Stolpersteinverlegung in Bechstedt

1. Juli 2022

Autor: Jürgen Powollik (BG Saalfeld-Rudolstadt)

Nach 28 Jahren beendete Jürgen Patschull seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister von Bechstedt mit der Verlegung von 12 Stolpersteinen, die an den Lynchmord an 12 polnischen KZ-Häftlingen aus Buchenwald vor 81 Jahren erinnern. Diese Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig ergänzen die seit 1965 bestehende Gedenkanlage. Bei der Gedenkveranstaltung am 30. Juni fasste Dr. Stein von der Gedenkstätte des KZ Buchenwald die neusten Erkenntnisse zu den Ursachen und dem Verlauf der damaligen Vorkommnisse noch einmal zusammen. Mit dem Beginn des Überfalls der faschistischen Wehrmacht am 01.09.1939 auf Polen wurden die in Deutschland arbeitenden polnischen Landarbeiter zu rechtlosen Zwangsarbeitern, auch wenn sich einige Bauern, bei denen sie arbeiteten, nicht an die Vorgaben des Ostarbeitererlasses hielten. Die Auseinandersetzung eines durch Krankheit verwirrten und damit für seine Tat rein rechtlich unzurechnungsfähigen polnischen Zwangsarbeiters mit einem Bauern aus Bechstedt führte im Rassenwahn des deutschen Faschismus im Dezember 1941 zum Lynchmord an den polnischen Staatsbürgern. Die Täter konnten sich nach 1945, wie so viele, der Verantwortung entziehen.

1945 endete ein fürchterlicher Vernichtungskrieg in Europa. Gab es seit den damaligen Ereignissen ein Jahr des Friedens? Wohl kaum! Millionen von Menschen kamen seitdem durch viele Kriege, in denen es um Macht und Profit ging und geht, ums Leben. Heute befinden sich unser blauer Planet und die gesamte Menschheit vor existenziellen und lebensbedrohlichen Problemen und Krisen. Diese können nur im Frieden bewältigt werden. Deshalb die Waffen auf allen Seiten nieder, kehren wir zur Diplomatie zurück. Frieden für alle Menschen. Dies sind wir allen Opfern der Kriege und der Not schuldig, auch den hier ermordeten polnischen KZ-Häftlingen.

Wir von der Basisgruppe der Thüringer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten aus dem LK SLF-RU haben der neuen Bürgermeisterin von Bechstedt unsere weitere Unterstützung bei der Pflege der Gedenkanlage zugesagt.

Gedenken an Rosa-Winkel-Häftlinge

27. Juni 2022

„Im Gedenken an die homosexuellen Männer, die hier gelitten haben. Von 1937-1945 waren im Konzentrationslager Buchenwald 650 Rosa-Winkel-Häftlinge inhaftiert. Viele von ihnen kamen ums Leben.“

Die spendenfinanzierte Gedenktafel für die Rosa-Winkel-Häftlinge wurde, nachdem sich bereits 1998  der Arbeitskreis Homosexualität bei der Evangelischen Studentengemeinde Leipzig für eine Gedenktafel im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald eingesetzt und die AIDS-Hilfe Weimar die Initiative nach 2003 weiterverfolgt hatte, im Jahr 2006 enthüllt.

Der Rosa Winkel kennzeichnet die Häftlingen in den Konzentrationslagern, welche aufgrund ihrer Homosexualität dorthin verschleppt worden waren. Aber auch nach der Befreiung der Konzentrationslager existierte der §175 bis 1988 in der DDR und 1994 in der BRD weiter.

Heute fand im Rahmen des CSD Weimar ein Gedenken für die Rosa-Winkel-Häftlinge, organisiert vom CSD Weimar  und der AIDS-Hilfe Weimar & Ostthüringen e.V.  statt.

Vielen Dank an Matthias Gothe vom CSD Weimar den stellvertretenden Gedenkstättenleiter Dr. Neumann-Thein, den OB der Stadt Weimar, Peter Kleine und an Jürgen von ICH WEISS WAS ICH TU für die Redebeiträge und an das Frauenquintett aus Jena für die musikalische Begleitung.

Basisgruppe Gera wählte neuen Vorstand

19. Juni 2022

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Mitgliederversammlung zog Bilanz über die Arbeit der vergangenen beiden Jahre

Autor: Dieter Hausold (BG Gera)

Im Rechenschaftsbericht des Vorstandes verwies Günter Domkowsky auf die komplizierten Bedingungen in den zurückliegenden zwei Jahren. Die Zusammenarbeit und der Kontakt zwischen den Mitgliedern gestaltete sich durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie völlig verändert. Gespräche und Beratungen waren oft nur telefonisch möglich, oder mit festgelegten Schutzmaßnahmen. Die Buchenwald-Gedenkläufe 2020 und 2021 konnten leider nicht stattfinden. Das Gedenken an die Opfer des Faschismus erfolgte durch individuelles Niederlegen von Blumen und Gebinden. Im März 2021 wurde ein Mitgliederbrief an alle Kameraden versandt und natürlich gab es individuelle Gespräche und persönliche Betreuung.

Die Aktivitäten der Basisgruppe waren im Berichtszeitraum erneut auf die Auseinandersetzung mit jeglichen Erscheinungen des Neofaschismus, des Antisemitismus und von Ausländerfeindlichkeit gerichtet. Unser Mitglied Max Streckhardt hat dabei die Zusammenarbeit der demokratischen Jugendverbände in der Stadt mit initiiert und organisiert.

Die Würdigung der Gedenktage zur Befreiung vom Faschismus im Mai der vergangenen Jahre, die Ehrung der Opfer des Faschismus am jeweiligen 27. Januar sowie im September 2020 und 2021 und aus Anlass der Reichsprogromnacht am 9. November dieser Jahre gehören zum besonderen Engagement unserer Kameradinnen und Kameraden.

Am 6. April 2022 fand der 34. Buchenwald-Gedenklauf in Erinnerung an die Todesmärsche aus den faschistischen Konzentrationslagern statt. Besonders unterstützt hat die Basisgruppe das Gedenken an die Opfer des ehemaligen Außenlager „Schwalbe V“ in Berga.  

Eine bewegende Gedenkveranstaltung zum Tode der Ehrenvorsitzenden unseres Verbandes, Esther Bejarano, fand im Hofwiesenpark mit zirka 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Vor allem viele Schülerinnen und Schüler waren daran beteiligt. Besonders das Engagement der AG „Cuba Si“ und vom evangelische Jugendhaus „Shalom“, in dem ebenfalls eine Veranstaltung zum Gedenken an Esther Bejarano stattfand, ist hier hervorzuheben.

Zurückliegend konnte die Basisgruppe einen Teil ihrer Vorhaben zur Würdigung der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter  in unserer Stadt während der Zeit des Faschismus realisieren. In der Woche des bürgerschaftlichen Engagements 2020 haben wir gemeinsam mit dem DRK in der Greizer Strasse an die etwa 3000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, darunter auch viele Kinder, erinnert, die unter dem NS-Regime leiden mußten. Für verschleppte Frauen vor allem aus der Sowjetunion und Polen befand sich in Gera die Entbindungsstation. Von den hier zur Welt gekommenen 135 Kindern starben etwa die Hälfte bereits im ersten Lebensjahr. Ein Erinnerungsstein, auch mit Mitteln der Sparkasse Gera-Greiz errichtet, legt jetzt Zeugnis ab von ihrem schuldlosen Tod.

Im Bericht wird darauf verweisen, das der völkerrechtswidrige Krieg Putins gegen die Ukraine von den Mitgliedern der Basisgruppe entschieden verurteilt wird. Zugleich wird festgestellt: Für diesen Krieg sind aber nicht die sowjetischen Soldaten oder Widerstandskämpfer verantwortlich, welche gegen den deutschen Faschismus gekämpft haben. Ihnen gilt nach wie vor ein würdevolles Gedenken und Erinnern. Dementsprechend beteidigten sich Kameradinnen und Kameraden am diesjährigen Tag der Befreiung an der Gedenkveranstaltung am sowjetischen Ehrenmal auf dem Geraer Ostfriedhof.

Wie Günter Domkowsky im Bericht weiter ausführte, kann das politische Agieren der völkisch-nationalistischen AfD in Thüringen, an deren Spitze der Faschist Höcke steht, nicht hingenommen werden. Gegenüber Geras Oberbürgermeister verdeutlichte die Basisgruppe, daß eine Teilnahme von Vertretern der AfD an den Gedenktagen für die Opfer von Faschismus und Holocaust als Verhöhnung anzusehen ist. Eine Einladung durch die Stadt muß zukünftig unterbleiben. Die Basisgruppe ruft zu einem breiten Bündnis „Kein Gedenken mit der AfD“auf. Insbesondere mit Blick auf das diesjährige Gedenken zum 9. November wird es dazu weitere Gespräche geben.

Der Entzug der Gemeinnützigkeit für den Bundesverband VdN/BdA löste viele Proteste und auch eine große Solidarität mit unserem Verband aus. Unserer Basisgruppe traten 8 neue Mitglieder bei. Damit konnte der Mitgliederstand erstmal seit Jahren nicht nur gehalten, sondern auch verjüngt werden. Das Berliner Finanzamt revidierte schließlich seine Entscheidung und erkannte die Gemeinnützigkeit wieder an.

Günter Domkowsky dankte allen Mitgliedern für die geleistete Arbeit. In diesen Dank schloss er zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer ein. So den Stadtverband der LINKEN, den Bundestagsabgeordneten Ralf Lenkert, die Landtagsabgeordneten Daniel Reinhardt und Andreas Schubert, Margit Jung, Andrè Eckardt, und Max Streckhardt aus der Bürogemeinschaft Markt 12a sowie Reiner Markgraf von der AG „Cuba Si“, um nur einige zu nennen.

Auf der Mitgliederversammlung wurde Günter Domkowsky und den weiteren Mitgliedern des Vorstandes für ihre Arbeit gedankt. Darunter besonders Ruth Bahmann und Gerd Geißler, die nicht erneut für den Vorstand kandidierten.

Zu Mitgliedern des Vorstand wurden gewählt: Günter Domkowsky, Christa Geißler, Dieter Hausold (Vorsitzender),  Wolfgang Heise (stellv. Vorsitzender), Käte Körper und Regina Willms.

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

13. Juni 2022

Autor:innen: Peter Franz, Karin Schrappe, Kevin Reichenbach, Monika Fuchs, Heidrun Sedlacik (Vorstand der BG  Apolda/Weimar)

Janine Wissler, Parteivorsitzende der LINKEN, besuchte am 10. Juni 2022 die KZ-Gedenkstätte Buchenwald, wir durften sie begleiten. Ein Glücksfall, die Geschäftsführerin des Fördervereins Buchenwald e.V., Frau Anke Klüßendorf, führte uns sachlich und kritisch über die Gedenkstätte! Immer wieder begegneten wir Besuchergruppen mit Kopfhörern, geleitet durch eine entsprechende App, was unserer Meinung nach eine sachkundige Begleitung vom Förderverein Buchenwald nicht ersetzen kann. Was versuchte uns also Frau Klüßendorf u.a. nahezubringen?

Das KZ Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar wurde 1937 errichtet. In mehr als 130 Außenlagern wurden insgesamt etwa 280.000 männliche und weibliche Häftlinge zur Zwangsarbeit eingesetzt. Zehntausende wurden ermordet, starben an Hunger, Erschöpfung, Kälte, Krankheiten oder Misshandlungen.

Nicht zu glauben, dass das Niemand  in Weimar und Umgebung wusste! Dabei ließ die SS von 1937 bis 1940 über 3.500 Tote des KZ Lagers im Weimarer Krematorium einäschern, bis 1940 das KZ Buchenwald ein eigenes Krematorium von der Firma Topf & Söhne aus Erfurt bekam. Häftlinge gehörten in Deutschland zum Alltagsbild und auch in Weimar. Denn Unternehmen, Städte, staatliche und militärische Dienststellen beuteten ihre Arbeitskraft aus. Ab März 1943 wurde eine Waffenfabrik, das Gustloff-Werk II neben dem KZ Buchenwald betrieben. Dort arbeiteten die Häftlinge mit deutschen Zivilarbeitern zusammen. Manche deutsche Zivilarbeiter halfen den Häftlingen mit lebensrettender Nahrung. Andere spielten ihre Position gegenüber den Häftlingen aus, zeigten sie bei der SS an oder misshandelten sie selbst. Und trotzdem wollten die Bürger*innen von Weimar davon nichts gewusst haben?

Heute stehen Hass, Abschottung und Gewalt der Solidarität und zivilgesellschaftlichem Engagement gegenüber. Rechtspopulistische  Forderungen und Diskurse erhalten immer mehr Raum in der Politik und in der Öffentlichkeit. Dr. Alexander Gauland, AfD, davor fast 40 Jahre in der CDU, sagte beim Bundeskongress der „Jungen Alternative“ (AfD) 2018: Hitler und die Nationalsozialisten seien „nur ein Vogelschiss“ in der 1000-jährigen erfolgreichen deutschen Geschichte gewesen.

Für uns ist das Wissen über das NS-Unrecht kein Selbstzweck, es stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und hilft, Geschichtsrevisionismus zu bekämpfen.Deshalb sind die persönlichen sachkundigen Führungen der Mitglieder des Fördervereins Buchenwald e.V. genau so unerlässlich, wie die zunehmenden digitalen Angebote der Gedenkstätte Buchenwald im Kampf zur Erhaltung unserer Demokratie. Zur Aufklärung ist es wichtig diese Vielfalt von Angeboten bereitzustellen, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Wir danken Anke Klüßendorf für das ehrenamtliche  Engagement des Vereins!

Sowjetisches Ehrenmahl hat Sanierung nötig

8. Juni 2022

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Autor: Bernd Ahnicke (BG Bad Liebenstein)


Das Ehrenmal sowjetischer Soldaten und Bürger der Sowjetunion sowie die Gedenkstätte von Bad Liebensteiner Häftlingen und Zwangsarbeitern, die während des 2. Weltkrieges ihr Leben lassen mussten, hat erheblichen Sanierungsbedarf.
Um die dazu erforderlichen Schritte und Möglichkeiten aufzuzeigen, hatte die Basisorganisation der LINKE des Oberlandes zahlreiche Gäste an die Gedenkstätte auf den Friedhof eingeladen.
Unter ihnen auch die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (DIE LINKE), Kati Engel, Landesvorsitzende der TVVdN/BdA, sowie die Landtagsabgeordnete der LINKEN, Anja Müller.
Falk Hausdörfer erläuterte Eingangs, dass an dieser Gedenkstätte über 12 Jahre nichts passiert ist und sich diese in einen hässlichen Zustand befindet. Uwe Mägdefrau – Mitarbeiter der Verwaltung im Bad Liebensteiner Rathaus und Tim Zeidler von der Geschichtswerkstatt Bad Liebenstein äußerten sich zur Notwendigkeit, dass dieses Ehrenmahl wieder in einen würdigen Zustand versetzt werden müsse.
Martina Renner erläuterte die rechtlichen Bedingungen und verwies darauf, dass die Landesdenkmalbehörde dafür zuständig sei. Dazu sei es erforderlich, dass der Stadtrat von Bad Liebenstein darüber entscheidet und eine Konzeption erarbeiten lässt. Die Kommune habe die Möglichkeit über die Denkmalförderung die Kosten zu begleichen, unterstrich Martina Renner.
Falk Hausdörfer verwies im Anschluss darauf, dass die Ereignisse im Raum Bad Liebenstein während des 2. Weltkrieges stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden sollten. Vor allem komme es darauf an, mehr als bisher Schüler mit diesen Kapitel
der Geschichte vertraut zu machen.

„Ewige Erinnerung an sowjetische Soldaten und Bürger der Sowjetunion, die im
Kampf um die Freiheit und Unabhängigkeit unserer Heimat gefallen sind.“

Deutsche Übersetzung die Inschrift am Mahnmahl

29. Antifa-Fahrt in die Lüneburger Heide

20. Mai 2022

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13. bis 16. Mai 2022

Autor: Jürgen Powollik (BG Rudolstadt)

Nach der Corona bedingten Pause trafen Mitte Mai sich 30 Mitglieder und SympathisantInnen der TVVdN-BdA und fuhren gemeinsam in drei Kleinbussen gen Norden. Die Fahrt war finanziell und logistisch durch DIE LINKE dankenswerter Weise unterstützt worden.

die Antifa-Fahrer:innen in Bergen-Belsen

Am Nachmittag wurde die Gruppe im „Wohn- und Ferienheim Heideruh e. V.“ von deren Chefin Bea herzlich empfangen. Heideruh ist als gemeinnütziger Verein anerkannt, Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband und wird jetzt öfter auch von linken Jugendgruppen genutzt. Heideruh wurde 1926 von Hamburger kommunistischen Antifaschistinnen und Antifaschisten gegründet. Die Idee entstand aus der Tradition der HamburgerInnen, am Wochenende zur Erholung in ihre Wochenendhäuser in die Lüneburger Heide zu fahren. Nach dem Ende des Faschismus wurde Heideruh als Wohn- und Erholungsstätte für Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer und Kinder, die die Grauen der Konzentrationslager überlebt haben, in Selbstorganisation wiedergegründet. Übrigens kann man hier auch unbeschwert Urlaub machen, besonders ist dies im August und September zu empfehlen, wenn die Heide blüht. Bei Kaffee und Kuchen waren die Strapazen der Fahrt schnell vergessen. Am Abend machten wir uns untereinander besser bekannt, denn neben den gestandenen Antifa-FahrerInnen gab es diesmal auch einige Neue.

Am nächsten Vormittag plauderte Bea über die Geschichte von Heideruh und den antifaschistischen Widerstand in Hamburg und in ihrer Familie. Nach einem leckeren Mittagessen fuhren wir zu der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Sie erinnert am Ort des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme in Hamburg an die mehr als 100.000 Opfer des Nationalsozialismus, die hier zwischen 1938 und 1945 inhaftiert waren und von denen 50.000 starben. Von 1948 bis 2006 wurden Gelände und Gebäude durch die Stadt Hamburg mit zwei Gefängnissen für den Strafvollzug genutzt. Unser Reisebegleiter erzählte von den Schwierigkeiten, bis es zu der Gedenkstätte, wie wir sie vorfanden, kam.

Auf Initiative des Überlebendenverbandes Amicale Internationale KZ Neuengamme und der VVN konnte endlich am 7. November 1965 im hinteren Teil der Gärtnerei die Einweihung des Mahnmals mit einer Stele, der Skulptur „Der sterbende Häftling“ der französischen Bildhauerin und Überlebenden des Holocaust Françoise Salmon und einer Gedenkmauer mit Nationentafeln der hier Geschundenen sowie einer Tafel mit der Liste der Außenlager stattfinden. Besonders erschütterten uns die Banner im Haus des Gedenkens mit den nach Datum sortierten Namen der dort zu Tode gekommenen Häftlinge. Man konnte an Hand dieser Banner den damaligen Kriegsverlauf deutlich nachvollziehen. Am internationalen Denkmal am Aschefeld legten wir ein Gebinde den dort zu Tode gekommenen zur Erinnerung und uns zur Mahnung nieder. Vom ehemaligen KZ gibt es nur noch geringe materielle Spuren. Auch hier wurde der Massenmord mit Gas an sowjetischen Kriegsgefangen getestet.

Auf der Rückfahrt nutzten wir eine Elbfähre. Abends konnten die Eindrücke der Teilnehmer diskutiert werden. Bei einem Solidaritätsbasar wurden 147 € für Cuba si gespendet.

Für den Sonntag stand der Besuch in der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen im Mittelpunkt. Die damals dort vorhandenen Baracken in der Nähe des Truppenübungsplatz wurden mit Kriegsbeginn bis Januar 1945 von der Wehrmacht in ein Lager für belgische und französische, dann auch für sowjetische Kriegsgefangene umfunktioniert. Bis Herbst 1941 wurden dort mehr als 21.000 sowjetische Kriegsgefangene eingeliefert. Die meisten kamen aufgrund der katastrophalen Lebensumstände dort in kurzer Zeit zu Tode und wurden auf dem angrenzenden Friedhof in Massengräbern verscharrt. Nach dem Krieg wurde dieser Bereich weiter als Truppenübungsplatz genutzt und die Totenruhe massiv gestört. Heute erinnern kleine Tontafeln an die dort ruhenden Sowjetsoldaten.

1943 übernahm die SS einen Teil des Lagers und nutzte es als „Aufenthaltslager“ für „Austauschjuden“, Kleine Kontingente Jüdische Gefangene konnten gegen Übergabe ihres Vermögens aus dem faschistischen Deutschland ausreisen, wenn es Empfängerländer gab. Die andern kamen in die Vernichtungslager.

Die Überlebenden des Konzentrationslagers Bergen-Belsen wurden nach ihrer Befreiung in nahe gelegenen ehemaligen Wehrmachtskasernen untergebracht, die als Notlazarette eingerichtet worden waren. Hier wurden sie medizinisch versorgt. Daraus entstand später ein reguläres Krankenhaus für die ehemaligen Häftlinge/Displaced Persons Häftlinge. Das polnische Lager wurde im Sommer 1946 aufgelöst. Nachdem 1948 der Staat Israel gegründet war, durften die Juden in kleinen Kontingenten ausreisen. Das jüdische Lager wurde 1951 geschlossen.

Am 1952 errichteten Mahnmal legten wir auch hier ein Gebinde nieder und erinnerten an die hier und an vielen anderen orten verübten Verbrechen der deutschen Faschisten.

Am Abend erinnerte eine Diashow an die vielen Antifa-Fahrten vergangener Jahre. Erstmals war unsere Ehrenvorsitzende Elke aus gesundheitlichen Gründen nicht mit dabei. Es fehlten auch viele andere aus gleichen Gründen, dies war schade. Doch junge AntifaschistInnen schlossen sich der Gruppe an. Einiges war diesmal anders. In der Zukunft sollten wir die Interessen der Jungen und der Alten besser in Einklang bringen.

Das an beiden Orten Geschehene soll uns vor Augen führen, dass der Weg bis zur Erfüllung des Schwurs von Buchenwald noch ein sehr weiter ist.

Kriege sollen verflucht sein!

8. Mai 2022: Tag der Befreiung

9. Mai 2022

In diesem Jahr jährte sich zum 77. Mal die Befreiung Europas vom Nazifaschismus. Auch in Thüringen fanden in verschiedenen Städten/Orten Gedenkveranstaltungen statt. Wir zeigen eine Auswahl an Bildern.

Suhl I
Suhl II
Erfurt I
Erfurt II
Bad Salzungen I
Bad Salzungen II
Weimar
Jena I
Jena II
Sondershausen

Vortragsreihe der Basisgruppe Jena

19. April 2022

Jüdisches Leben im mittelalterlichen Saale Holzland Kreis 

Autor: Florian Hellbach (BG Jena)

Den Auftakt zu einer Reihe spannender Vorträge, die in diesem Jahr in der Ortsgruppe Jena gehalten werden, machteder Historiker Danny Grabe von der Universität Jena. Er nahm uns mit auf eine Reise in den Saale Holzland Kreis zur Zeit des Mittelalters und begab sich mit uns auf die Spurensuche nach jüdischem Leben.

Herr Grabe begann seinen Vortrag mit einem Überblick zum jüdischen Leben in Thüringen und der jüdischen Gemeindestruktur, bevor er genauer auf jüdisches Leben im Saale Holzland Kreis einging. So wurde uns berichtet, dass die ersten Spuren jüdischen Lebens in den 1050er Jahren in Erfurt zu finden sind. Schriftlich fassbar wird ihre Gemeinschaft im Erfurter Judeneid aus der Zeit um 1200. Dies war ein gesonderter und von der Stadt anerkannter Eid für die jüdischen Mitbewohner, die, beispielsweise bei Rechtsgeschäften, aus religiösen Gründen nicht auf die Bibel schwören konnten und durften. Neben diesem Eid, der Hinweise auf jüdisches Leben gibt, ist ein weiterer Indikator dafür der Namenszusatz von Personen. Dadurch lässt sich 1235 in Gotha und 1237 in Frankenhausen jüdisches Leben bezeugen. Auch Pogrome gegen jüdische Mitbewohner lassen Rückschlüsse über jüdisches Leben zu. So 1235 in Eisenach und 1243 in Meiningen (die Juden hielten Pogrome im sogenannten Memor Buch fest, um derer zu gedenken). 

Die Darstellung der Verwaltungsstrukturen mittelalterlicher jüdischer Gemeinden in Thüringen zeigte sehr deutlich, wie gefestigt das jüdische Leben in unserer Region war. So gab es mit Erfurt ein Kehilla, eine Art Kreisstadt für die jüdischen Gemeinden einzelner Städte nördlich des Thüringer Waldes, die Jischuw genannt wurden. In der Kehilla gab es einenFriedhof und ein Rabbinatsgericht. So wurden beispielsweise Juden, die in Jena lebten, in Erfurt bestattet.

Nach diesem Überblick zum jüdischen Leben im mittelalterlichen Thüringen und dessen Gemeindestrukturen, ging Herr Grabe nun genauer auf Städte und ihre Gemeinden ein, die in unserer Region liegen. So bezeugt eine Urkunde von 1379 jüdisches Leben in Jena. Auch Namen wie Judengasse (heutiger Leutragraben) und Judengraben (heutige Johannisstraße) lassen Rückschlüsse auf jüdisches Leben in diesem Quartier zu. So standen hier wohl sechs Häuser. Auch einzelne Personen aus jenem Viertel sind uns bekannt.

So Isaak der Reiche, der 4.302 Gulden an den Grafen von Orlamünde verlieh und dafür als Pfand das Schloss und die Stadt Gräfenthal bekam. Für Kahla ist jüdisches Leben aus dem Jahre 1423 schriftlich belegt. Auch hier ging es um Geldgeschäfte zwischen Juden und dem Grafen von Orlamünde. Der Name Isaak de Cale taucht 1382 in Erfurt auf und ist, so Herr Grabe, wohlmöglich ein Hinweis dafür, das jener Isaak aus Kahla stammen könnte. Für die Jahre 1424 bis 1425 sind vier berufstätige Juden in Kahla bekannt. Weiter ging die Reise Saale abwärts nach Pößneck, was streng genommen, nicht mehr im Saale Holzland Kreis liegt. Hier ist ein Erlass von Günther XV. von Schwarzburg aus dem 14. Jahrhundert erhalten, der festlegte, dass Juden jährlich vier Gänse als Abgaben zu entrichten hatten. Auch aus Pößneck gibt es Nachweise, das Juden in Geldgeschäften tätig waren. So 1372 mit dem Markgrafen von Meißen und dem Landgrafen von Thüringen, und 1423 wurde Abraham von Pößneck als Gläubiger des Grafen von Orlamünde genannt. Auch für die Stadt Dornburg ist wohlscheinbar jüdisches Leben belegt. Der Namenszusatz eines Jordan von Dorneburch lässt diesen Schluss zu. Aber Herr Grabe zeigte, dass dieser Zusatz auch für andere Städte stehen konnte. 

Mit dieser Übersicht zu den Spuren jüdischen Lebens in unserer Gegend endete der Vortrag von Herrn Grabe. Anschließend hatten wir noch die Möglichkeit, Fragen zustellen. So erfuhren wird, dass während der Pestzeit von 1348/49 östlich der Saale keine Pogrome stattfanden. Eine weitere Frage beschäftigte sich damit, woher die Juden kamen, die sich hier in der Gegend niedergelassen haben. Sie stammten meistens aus dem Rheinland und hatten ihre ursprünglichen Wurzeln in den Städten Italiens gehabt. Aus dem Vortrag ging hervor, dass die Zeugnisse und Spuren jüdischen Lebens im Mittelalter in Thüringen im 15. Jahrhundert weniger wurde und manche Gemeinschaften verschwanden. Diese, so Herr Grabe, wanderten nach Osteuropa, nach Polen und in die Ukraine aus.

Wir bedanken uns nochmals herzlich für diesen interessanten Vortrag bei Herrn Grabe.

Der nächste Vortrag wird am 14. Juni stattfinden. In diesem wird es um die Rüstungsfabrik am und im Walpersberg gehen und wie dort unter unermesslichem Leid Zwangsarbeiter in Rekordzeit ein Flugzeugwerk, die REIHMAG, schufen. Wir könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mitteilen, wo und wann (auf jeden Fall später Nachmittag/ früher Abend) der Vortrag stattfindet.

Begleitend zu dem Vortrag wird es am 18. Juni durch den Förderverein „Mahn- und Gedenkstätte Walpersberg e.V.“ eine Führung am Walpersberg geben. Diese beginnt um 9 Uhr am Stadtmuseum in Kahla und wird ungefähr 4 Stunden dauern.

Wir bitten um eine Anmeldung für den Vortrag und/ oder die Führung an folgende Adresse f.hellbach@icloud.com.

Erklärung der Teilnehmenden des XI. Treffen der Nachkommen anlässlich des 77. Jahrestages der Selbstbefreiung des KZ Buchenwalds

10. April 2022

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Eine Veranstaltung der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e.V.

Am 20. Januar 1942 fand die Besprechung mit anschließendem Frühstück in der Villa am Wannsee statt. Das war der Auftakt zum größten Menschheitsverbrechen der Geschichte: Der geplante industrielle Genozid an 11 Millionen europäischen Juden. Das gleiche Schicksal sollte Sinti und Roma wie auch die „slawischen Untermenschen“ treffen.

Wir, die Nachkommen politischer Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald und anderer Konzentrations- und Vernichtungsager des deutschen NS-Regimes, Antifaschisten, Freunde und Gäste, die sich heute hier versammelt haben zum 11. Treffen der Nachkommen, nehmen das zum Anlass unsere Stimme zu erheben gegen alle Formen des wieder erstarkten Antisemitismus in Europa und der Welt, der sich unter anderem auch durch die Relativierung des Holocaust im Rahmen von Demonstrationen und „Spaziergängen“ gegen die Anti-Corona-Politik durch Vergleiche der Einschränkungen der persönlichen Freiheiten mit der Verfolgung jüdischer Menschen während der NS-Herrschaft oder dem missbräuchlichen Tragen des David-Sterns als „ungeimpft“ dokumentiert. Zu den Höhepunkten gehört wohl auch die Tatsache, dass sich einige dieser „Querdenker“ mit Anne Frank und Sophie Scholl verglichen …

Deshalb erinnern wir an den Schwur der Überlebenden des KZ Buchenwald vom 19. April 1945:

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Von hier rufen wir alle politisch Verantwortlichen in der Welt, Demokraten und Bürger auf, ihre Stimme gegen jede Form von Rechtsradikalismus, Neonazismus, Antisemitismus und Ausgrenzung, Kriegstreiberei und -hetze zu erheben. Wir halten es auch für wichtig, sich bei jeder Konfrontation zunächst die Mühe zu machen, sich in die Position des anderen hinein zu versetzen.

Alle Regierenden in der Welt erinnern wir an Willy Brandt, der sagte:

„Frieden ist nicht alles-aber ohne Frieden ist alles nichts!“

Weimar am 10. April 2022

Erinnerungsprojekt 1.000 Buchen

9. April 2022

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Noch in den letzten Tagen vor der (Selbst)Befreiung des KZ Buchenwalds wurden viele Häftlinge auf den Todesmarsch in das KZ Flossenbürg geschickt. Entlang dieses Weges startete das Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda e.V. im Jahr 1999 das integrative Erinnerungsprojekt „1.000 Buchen“. Im Rahmen von Gedenkveranstaltungen pflanzen seitdem Menschen mit und ohne Behinderung Bäume, um das Gedenken an die Todesmärsche und ihre Opfer wach zu halten.
In Lehnstedt fand am 9. April die 70. Pflanzaktion von Gedenkbäumen statt. Es wurden Bäume gepflanzt für: Günter Pappenheim (KLB 22514), Georges Adorian (KLB 42470), Karl Barthel (KLB 1317), Dr. Alois Neuman (KLB 4874), Gerhart Zschocher (KLB 5590), Renato Bertolini (KLB 40622) Fausto Pecorari (KLB 22854), Enrico Zanotti (KLB 31927) sowie zur Erinnerung an die sowjetische Häftlinge.

Mögen sie alle wachsen und gedeihen und auf hunderte Jahre am Rande der Todesmarsch-Route an ihr Schicksal erinnern und mahnen.

Die Basisgruppe Jena pflanzte einen Baum für Karl Barthel und Dr. Alois Neumann.

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