Gedenken an die Widerstandsgruppe Friedberg

5. Januar 2023

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Die Gaststätte „Zum Schuppen“ in der Suhler Arbeitersiedlung Friedberg war der gemeinsame Treffpunkt der hiesigen Widerstandsgruppe, welcher ihr später auch den Namen gab. Hier planten die Widerstandskämpfer gemeinsame Flugblattaktionen, organisierten Kleingruppen in den Betrieben der Waffenindustrie sowie Spendensammlungen für die Verfolgten und fanden Verstecke für Handfeuerwaffen und Maschinengewehre.

Mehrere Jahre lang überwachte die Gestapo die Friedberg-Gruppe durch einen Spitzel. Im September 1943 und Juni 1944 schlug sie zu. Etwa 200 Männer und Frauen fielen ihr in die Hände. Alle Verhafteten wurden schwer gefoltert, einige während der Folter totgeschlagen. Emil Eckstein n (* 23. September 1889, † 1. November 1944, Sozialdemokrat) und Alfred Gerngroß (* 4. Februar 1896, † 6. Oktober 1944, Gewerkschafter) verstarben bereits Ende 1944 an den Folgen grausamer Misshandlungen in Gestapohaft.

In den sogenannten „Suhler Hochverratsprozessen“ fällte der Volksgerichtshof Ende 1944 acht Todesurteile wegen „Vorbereitung zum Hochverrat, Feindbegünstigung und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode und lebenslangen Ehrverlust. Das Urteil wurde am 5. Januar 1945 vollstreckt. Im Innenhof des Landgerichts werden acht Männer und eine Frau enthauptet. Jede Hinrichtung dauerte 20 Sekunden.

Unter den Hingerichteten war Adolf Wicklein (*26. Januar 1886, Kommunist und Widerstandskämpfer) der einzige, der nicht zur Friedberg-Gruppe gehörte. In Sonneberg wohnhaft, unterstützte er sowjetische Zwangsarbeiter und verhalf Kriegsgefangenen zur Flucht.

Das Ehepaar Minna und Emil Recknagel (*9. Februar 1882 und *18. Januar 1880, Widerstandskämpfer, seit 1901 verheiratet, zwei Kinder), Carl Stade (*2. Mai 1900, Schlossermeister und Widerstandskämpfer), Adolf Anschütz (*20. September 1889, Kommunist, ehemaliger regionale Geschäftsführer des Deutschen Metallarbeiterverbandes), Ernst König (*3. März 1898, KPD-Mitglied, kannte Ewald Stübler aus der gemeinsamen Haft im KZ Buchenwald), Rudolf Gerngroß (*15. Februar 1898, ehemaliger Polizeileutnant, 1934 wegen seiner SPD-Mitgliedschaft entlassen), Friedrich Heinze (*4. April 1889, Kaufmann und früheres Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei), Adolf Wicklein und Ewald Stübler wurden am 5. Januar 1945 im Landgericht Weimar enthauptet.

„Wir sterben unschuldig. […] Ihr braucht euch nicht zu schämen“

(letzter Brief der Recknagels an ihre Angehörigen)
Unsere Kamerad:innen der Basisgruppe Suhl/Südthüringen gedachten heute an die Ermordung der Suhler Antifaschist:innen der Widerstandsgruppe „Friedberg“ vor 78 Jahren.


Gedenkveranstaltung in Bechstedt

15. Dezember 2022

Am Montag, den 19. Dezember jährt sich die Ermordung von 12 jungen, polnischen Männern in Bechstedt. Aus diesem Anlass lädt unsere Basisgruppe Saalfeld/Rudolstadt um 14 Uhr zu einer Gedenkfeier an der Gedenkstätte ein. Im Anschluss besteht die Möglichkeit einer kleinen Rundführung über das Areal.

Hintergrund:
Am 19. Dezember 1941 wurden in Bechstedt, einer kleinen Gemeinde im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, elf junge polnische Männer durch den Strang hingerichtet. Sie waren alle im KZ Buchenwald inhaftiert. Es sollten zwölf sein. Der Zwölfte, der Jüngste von ihnen, ein 17-jähriger Junge, starb auf dem Transport von Buchenwald nach Bechstedt.
Sie wurden als „Sühnemaßnahme“ hingerichtet, nachdem ein polnischer Zwangsarbeiter einen Bauern aus Bechstedt so schwer verletzt hatte, dass dieser an den Verletzungen verstarb. Auch der Zwangsarbeiter starb wenige Wochen später.

Pflanzung der Gedenkbäume für Ewald Stübler und Otto Speßhardt

7. Dezember 2022

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Standort „Marienhöhe“ bei Weimar


In diesen Sommer wurden mehrere Gedenkbäume des Projektes „1.000 Buchen“ des Lebenshilfe-Werks Weimar/Apolda beschädigt und zerstört. Wir haben in den vergangenen Monaten Geld für neue Bäume gesammelt. Dank Eurer Hilfe ist es uns gelungen, gleich zwei neue Gedenkbäume stiften zu können. Diese wurden am 7. Dezember 2022 mit vielen weiteren Gedenkbäumen unter Beisein des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und Oberbürgermeister Peter Kleine gepflanzt.

Wir haben uns dafür entschieden, unsere Bäume zwei fast vergessenen Widerstandskämpfern, die das Naziregime nicht überlebten, zu widmen und möchten sie Euch im Folgenden vorstellen:

Otto Speßhardt (4.11.1911 – 20.3.1945) aus Eisenach, Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes (KJVD)
Ewald Stübler (13.08.1881 – 05.01.1945) aus Suhl/Goldlauter, Mitglied der Widerstandsgruppe Friedberg

Ewald Stübler

rechts: Ewald Stübler

Ewald Stübler wurde am 13. August 1881 in Gera als ältestes von acht Kindern des Harmonika-Machers und Musikers Otto Stübler geboren. Da die Not der kinderreichen Familie groß war, wurde er im Alter von 12 Jahren zu seinem Onkel nach Hirschberg in Schlesien geschickt. Nach der Schule erlernte er hier den Kaufmannsberuf in einer Eisen- und Waffenhandlung. Mit 16 Jahren kam er wieder nach Gera zurück und besuchte die Fachschule. Durch seine Begabung und seinen Fleiß erhielt er ein Stipendium. Sein gutes Sprachtalent – er sprach fließend Italienisch und hatte gute Kenntnisse in Französischen, Spanischen und Latein – brachte ihn in Kontakt mit Menschen in Italien und Argentinien, mit denen ihn eine jahrelange Brieffreundschaft verband. Die misslichen häuslichen Verhältnisse
gestatteten ihm nicht, die Berufslaufbahn, die er auf Grund seiner Kenntnisse hätte beginnen können, einzuschlagen. Er wurde Weber, um sich dann mit den Jahren im kaufmännischen Bereich – als Expedient beginnend – weiter emporzuarbeiten. Nach Beendigung der Lehrzeit war er an verschiedenen Orten tätig. Von 1923 bis 1928 betrieb er in Suhl eine eigene Waffenhandlung, danach arbeitete er wieder als kaufmännischer Angestellter in der Waffenfabrik Albert Sühn.
In Suhl wohnte er mit seiner Frau, die er 1903 heiratete, in der Wertherstraße 1. Seine Frau verstarb bereits 1941. Über das Schicksal ihres gemeinsamen Sohnes, späterer Apotheker in Ebeleben, sowie seiner Schwiegertochter, Thea Stübler, ist uns leider nichts bekannt.
Schon früh begann Ewald Stübler sich politisch zu interessieren und besuchte sozialistische Versammlungen. Zuerst sympathisierte er mit der SPD, später mit der KPD. Ab 1934 gehörte er der DAF (Deutsche Arbeitsfront) an. In all den Jahren hatte sich seine politische Einstellung nicht gewandelt und er machte auch daraus keinen Hehl. „Gute Freunde“ denunzierten ihn. Er wurde im November 1937 in Schutzhaft genommen und war für 1,5 Jahre Häftling im KZ Buchenwald. 1939 wurde er dort wieder entlassen.
Zurück in Suhl schloss er sich dem engeren Widerstandskreis um den Sozialdemokraten und früheren Reichstagsabgeordneten Guido Heym an. Mit seinem Rundfunkempfänger hörte Ewald Stübler Nachrichtensendungen aus London, Beromünster und Moskau ab. Mit gleichgesinnten Mitstreitern wie Walter Köhler, Emil Eckstein, Reinhold Amthor und Franz Albrecht beriet er die notwendigen Schritte ihrer illegalen Tätigkeit in der Gasstätte „Fuchsbau“. Der damalige Wirt des „Fuchsbau“, Ewald Otto, hatte für einen Hinterausgang gesorgt, durch den die Antifaschisten ungesehen das Lokal verlassen konnten, falls Polizei oder Gestapo kämen.
Die Gaststätte „Zum Schuppen“ in der Suhler Arbeitersiedlung Friedberg war der gemeinsame Treffpunkt der Friedberg-Gruppe, zu welcher Ewald Stübler ebenfalls Kontakt pflegte. Diese verteilten Flugblätter, bildete Kleingruppen in den Betrieben der Waffenindustrie und sammelte Spenden für die Verfolgten. Sie versteckte Handfeuerwaffen und drei Maschinengewehre. Es bestand durch Ewald Stübler eine enge Verbindung zum Widerstandskreis um Guido Heym.
Mehrere Jahre lang überwachte die Gestapo die Friedberg-Gruppe durch einen Spitzel. Im September 1943 und Juni 1944 schlug sie zu. Etwa 200 Männer und Frauen fielen ihr in die Hände. Alle Verhafteten wurden schwer gefoltert, einige während der Folter totgeschlagen. In den sogenannten „Suhler Hochverratsprozessen“ fällte der Volksgerichtshof Ende 1944 acht Todesurteile wegen „Vorbereitung zum Hochverrat, Feindbegünstigung und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode und lebenslangen Ehrverlust. Im Urteil des Volksgerichtshofes heißt es: „Stübler ist der verbissene Kommunist, der seine kommunistischen Ideen bei jeder Gelegenheit verbreitet.“
Das Urteil wurde am 5. Januar 1945 vollstreckt. Im Innenhof des Landgerichts werden acht Männer und eine Frau enthauptet. Jede Hinrichtung dauerte 20 Sekunden.
Unter den Hingerichteten war Adolf Wicklein (26. Januar 1886, Kommunist und Widerstandskämpfer) der einzige, der nicht zur Friedberg-Gruppe gehörte. In Sonneberg wohnhaft, unterstützte er sowjetische Zwangsarbeiter und verhalf Kriegsgefangenen zur Flucht. Das Ehepaar Minna und Emil Recknagel (9. Februar 1882 und 18. Januar 1880, Widerstandskämpfer, seit 1901 verheiratet, zwei Kinder), Carl Stade (2. Mai 1900, Schlossermeister und Widerstandskämpfer), Adolf Anschütz (20. September 1889, Kommunist, ehemaliger regionale Geschäftsführer des Deutschen Metallarbeiterverbandes), Ernst König (3. März 1898, KPD-Mitglied, kannte Ewald Stübler aus der gemeinsamen Haft im KZ Buchenwald), Rudolf Gerngroß (15. Februar 1898, ehemaliger Polizeileutnant, 1934 wegen seiner SPD-Mitgliedschaft entlassen), Friedrich Heinze (4. April 1889, Kaufmann und früheres Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei), Adolf Wicklein und Ewald Stübler wurden am 5. Januar 1945 im Landgericht Weimar enthauptet.


„Wir sterben unschuldig. […] Ihr braucht euch nicht zu schämen“

(letzter Brief der Recknagels an ihre Angehörigen)

Otto Speßhardt

Foto: Stadtarchiv Eisenach – 40.5.03.01-032_001

Der Eisenacher Tischler Otto Speßhardt, geboren am 04. November 1911, war Mitglied des kommunistischen Jugendverbandes (KJVD) und Teil der Eisenacher Widerstandsgruppe um Fritz Koch, Ernst Böckel, Willy Enders, Paul Göpel, Erich Honstein und Heinrich Zieger.
Als am 30. Januar 1933 die NSDAP die Macht in Deutschland an sich reisst und auch in Eisenach wenige Tage später die Hakenkreuzflaggen überall wehen, möchte die Eisenacher Widerstandsgruppe ein Zeichen setzen, indem sie die Rote Fahne an prägnanten Orten der Stadt hisst. Otto Speßhardt war es, der in der Nacht zum 12. März 1933 auf dem Metilstein gut sichtbar gegenüber der Wartburg eine rote Fahne anbrachte, um deutlich zu machen, dass es noch Widerstand gegen das Naziregime in Deutschland gibt.
Kurz darauf wird er deshalb verhaftet und
wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Nach der Verbüßung seiner Gefängnisstrafe wird Speßhardt jedoch nicht entlassen, sondern in Schutzhaft genommen. Anfang des Jahres 1937 wird Otto Speßhardt in das KZ Bad Sulza verschleppt, von wo aus er im Juli über das KZ Lichtenburg am 31. Juli 1937 in das KZ Buchenwald überstellt wird. Drei Jahre ist er als Häftling Nummer 856 im KZ Buchenwald bis er am 31. August 1940 entlassen wird. Doch die Folgen seiner Haft überwindet er nie. Am 20. März 1945 verstirbt er an den Auswirkungen einer Lungentuberkulose, welche er sich durch die Haftbedingungen
zuzog.
Sein Grab befindet sich in Eisenach auf dem Städtischen Hauptfriedhof in einem Ehrenhain zum Gedenken an die Opfer der revolutionären Arbeiterbewegung, welcher dort 1946 angelegt wurde. Neben den Gräbern der Eisenacher Opfer des Kapp-Putsches und den Gräbern der Widerstandskämpfer, die die Zeit des Nationalsozialismus überlebten, befinden sich hier die Grabstätten von fünf weiteren Opfern des Naziregimes: Ernst Böckel (14. Januar 1909 – 07. Dezember 1940) wurde als Mitglied der KPD und des RFB (»Rotfrontkämpferbund«) wegen seiner aktiven Widerstandsarbeit verhaftet und zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Er wurde am 07. Dezember 1940 in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein umgebracht.
Willi Enders (11. April 1886 – 7. Januar 1938) war seit 1905 Mitglied der SPD, einige Jahre Bibliothekar in der Gewerkschaftsbibliothek Eisenach und aktiv in der Widerstandsbewegung. Nach seiner Verhaftung wurde er bei Verhören im Gerichtsgefängnis Eisenach so schwer misshandelt, dass er am 7. Januar 1938 seinem Leben ein Ende setzte.
Erich Honstein (23. Februar 1904 – 1. Juli 1934), ebenfalls Mitglied der KPD, setzte nach Beginn der NS-Diktatur seine politische Tätigkeit illegal fort, wurde 1934 verhaftet und am 1. Juli 1934 in einem Gefängnis in Halle erschlagen.
Fritz Koch (21. Oktober 1901– 17. März 1933), ebenfalls Mitglied der KPD und des »Rotfrontkämpferbundes« (RFB), wurde im Frühjahr 1933 wegen seiner politischen Aktivitäten in das SA-Lager Nohra eingewiesen. Dort verstarb er am 17. März 1933 an den Folgen von Misshandlungen.
Heinrich Zieger (24. Februar 1900– 28. Dezember 1933) war seit Anfang der 20er Jahre Mitglied der KPD, zeitweilig Betriebsratsvorsitzender der Hörsel-Werke in Eisenach und in verschiedenen anderen kommunistischen Organisationen aktiv. 1932 wurde er Stadtverordneter der KPD in Eisenach und war stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde er verhaftet und setzte nach wochenlangen Verhören und Folterungen seinem Leben ein Ende.


„Ihr seid nicht tot – tot sind nur die, die man vergißt“

(Inschrift des Denkmals im Ehrenhain)
Ehrenhain in Eisenach

ACHTUNG: Änderung des Ortes der Baumpflanzung

6. Dezember 2022

Aufgrund der vorhergesagten Wetterlage für Weimar wurden Ort und Ablauf für die morgige Pflanzaktion kurzfristig geändert:

Die Pflanzaktion findet nun als feierlicher Akt im Kinosaal der Gedenkstätte Buchenwald von 11.30 Uhr bis 13 Uhr statt. 

Wenn es die Verkehrslage auf der Marienhöhe und Herders Ruh an dem Tag zulässt, wird es im Anschluss die Möglichkeit geben, gemeinsam zu den gepflanzten Bäumen zu fahren. 

Bitte sagt dies unbedingt weiter!

Erinnerungsveranstaltung für drei Antifaschisten

11. November 2022

Anlässlich des 40. Todestages von Marcel Paul

Autor: Jürgen Powollik (BG Saalfeld/Rudolstadt)


Walter Bartel: Im März 1939 verhaftet und in das KZ Buchenwald verbracht. Dort war er in den Kommandos Zimmerei sowie Arbeitsstatistik eingesetzt. Hier wurde er zusammen mit Ernst Busse und Harry Kuhn bald darauf Mitglied der illegalen Parteileitung, und seit 1943 war er der Vorsitzende des Internationalen Lagerkomitees, das den Widerstand im Lager koordinierte. Nach der Befreiung durch die 3. US-Armee wurde er vom amerikanischen Lagerkommandanten paritätisch als gleichberechtigter Leiter des ehemaligen Lagers anerkannt.

Marcel Paul: Ein französischer Politiker (PCF) und Gewerkschafter. Er kämpfte in der Résistance und gehörte als Industrieminister drei aufeinanderfolgenden Regierungen an.
Im November 1941 wurde Paul nach einer Denunziation festgenommen. Am 27. April 1944 wurde er in das Vernichtungslager in Auschwitz verbracht, wo ihm eine Nummer eingestochen wurde. Am 14. Mai erfolgte der Weitertransport der französischen Gefangenen in das Konzentrationslager Buchenwald.
Zusammen mit André Leroy und Jean Lloubes organisierte er in Buchenwald weiteren Widerstand im Untergrund im sogenannten «comité des intérêts français», dessen Vorstand er angehörte. Dies ermöglichte ihm, zahlreiche Mitgefangene, wie beispielsweise Marcel Dassault, vor dem sicheren Tod zu retten, bedeutete aber auch, dass er über die Zuteilung von schwerer Zwangsarbeit entscheiden musste.

Pierre Durand: Ein französischer Kommunist, Kämpfer in der Résistance, Häftling im KZ Buchenwald und Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos.
Im Mai 1944 in das KZ Buchenwald deportiert, erhielt er dort die Häftlingsnummer 49.749.
Er beteiligte er sich am Häftlingswiderstand und wurde Mitglied des Internationalen Lagerkomitees (ILK). Durand setzte sich für die Zusammenarbeit von deutschen und französischen Häftlingen ein und fungierte auch als Dolmetscher.
Nach der Befreiung der Häftlinge durch die 3. US-Armee sprach er am 19. April 1945 den „Schwur von Buchenwald“ in französischer Sprache.
Von 1982 bis 2001 leitete er als Präsident das Internationale Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos. Viele Male nach der Befreiung des Lagers kam er nach Buchenwald, um die nachfolgenden Generationen an das Vermächtnis der Überlebenden zu erinnern: 

„Wir sind nicht die Klageweiber der Geschichte. Wir sind der lebende Beweis dafür,
daß der Kampf für Freiheit, Frieden und Glück immer möglich ist. Unser langes
Leben hat uns gelehrt, daß man nie aufgeben darf, daß man im Herzen die Flamme
der Hoffnung und den Willen bewahren muß, eine bessere Welt aufzubauen, eine
Welt, die der Menschheit würdig ist. Diesen Wunsch haben wir mit unserem Schwur
am 19. April 1945 ausgedrückt. Jetzt müssen Sie ihn in die Tat umsetzen. “

Pierre Durand, Rede am Glockenturm der Gedenkstätte, April 2001

Gedenken an die Novemberpogrome

9. November 2022

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In ganz Thüringen gedachten heute Kameradinnen und Kameraden der Opfer

Am 9. November 1938 und an den darauffolgenden Tagen fanden im gesamten Deutschen Reich Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung statt. Die seit dem „Anschluss“ im März 1938 begonnene Vertreibung und Enteignung der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialist:innen wurden damit radikalisiert und systematisiert. Erstmals im ganzen Land kam es zu Massengewalt und Massenverhaftungen gegen Jüdinnen und Juden.

Zwischen dem 7. und 13. November wurden im ganzen Reichsgebiet mehrere hundert Juden ermordet, mindestens 300 nahmen sich das Leben. Um die 1,400 Synagogen, Betstuben und Versammlungsräume jüdischer Menschen sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden gestürmt und zerstört. Ab dem 10. November folgten Deportationen jüdischer Menschen in Konzentrationslager. Mindestens 30.000 Menschen wurden dabei interniert, Hunderte starben an den Folgen der mörderischen Haftbedingungen oder wurden hingerichtet.

Die pogromartigen Ausschreitungen wurden vom größten Teil der nichtjüdischen Mitbürger:innen nicht nur widerstandslos zur Kenntnis genommen, sondern von vielen aktiv mitgetragen.

Ich war nicht überrascht über die Gewalt, auch nicht als Kind. Und doch: Das schrille
Grölen, das Klatschen, das höhnende Lachen, das Feuer, die Splitter und herabstürzenden
Trümmer – je mehr ich sah, desto größer wurde meine Angst. Bis zum 9. November 1938
hatte ich die Demütigungen und Anfeindungen verkraften können, und auch verachtet und
bespuckt zu werden. In dieser Nacht der Erbarmungslosigkeit aber überkam mich die
Verzweiflung. […] In jener Nacht am 9. November 1938 begriff ich: Wir haben unser
Existenzrecht verloren.

Charlotte Knobloch, von 2006 bis 2010 Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland,
hat den 9.11.1938 als Sechsjährige in München miterlebt.

77. Pflanzaktion im Rahmen des Projekts „1.000 Buchen“

9. November 2022

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Wie Ihr sicherlich gehört habt, wurden diesen Sommer mehrere Gedenkbäume des Projektes „1.000 Buchen“ des Lebenshilfe-Werks Weimar/Apolda beschädigt und zerstört. Wir haben in den vergangenen Monaten Geld für neue Bäume gesammelt. Dank Eurer Hilfe ist es uns gelungen, gleich zwei neue Gedenkbäume stiften zu können. Diese sollen am Mittwoch, den 7. Dezember 2022, mit weiteren Gedenkbäumen unter Beisein des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und Oberbürgermeister Peter Kleine gepflanzt werden.

Wir haben uns dafür entschieden, unsere Bäume zwei fast vergessenen Widerstandskämpfern, die das Naziregime nicht überlebten, zu widmen:

Otto Speßhardt (4.11.1911 – 20.3.1945) aus Eisenach, Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes (KJVD)
Ewald Stübler (13.08.1881 – 05.01.1945) aus Suhl/Goldlauter, Mitglied der Widerstandsgruppe Friedberg

Diese Pflanzaktion wird an zwei Standorte stattfinden, die nah beieinander liegen: Marienhöhe und Herders Ruh (gelegen nördlich der B7 zw. Kreuzung B7/Ettersburger Str. und Kreisverkehr Schöndorf). Beginn ist 11.00 Uhr. Wir werden ab 10.30 Uhr vor Ort sein. Die Veranstaltung wird etwa zwei Stunden dauern. Für ältere Kamerad:innen werden wir Klappstühle dabei haben.

Die Person hinter dem Schild

9. November 2022

Straßenschild in Bad Salzungen mit Information versehen

Autor: Klaus-Martin Luther (BG Bad Salzungen)

Für Nichteingeweihte verbindet sich der Name Martin Luther sicher mit dem großen deutschen Reformator aus dem 16. Jahrhundert. Das stimmt in diesem konkreten Fall aber nicht, denn dann würde vor dem Namen noch das „Dr.“ stehen. Diese Straße wurde nach dem 1892 geborenen Bad Salzunger Arbeiter, Kommunisten und Antifaschisten Martin Luther benann Und ich bin zufällig einer seiner 5 Enkel. Mitte des vorigen Jahrhunderts, als „Sälzinge“ noch eine überschaubare Anzahl von Bürgern hatte, wo jeder fast jeden noch persönlich kannte, war mein Großvater als der,,Luthers Märte“ von der „Steinernen Mauer“ gut bekannt. Die Luthers wohnten in der Sophienstraße 2. Hier war ich als Kind sehr oft Pensionsgast. Ich kann mich auch noch sehr gut an meinen Opa erinnern. Gerne nahm er mich Steppke Sonntags mit zum Fußballspiel von Stahl Bad Salzungen auf den Haad. Anschließend ging es immer den Weinberg hoch zum bekannten Ausflugslokal ,,Jungs Höh“ (später Waldschänke) zum Luthers Hain, seinem Bruder. Da gab es dann für mich immer eine Bockwurst mit der obligatorischen Waldmeisterlimonade.

Politisch aktiv war mein Opa sein ganzes Leben lang. Ob in der Gewerkschaftsbewegung oder später als Mitbegründer der KPD Ortsgruppe Bad Salzungen. In den 30er Jahren war er auf Grund seiner politischen Einstellung oft arbeitslos. Er musste zusehen, wie er mit seiner Familie über die Runden kam, meist waren es Gelegenheitsarbeiten, u.a. schusterte er zu Hause. Sein Schusterwerkzeug ist übrigens noch in meinem Besitz, auch etliche Bücher aus seinem großen Bücherschrank, er liebte Bücher.

In der Nazizeit gehörte er auch nicht zu den Leisetretern. Er war immer mittendrin in den politischen Auseinandersetzungen:

  • ob bei den illegalen Treffen im Ratskeller mit weiteren Antifaschisten der Neubauer/Poser Widerstandsgruppe
  • ob bei Aktionen zur Rüstüngssabotage in der Fa. Schmölle & Co (spät. Hartmetallwerk Immelborn)
  • ob bei der Unterstützung ausländischen Zwangsarbeiterinnen, die in den Rüstungsbetrieben unter unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen schuften mussten.
  • oder als er gemeinsam mit seinem Genossen Karl Fischer und einer weißen Fahne am 4. Mai 1945 dem Vorauskommando des 358 amerikanischen Infantrie-Bataillons entgegen ging und am ehemaligen Pumpenhäuschen die Stadt kampflos übergaben. Dem voraus gingen schwierige Gespräche mit dem schon bewaffneten Volkssturm, der letztendlich die Waffen niederlegte.

Das sagt sich heute alles so leicht, geht leicht über die Lippen, aber damals war das alles sehr mutig, weil sehr gefährlich. Unmittelbar nach Kriegsende half mein Opa in wichtigen Funktionen mit das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben wieder in Gang zu setzen. Bereits im Mai 1945 wurde er zum 2. Bürgermeister gewählt und war auch 5 Jahre Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung. 1967 verstarb er. Seine letzte Ruhestätte fand er im 1986 errichteten Ehrenhain für antifaschistische Widerstandskämpfer auf dem Husenfriedhof.

Ein letzter Gedanke, rein hypothetisch: Was würde er wohl empfinden, wenn er uns heute zuschauen könnte?
Zum einen natürlich Freude über die persönliche Ehrung, auch Respekt vor den derzeit vorherrschenden demokratischen Verhältnissen.
Aber sicher auch ein großes Unverständnis darüber, das 77 Jahre nach der Befreiung des KZ Buchenwald der Schwur der 20.000 überlebenden Häftlinge, den Faschismus mit all seinen Wurzeln auszurotten, immer noch nicht erfüllt ist! Immen noch können alte und neue Faschisten unbehelligt auf der Straße marschieren und ihre verbrecherische Ideologie verbreiten. Dagegen müssen wir uns, müssen sich alle demokratische denkenden Bürger mit allen Kräften wehren. Zur Vision einer anderen, einer gerechten Welt, einer Welt des Friedens und der wirklichen Freiheit gibt es keine Alternative!

75 Jahre Thüringer VVN

2. November 2022

Autorin: Anne Maddouch

Am 8. Oktober 2022 fand die 75 Jahr-Feier des VVdN/BdA Thüringen in der Gedenkstätte Buchenwald statt. Zu diesen besonderen Anlass wurden Freund:innen des TVVdN/BdA, Kamerad:innen und Unterstützer:innen von der Landesvorsitzenden Kati Engel geladen.

Elke Pudszuhn

Ein Dreivierteljahrhundert antifaschistische Praxis. Dies bedeutet seit ihrer Gründung 1946 den Kampf gegen den Faschismus, der bis heute anhält. Darauf verwies auch die Ehrenvorsitzende des Landesverbandes, Elke Pudszuhn, dass „Antifaschismus unverzichtbar bleibt“. Außerdem erinnerte sie in ihrer Rede an die Schwierigkeiten, die durch Behörden der VVN-BdA gemacht worden sind. Hierzu zählen die staatlichen Repressionen in der BRD die Vereinigung zu verbieten und der Zwang zur Auflösung in der DDR. Und auch in der jüngeren Zeit wurde der VVN-BdA durch den Verfassungsschutz diffamiert und musste unter Beweis stellen, dass sie gemeinnützig ist. All dies hat die Vereinigung erfolgreich geschafft.

Kati Engel betonte in ihrer Rede, dass die Vereinigung gestärkt aus dem Kampf um die Gemeinnützigkeit hervorging und „wir mehr Mitglieder haben denn je“. Ein Dreivierteljahrhundert antifaschistische Praxis, die nur durch Menschen möglich wurde, die den Mut nicht verloren haben, für eine Welt des Friedens und der Freiheit zu leben. Die bereit waren sich den Herausforderungen und Steinen der rechten Hetzer:innen in den Weg zu stellen.

Kati Engel und Karl-Heinz Voigt

Karl-Heinz Voigt, Mitglied des Landesvorstandes, übergab symbolisch einigen jüngeren Kamerad:innen das Buch: „Das faschistische Echo der Vergangenheit“ mit den Worten: „Sein ganzes Leben war er umgeben von der antifaschistischen Familie“. Es sei die Haltung der Kamerad:innen die, der VVN-BdA den Kompass weist. Heute braucht es die progressiven Kräfte, die sich zum einen den Neofaschist:innen in den Weg stellen und ihre Hetze „entzaubern“. Und zum Anderen braucht es soziale Antworten auf die Existenzängste der Menschen. Wir stehen dafür ein, dass Geflüchtete, das vollständige Recht auf Asyl erhalten und fordern, dass nicht das Leid der einen gegen das Leid der anderen ausgespielt wird. Es braucht eine soziale Umverteilung und den vollständigen Umwelt -und Klimaschutz, nur so wird die Demokratie sich wehren können.

 […] im Namen des Internationalen Komitees Buchenwald Dora und Kommandos, im Namen meiner Häftlingskameraden, im Namen derjenigen, die sich Menschen nennen, möchte ich der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und dem Bund der Antifaschisten von Thüringen unseren tiefen Dank für seine Unterstützung aussprechen, und ihnen weitere Kraft wünschen. Der Kampf ist noch lange nicht beendet. Wir haben bisher gemeinsam gekämpft und wir werden unseren Weg Hand in Hand weitergehen. Aber ohne ihn, ohne euch, wären wir tot. Und wir wollen ja leben, in Würde und Frieden.

Naftali Fürst, Präsidenten des IKBD

Lassen Sie es mich ganz deutlich sagen: Sie sind in der Gedenkstätte hochwillkommen. Lassen Sie uns gemeinsam für eine geschichtsbewusste, plurale, offene, humane und friedliche Gesellschaft kämpfen. Vielen Dank für Ihr Engagement und herzlichen Glückwunsch zum 75. Geburtstag!

Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, Stiftungsdirektors der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora

Neuer Landesvorstand gewählt

15. Oktober 2022

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Delegierte treffen sich zur 17. Landesdelegiertenkonferenz in Buchenwald

Im Anschluss des Festaktes anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Thüringer VVdN-BdA fanden sich die Delegierten des Verbandes in der ehemaligen Häftlingskantine zur 17. Landesdelegiertenkonferenz zusammen. Auf der Tagung wurde unter anderem der Landesvorstand neu gewählt. Kati Engel wurde in ihrem Amt als Landesvorsitzende bestätigt, genauso wie Karin Schrappe als ihre Stellvertreterin und Christiane Schütze als Schatzmeisterin. Neu im Geschäftsführenden Vorstand ist Anne Maddouch als Beisitzerin. Als weitere Mitglieder des Landesvorstandes wurden gewählt: Uwe Adler, Mathias Adorf, Bernd Ahnicke, Wolfgang Heise, Felix Ihle,Carolin Pfeifer, Elke Pudszuhn, Jürgen Powollik, Hans-Ullrich Schmoll, Heidemarie Schwalbe und Karl-Heinz Voigt.

„Wir bedanken uns bei allen Kameradinnen und Kameraden, die aus dem Landesvorstand ausscheiden, für ihre geleistete Arbeit und ihr Engagement. Ganz besonders möchten wir uns bei unseren alten Beisitzern, Mathias Adorf und Joachim Richar, bedanken. Allen Neugewählten wünschen wir viel Freude und stets gutes Gelingen bei ihren bevorstehenden Aufgaben“, äußert sich Kati Engel nach der Wahl.

Delegierte der 17. LDK auf dem ehemaligen Appellplatz der Gedenkstätte Buchenwald

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