarität im Lager als hohes Gut erlebt.

Ottomar Rothmann, Ehrenbürger der Stadt Weimar, ehemaliger Häftling Nummer 6028, sprach über seine Erinnerungen an das Eintreffen der ersten weiblichen Häftlinge aus der Sowjetunion im KZ Buchenwald, was im Häftlingslager eine Welle der Solidarität auslöste. Mit klarer, kräftiger Stimme sprach der heute fast Zweiundneunzigjährige von der unglaublichen Kraft einer freundlichen Geste gegenüber den hungernden, gequälten, gedemütigten Frauen. Das solidarische Verhalten gegenüber den Frauen habe zugleich die eigene Zuversicht gestärkt im Kampf gegen die Faschisten.

Lena Sarah Carlebach las erschütternde Aussagen von Frauen aus der Sowjetunion, die als Zwangsarbeiterinnen in das KZ Buchenwald verschleppt und von dort zu schwerster Arbeit in Außenlager kommandiert wurden. Nina Schalagina musste als Fünfzehnjährige mit ihrer Mutter und der fünfjährigen Schwester ihre von der Wehrmacht niedergebrannte Heimatstadt Klinzy verlassen. Als so genannte Russische Zivilarbeiterin kam sie mit der Häftlingsnummer 36966 in das Außenlager des KZ Buchenwald Hasag Taucha. Dort hatte sie täglich zwölf Stunden in der Granatenproduktion zu arbeiten.

Einer zum Abschluss des 4. Treffens der Nachkommen in deutscher und russischer Sprache vorgetragenen Erklärung stimmten die Anwesenden mit starkem Befall zu. (Wortlaut der Erklärung unter: http://lag-buchenwald.de/2013/04/16/erklarung-zum-68-jahrestag-der-befreiung/#more-646 ) Mit dem Buchenwaldlied wurde das beeindruckende 4, Treffen der Nachkommen in Buchenwald beendet.

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Gedenken an die Opfer der sowjetischen Kriegs- und Zivilgefangenen in Buchenwald

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