In der Gedenkstätte Buchenwald haben am 24. August Vertreter:innen der SPD Thüringen, der Stadtverwaltung Weimar, der Gedenkstätte Buchenwald und des TVVdN/BdA an den Sozialdemokraten und Widerstandskämpfer, Rudolf Breitscheid, erinnert. Der Reichstagsabgeordnete war Häftling des KZ Buchenwalds und am 24. August 1944 bei einem Bombenangriff alliierter Fliegerverbände auf das Lager ums Leben gekommen.
Für unseren Verband hielt Heidemarie Schwalbe sehr eindringliche Gedenkworte: „Pazifist, Kämpfer für Demokratisierung und sozialen Fortschritt, Verteidiger von Frauenrechten, Rufer nach Einigkeit zur Bekämpfung des Faschismus – wie aktuell ist das immer noch!
Wie viele sogenannte Dammbrüche muss es noch geben bis sich alle demokratischen Kräfte einig sind, zusammenstehen und klar bekennen: hier und in einigen Ländern Europas, wie Polen, Finnland, Spanien und Italien läuft deutlich etwas schief, bis hier hin und nicht weiter!
Wo bleibt eine breite gesellschaftliche Gegenbewegung von demokratischen Parteien, Gewerkschaften, Sozialverbänden, Kunstschaffenden, Feministinnen, Umweltbewegten?
Nicht die Rechtfertigung von Waffenlieferungen bis hin zum Einsatz von Streubomben sind der Weg, sondern eine klare Absage an alle Kriegsbefürworter, Ringen um internationale Verständigung, Reduzierung der sozialen Ungleichheit, Geschlechtergerechtigkeit und der Übergang zu sauberen Energieformen sind Ansätze, eine neue Welt des Friedens und der Freiheit aufzubauen.
Ich bin sicher, das wären auch Ansatzpunkte für Rudolf Breitscheid, wenn er noch unter uns wäre.“
„Unzweifelhaft hat der historische Vergleich das Problem, dass er hinkt. Das hat ja sinngemäß schon Karl Marx festgestellt, als er im Achtzehnten Brumaire davon sprach, dass Geschichte sich wiederhole – „das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce“. Aber wir wissen auch, dass es die Lehren der Geschichte sind, die wir für eine bessere Zukunft ziehen müssen.
Wenn wir das jetzt auf die Zeit der Weimarer Republik beziehen und auf die unsere, dann müssen wir feststellen, dass es damals wie heute starke linke Kräfte gab und einen immer weiter zunehmenden Faschismus. 1920 gab es den erfolgreichen Zusammenschluss der Arbeiter:innenbewegung gegen den Kapp-Putsch, 1923 eine sozialdemokratisch-kommunistische Regierung in Thüringen und Sachsen, die dann mit Waffengewalt und unter Einsatz der Reichswehr zerschlagen wurde. Im Gegenzug begannen die Nationalsozialisten, an Zulauf zu gewinnen, bis 1930 die erste Landesregierung unter Beteiligung der Faschisten in Thüringen an die Macht kam.
Heute schauen wir auf neun Jahre eines rot-rot-grünen Bündnisses unter der Ministerpräsidentschaft von Bodo Ramelow zurück und erleben zeitgleich einen Aufstieg der AfD mit dem traurigen Höhepunkt der Wahl des AfDlers Sesselmann zum ersten Landrat in meinem Wahlkreis Sonneberg. Das zeigt ganz klar: In Thüringen sind wir über „Wehret den Anfängen“ längst hinaus und es ist unsere historische Verantwortung, den Schneeball AfD zu zertreten, ehe er zu einer Lawine heranwächst. […]
Wir müssen immer wieder klar benennen, wo der wahre Feind steht. Als Antifaschistinnen und Antifaschisten stellen wir uns entschlossen dem Rechtsruck in dieser Gesellschaft entgegen und such das breite Bündnis in diesem Kampf auch mit denjenigen, zu denen uns sonst vieles trennen mag.
Eine zweite Lehre gilt es aus der Historie zu ziehen: Es darf niemals eine Kooperation oder ein Zusammentun mit Faschisten aus taktischen Gründen geben. […] Antifaschismus ist nicht taktisch, er ist eine Grundüberzeugung und muss ein fester Bestandteil unserer Politik und ein Handlungsleitfaden in jeder Minute unseres Lebens sein. […]
Aber schon heute ist ein klares antifaschistisches Bekenntnis leider mit Mut verbunden. Die Faschisten haben nie aufgehört, in diesem Land zu existieren und zu morden, die Menschenwürde mit Füßen zu treten und unsere Demokratie zu verhöhnen. Ich wünsche uns allen den Mut, immer zu unseren Überzeugungen zu stehen, so wie es Ernst Thälmann tat. Lasst uns gemeinsam zusammenstehen für eine gerechte, friedliche und antifaschistische Welt.“
Anlässlich des 79. Jahrestages der Ermordung Ernst Thälmanns luden der TVVdN/BdA zusammen mit der LAG Buchenwald-Dora zu einem gemeinsamen Gedenken in den Hof des ehemaligen Krematoriums der Gedenkstätte Buchenwald ein. Die Veranstaltung wurdemusikalisch umrahmt durch den antifaschistischen Chor Pir-Moll aus Pirna.
Mit der Kampagne “Björn Höcke ist ein Nazi” wollen wir zusammen mit "Aufstehen gegen Rassismus"der fortschreitenden Normalisierung der AfD entgegentreten. In vielen Kommunen bröckelt die Brandmauer nach rechts oder ist bereits gefallen — mit drastischen Konsequenzen: Mittelkürzungen für alternative und soziale Projekte, Einschüchterung von und Gewalt gegen Andersdenkende, Queere und Migrant:innen. Wir wollen erreichen, dass die Brandmauer nach rechts hält oder neu eingezogen wird. Es gilt zu verhindern, dass Höcke und sein Landesverband bei den Landtagswahlen in Thüringen 2024 stärkste Kraft wird!
Dazu gibt es nun bundesweit Info-Veranstaltungen, um sich Argumente und Hintergrundwissen anzueignen. Dabei wird detailliert auf Höckes Ideologie, seine politischen Methoden und seine Strategie eingegangen. Wir liefern Argumente und wir beleuchten das rechtes Netzwerk auch über die Parteigrenzen hinaus.
Im Anschluss an den Vortrag gibt es die Möglichkeit, Fragen zu stellen, in die Diskussion zu kommen, und sich zu vernetzen. Außerdem haben wir unser Info-Material im Gepäck und geben Tipps, wie ihr euch vor Ort gegen die AfD organisieren könnt.
Anlässlich des 79. Jahrestages der Ermordung Ernst Thälmanns laden der Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten e. V. sowie die Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e. V.
am Freitag, den 18. August 2023 um 17.00 Uhr im Hof des Krematoriums des ehemaligen KZ Buchenwald
zu einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung ein.
Den historischen Rückblick gibt: Andreas Retterath Stellv. Vorsitzende der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e. V.
Die Gedenkworte spricht: Knut Korschewsky Basisgruppe Süd-Thüringen des TVVdN/BdA e. V.
Die Musikalische Umrahmung erfolgt durch: Pir-Moll Antifaschistischer Chor aus Pirna
Wir bitten darum, auf dem Gelände der Gedenkstätte – dies schließt unsere Gedenkveranstaltung ein – der Hausordnung der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora Folge zu leisten. Nach dieser sind u. a. das Mitführen von Plakaten und Fahnen (ausgenommen Traditionsfahnen der Überlebendenverbände), die Ausgabe von Druckerzeugnissen sowie das Rauchen und Essen auf dem ehemaligen Lagergelände nicht gestatte.
Anlässlich des 79. Todestages von Magnus Poser laden wir zum Gedenken an die antifaschistischen Widerstandskämpfer:innen ein, welche unter Einsatz ihres Lebens über die Gräuel des Naziregimes informierten und die deutsche Waffenproduktion sabotierten:
am Freitag, 21. Juli 2023, um 17.00 Uhr, Jena, Nordfriedhof, Magnus-Poser-Denkmal
Zur antifaschistischen Widerstandsgruppe um Neubauer und Poser gehörten: Willi Arnold, Paul Krahn, Paul Brendel, Paul Jährling, Carl Vogl, Auguste Wehner, Rudolf Wehner, Annegret Wölk, Walter Konopatzki, Albert Bauer, Hans Luft, Rolf Reitmeier, Rudolf Koch, Hermann Müller, Walter Schmidt, Gustav Probsthain, Otto Lang, Gerhard Sauthoff, Charlotte Wieczorek, Annemarie Rambusch, Karl Rambusch, Fritz Wolf, Lydia Poser, Franz Böhm, Erich Preiser, Erich Gutenberg, Heinrich Gerland, Waldemar Machholz, Friedrich Zucker, Hermann Schultze-von Lasaulx, Franz Jerusalem, Gerhard von Rad, Theodor Lockemann, Ernst Pape, Gustav Kirchner, Otto Schulze, Arsak Megrian, Rudolf Hartmann, Martha Rosenkranz, Hermann Schwarz, Wilhelm Richter, Eberhard Lenz, Paul Kittel, Edmund Labonté, Walter Feuerstein, Fritz Grebe, Elisabeth Neubauer, Richard Eyermann, Magnus Poser, Theodor Neubauer
Magnus Poser war ein deutscher kommunistischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.Magnus Poser wurde als jüngstes von vier Kindern als Sohn eines Zimmermanns in Jena geboren. Nach dem Schulabschluss begann er eine Ausbildung zum Tischler, die er 1925 als Geselle abschloss. Nach bestandener Gesellenprüfung ging Poser auf die „Walz“, die ihn durch die Schweiz, Österreich, Ungarn, die Tschechoslowakei, Dänemark, Finnland und in die Sowjetunion führte. 1928 kehrte Poser nach Deutschland zurück, trat kurz darauf in die KPD ein und fand eine Arbeitsstelle in der Jenaer Firma Carl Zeiss. Poser wurde gesellschaftlich und politisch aktiv. Er engagierte sich in der Jenaer Sektion der Naturfreunde, durch die er auch mit Gewerkschaftern, Sozialisten, Sozialdemokraten und Anhängern anderer linker Strömungen zusammenkam. 1929 trat er dem Freidenkerverband bei. Ein Jahr später wurde er Vorstandsmitglied der Proletarischen Freidenker (Opposition). Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten schloss sich Poser einer illegalen Widerstandsgruppe an. Er wurde am 26. November 1933 erneut verhaftet, in das KZ Bad Sulza eingeliefert und am 20. April 1934 vom Oberlandesgericht Jena wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu zwei Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, welche er im Landesgefängnis Ichtershausen verbüßte. Danach war Poser wieder als Tischler tätig. Er formierte in Jena trotz polizeilicher Überwachung eine Widerstandsgruppe, die unter anderem eine illegale Druckerei besaß, und nahm Anfang 1942 Kontakt zu Theodor Neubauer auf. Von da an gehörte Poser mit zu den führenden Mitgliedern einer in Thüringen weit verzweigten Widerstandsorganisation. Magnus Poser wurde am 14. Juli 1944 an seiner Arbeitsstelle verhaftet und in den Weimarer Marstall, den Sitz der Gestapo, überführt. Nach Verhören und Folterungen versuchte er angeblich in der Nacht vom 20. zum 21. Juli 1944 zu fliehen, soll aber im angrenzenden Park von fünf Schüssen getroffen worden sein, an deren Folgen er im Krankenrevier des KZ Buchenwald verstarb.
Eine Bildungsreise nach Litoměřice, Terezín und Lidice
Autorin: Anne Maddouch, GfV
Litoměřice. Unsere viertägige Bildungsreise begann am 18. Mai und endete am 21. Mai 2023. Das erste gemeinsame Gedenken fand am ehemaligen Krematorium des Außenlagers Leitmeritz statt. Die Stadt Litoměřice lag im Sudetengebiet. Nach der Annektierung des Deutschen Reichs im Herbst 1938 wurden aufgrund der alliierten Luftangriffe Teile der Rüstungsproduktion in unterirdische Fabriken verlegt (vgl. memorialmuseums). Unter dem Decknamen „Richard I“ wurden Panzermotoren für die Elsabe AG (Tarnfirma der Auto Union) hergestellt. Im kleineren Stollensystem „Richard II“ mussten die Inhaftierten ab November 1944 die Produktionsräume ausbauen. Hier sollte für die Tarnfirma der Firma Osram die Produktion der Glühfadenherstellung aufgenommen werden (vgl. gedenkstaette-flossenbuerg).
Aus dem KZ Dachau kamen die ersten 500 Häftlinge am 24. März 1944 an. Sie wurden in der Kleinen Festung in Theresienstadt eingesperrt. Insgesamt waren 18.000 Menschen im Außenlager Leitmeritz inhaftiert. Die meisten Transporte kamen aus Flossenbürg und aus dem KZ Groß-Rosen, Auschwitz-Birkenau und Dachau. Die Inhaftierten kamen aus Polen, der Sowjetunion, Deutschland, Ungarn, Frankreich und Jugoslawien. Etwa 4.000 Juden wurden von der SS deportiert. Die meisten von ihnen kamen aus Polen und Ungarn. Ab Februar 1945 mussten über 700 Frauen Zwangsarbeit in Leitmeritz verrichten (vgl. memorialmuseums). In ehrendem Gedenken an die über 4.500 Opfer legten wir Blumen nieder und hielten inne.
Terezín. Das Ghetto, welches dem Zweck diente, den Anschein der Selbstverwaltung der Juden und Jüdinnen zu erwecken, wurde von uns am kommenden Tag besichtigt. Der Ort hinterließ einen paradoxen Eindruck. Ich denke, dass wir es nicht für möglich hielten, dass die Stadt heute bewohnt wird. Bevor es das Vorzeige-Ghetto der Nazis wurde, mussten die Bewohner:innen zwangsumsiedeln. Bevor wir versuchen konnten, die Psychologie der Stadt zu verstehen, wurden wir darüber informiert, wie aktuell der Bauzustand der Stadt ist. Unser Tourguide Marek erklärte, dass die Gedenkstätte nicht die finanziellen Ressourcen aufbringen kann, um die Gebäude in der Stadt zu erhalten. Im Museum sahen wir den NS-Propagandafilm. Danach zeigte uns Marek den Betraum und die Replik der Mansarde in der Festungsstadt. Der Betraum als einen Ort, an dem der jüdische Glauben einen Raum fand. Allerdings wurde die Wandbemalung vom Hochwasser beschädigt. In der Replik der Mansarde wurde das Leben in einer Notunterkunft dargestellt. Eine Privatsphäre, die nur den wenigsten Häftlingen gewährt wurde. Vorbei an den zentralen Leichenhallen des Ghettos, Zeremonienraum und dem Kolumbarium gingen wir über den jüdischen Friedhof ins Krematorium. Auf Anordnung der SS-Kommandantur wurde das Krematorium 1942 von den Häftlingen errichtet. 30.000 Opfer aus dem Gefängnis in der kleinen Festung und aus dem Konzentrationslager Litoměřice wurden eingeäschert. Die Häftlinge mussten im Schichtdienst die Einäscherung der anderen Häftlinge verrichten.
„Das an den Öfen diensthabende Personal bemühte sich immer, die sterblichen Überreste der Toten gesondert aus dem Ofen zu schüren und auf die gleiche Art und Weise in die Urnen zu bergen. Eine besonders schwere Aufgabe für sie dann war, die Asche nach Goldbruchstücken aus den Resten der Zahnprothesen zu durchsuchen und diese den Angehörigen der SS-Kommandantur abzugeben“
Der Lageralltag war geprägt durch Epidemien, Hunger, Krankheiten wie Bauchtyphus, Tuberkulose, Durchfall oder Hautausschlag. Marek erklärte uns, dass es nur einen Wagen gab, welcher genutzt wurde, um Brot und Leichen zu transportieren.
Über 58.000 Menschen waren zeitgleich in Theresienstadt inhaftiert. Vom 24.11.1941 bis 20.04.1945 wurden 139.667 Menschen nach Theresienstadt deportiert. Sie kamen aus dem Protektorat Böhmen und Mähren, den besetzten böhmischen und mährischen Grenzgebieten, Deutschland, Österreich, Niederlande, Dänemark, Slowakei, Ungarn. Von 8 Personen konnte der Herkunftsort nicht festgestellt werden (vgl. Ludmila Chládková: Ghetto Theresienstadt, 2005, S. 54) Über 15.000 Kinder waren unter ihnen. Nur etwa 150 haben von ihnen überlebt (vgl. topfundsoehne.de).
„Theresienstadt war das Vorzimmer von Ausschwitz!“
Inge Auerbacher, hat in Theresienstadt überlebt
86.934 Personen wurden nach Riga, Izbica, Malý Trostinec, Sobibor, Majdanek, Treblinka und nach Auschwitz-Birkenau deportiert. 3.586 von ihnen haben überlebt (vgl. Ludmila Chládková: Ghetto Theresienstadt, 2005, S. 54).
Auf dem Nationalfriedhof legten wir Blumen nieder und ehrten die Opfer. Danach besichtigten wir die kleine Festung. Diese diente als Gefängnis zur Habsburgerzeit. Während des Naziregimes diente es als Polizeigefängnis der Prager Gestapo. Die Kleine Festung blieb bis zur Befreiung im Mai 1945 Gestapogefängnis. „Etwa 32.000 Personen (27.000 Männer und 5.000 Frauen) wurden während der Jahre zwischen 1940 und 1945 inhaftiert“ (ghetto-theresienstadt.de).
Lidice. Am 20. Mai fuhren wir nach Lidice. Ein Ort, der nur schwer zu fassen ist. Die Gestapo machte Lidice am 10. Juni 1942 nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich auf Befehl von Karl Hermann Frank den Erdboden gleich. Daraufhin wurden 173 Männer erschossen. 143 Frauen wurden zur Zwangsarbeit in Konzentrationslagern verschleppt. 42 Mädchen und 40 Jungen aus Lidice wurden im Vernichtungslager Chelmno ermordet. Das Denkmal von Marie Uchytilová mahnt und erinnert an die über 13 Millionen Kinder, die im zweiten Weltkrieg ermordet worden sind. Fahrt selbst an diesen Ort und schaut in die Gesichter der Kinder.
Mitten im Thüringer Wald an einer kleinen Straße zwischen Einöd und Poppenhausen steht ein Denkmal, welches an ein hier begangenes Massaker am 11. Mai 1942 erinnert. Im Rahmen einer Vergeltungsmaßnahme wurden auf Befehl des Reichsführers SS nahe dieser Stelle neunzehn polnische Häftlinge des KZ Buchenwalds und der polnische Zwangsarbeiter Jan Sówka durch die SS ermordet. Zum 81. Jahrestages dieses Massakers trafen sich Vertreter:innen von Politik, Kirche, Gesellschaft, Anwohner:innen und Nachfahr:innen, um den Opfern gemeinsam zu gedenken. Dieses Jahr waren auch der polnische Botschafter in Deutschland, Dariusz Pawłoś, sowie der polnische Generalkonsul, Marcin Król, zugegen.
Die genauen Umstände dieser Terroraktion kennen wir nur dank der jahrelangen fleißigen Recherche-Arbeit unseres Kameraden, Bernd Ahnicke. Zusammen mit der Deutschlehrerin aus der Berufsschule in Kolno, Urszula Banach, sind mittlerweile fast alle Familien der Opfer herausgefunden und über den Verbleib ihrer Angehörigen informiert. Im Rahmen der Gedenkfeier wurde deshalb durch den polnischen Botschafter und den Generalkonsul an Bernd Ahnicke und Urszula Banach die „Bene Merito“ Medaille, die höchste Ehrenmedaille des polnischen Außenministeriums, verliehen. Sie erhalten diese Ehrung für ihre „außerordentlich wertvolle Arbeit sowohl für das polnische Gedenken, wie auch für die deutsch-polnische Geschichte der Jahre 1939 bis 1945 und die Verbreitung des Wissens über die Verbrechen im dritten Reich“.
Der Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten unterstützt die thüringenweiten Erinnerungswoche „#everynamecounts: Erinnerungslücke KZ Ohrdruf“ der Arolsen Archives und der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Vom 30. Mai bis zum 2. Juni begeben sich junge Menschen aus Thüringen auf die Suche nach den Namen und Schicksalen der Menschen, die im KZ-Komplex Ohrdruf/Jonastal inhaftiert waren.
„Dezentral, digital und doch gemeinsam“, erläutert die Landesvorsitzende des TVVdN/BdA, Kati Engel, das Vorhaben. „Wir setzen gemeinsam ein Zeichen für die Erinnerung an die NS-Opfer des KZ-Komplex Ohrdruf/Jonastal. Gemeinsam gehen wir der Frage nach: Wer waren die Menschen, die hinter den Drei Gleichen gefoltert, ausgehungert, getötet wurden? Wir sammeln die Bruchstücke von Biografien und machen diese wieder sie sichtbar“
Die Dokumente der Arolsen Archives, die Schicksale von 17,5 Millionen Menschen belegen, sind bereits eingescannt. Um sie aber im Online-Archiv weltweit auffindbar und sichtbar zu machen, müssen diese Informationen nun in eine Datenbank eingetragen werden. Dafür wird bedarf es jeder helfenden Hand. Nicht nur Schulen, Vereinsgruppen und Jugendtreffs sind eingeladen, sich zu beteiligen – auch Einzelpersonen können gern mitmachen. Die Voraussetzungen sind einfach: ein Bildschirm, der mindestens so groß wie ein Tablet ist, und ein Internetzugang.
„Helft mit, es ist wirklich ganz einfach und bedarf nicht viel Aufwand. Schon 5 Minuten reichen für ein Dokument“, appelliert Kati Engel abschließend. „Helfen wir den Nachfahren der Opfer, ihre Angehörigen ausfindig zu machen: Gemeinsam digitalisieren wir Namen und biografische Spuren von historischen Quellen. Gemeinsam machen wir sichtbar, was gewaltsam unsichtbar gemacht worden ist.“
In der geänderten Hausordnung der Gedenkstätte Buchenwald heißt es seit Neustem:
„Nicht gestattet sind: […] – das Anbringen und Mitführen von Plakaten, Fahnenund Transparenten (ausgenommen sind Traditionsfahnender Überlebendenverbände); – die Ausgabe von Druckerzeugnissen aller Art;“
Der Geschäftsführende Vorstand des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten e.V. (TVVdN/BdA) begrüßt diese Regelung ausdrücklich.
„Es hat auf Gedenkfeiern immer wieder zu Irritationen unter den Beteiligten geführt, wenn einige Parteien der Meinung sind, das Gedenken als Selbstdarstellung und Wahlkampfzweck zu missbrauchen“, erklärt die Landesvorsitzende, Kati Engel. „Die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau – Dora sind dem Gedenken der Opfer des Faschismus verpflichtet. In diesem Zusammenhang empfinden wir es als pietätlos, Parteienwerbung durch Fahnen oder Flugblätter zu machen“, ergänzt die stellvertretende Landesvorsitzende, Karin Schrappe.
Der Stiftungsrat der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora hat gemeinsam mit dem Internationalen Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos (IKBD) entschieden, verstärkt darauf zu achten, beide Gedenkstätten „als Orte der Trauer und der Erinnerung an die dort begangenen Verbrechen zu bewahren“ (§ 1 des Stiftungsgesetzes) und vor parteipolitischen Instrumentalisierungen zu schützen. Daher ist das Mitführen von Fahnen von aktuellen Parteien von nun an untersagt. Traditionsfahnen von Überlebendenverbänden wie etwa der VVN/BdA bleiben von dieser Regelung ausgenommen.
„Die Darstellung, dass die Gedenkstätte Kommunist:innen ausschließen möchte, ist nicht richtig und widerspricht auch unseren Erfahrungen“, erläutert Kati Engel. „So wurde z. B. die rein rote Arbeiterfahne zur Gedenkveranstaltung am 16. April nicht beanstandet ebenso wie das Logo der Antifaschistischen Aktion – welches ja auf die frühen 30er Jahre zurückgeht. Es geht hier wirklich nur um Fahnen und Transparente heutiger Parteien und deren Organisationen, um zu verhindern, dass die Opfer und deren Andenken für parteipolitische Zwecke missbraucht werden.“
Der 8. Mai ist in Thüringen Gedenktag anlässlich der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des 2. Weltkrieges in Europa.
Die Deutsch-Russische Freundschaftsgesellschaft in Thüringen e.V., die Deutsch-Amerikanische Gesellschaft Erfurt e. V. und der Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten e.V. laden recht herzlich für Montag, den 8. Mai 2023, zum traditionellen Gedenken am Sowjetischen Ehrenmal auf dem Erfurter Hauptfriedhof ein. Die Gedenkrede hält dieses Jahr Kati Engel, Landesvorsitzende des TVVdN/BdA. Im Anschluss verließt Henrik Hug, Landesgeschäftsführer des Thüringer Landesverbandes des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge e.V. das Totengedenken.
Treffpunkt ist 9.45 Uhr am Haupteingang des Erfurter Hauptfriedhofes (Binderslebener Landstraße).